Gastronomen und Hoteliers enttäuscht vom gestrigem Beschluss der Bundesregierung

Todesstoß für zahlreiche Betriebe

Unzufrieden mit der Entscheidung der Bundesregierung zur 7-Prozent-Regelung für Gastronomie und Hotellerie: Steffen Ackermann, Andreas Rau, Stefan Faulstich und Michael Glas (v.l.). Foto: dehoga

Wenngleich das Coronavirus dieser Tage alle Nachrichten beherrscht und die Eindämmung der Pandemie allergrößte Priorität hat, steht gleichwohl das heimische Gastgewerbe unter einem enormen Druck. Begonnen hatte diese Krise bereits mit den ersten Absagen großer und wichtiger Messen und Veranstaltungen Anfang März. Weiter ging es mit der Schließung von touristischen und gastronomischen Einrichtungen. Aktuell ist der Tourismus gänzlich zum Erliegen gekommen. Für Gastronomen, Caterer, Gasthäuser, Gemeinschaftsverpfleger, Pensionen, Hotels u.v.m. ist die Lage mittlerweile existenzbedrohlich. In einer gemeinsamen Presse-Erklärung vom Deutschen Hotel- und Gastronomieverband DEHOGA Hessen e.V, KV Fulda Stadt und Landkreis, dem Freundeskreis der Gastlichkeit, der Wirte-Vereinigung Rhöner Charme und dem Verein der Köche Fulda e.V. weisen die Verantwortlichen auf die dramatische Lage dieser Berufsgruppen in der Region hin und nehmen Bezug auf den Beschluss der Bundesregierung.

Dazu führt Steffen Ackermann (Vorsitzender DEHOGA und des Freundeskreises der Gastlichkeit) aus: „Der Beschluss, die Mehrwertsteuer auf Speisen für ein Jahr zu reduzieren, ist unbefriedigend. Die aufgelaufenen gestundeten Kosten, Beiträge, Darlehen, Pacht etc. werden dadurch nicht ansatzweise aufgefangen. Und das zu erwartende schwache Geschäft rund um den Tourismus und das Gastgewerbe wird dann letztlich doch zum Todesstoß für zahlreiche Betriebe.“ Michael Glas, stellvertretender Vorsitzender des Rhöner Charme ergänzt: „Weshalb soll die reduzierte Mehrwertsteuer ausschließlich auf Speisen bezogen sein? Das hilft vielen Gastronomen nicht. Niemand kann erklären, weshalb Gastronomen auf einkaufte Waren 7 Prozent erstattet bekommen, jedoch beim Verkauf 19 Prozent abführen müssen.“ So fehle den Gastronomen stets 12 Prozent in ihrer Kalkulation. Daher sei die Forderung ganz klar: „Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Speisen und Getränke – ohne zeitliche Begrenzung. Wenn wir das Gastgewerbe retten wollen, dann können wir dies nur jetzt. Uns bleibt keine Zeit.“

Es sei keine Frage, dass die politischen Entscheidungsträger allesamt zurzeit eine große Verantwortung zu tragen hätten, besonders in der Abwägung zwischen Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger und dem Erliegen der Wirtschaft. Dennoch seien Insolvenzen gerade in Gastronomie und Hotellerie keinesfalls mehr auszuschließen. Dabei stünden Zahlen im Raum, die aktuell noch nicht bewerten werden könnten. Tatsache sei, dass der Tourismus in der Region enorm eingebrochen sei und dies lasse die dramatische Prognose realistisch erscheinen, dass zwischen 25 und 30 Prozent der Betriebe kurz vor einer generellen Schließung stünden.

Dazu betont Steffen Ackermann: „Fakt ist, dass die Belegung in unseren Beherbergungsbetrieben zwischen 90 und 100 Prozent eingebrochen ist. Da das Bewirten von Gästen im Haus ausgeschlossen ist, retten sich viele Kolleginnen und Kollegen in die Außer-Haus-Gastronomie. Das ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein und darüber hinaus nicht für alle Betriebe umsetzbar. Daher sei der Schaden enorm. Ob Pachtbetrieb oder Eigentum. Viele gastronomischen Betriebe hätten investiert und hohe Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten. Eine Stundung von Pacht oder Tilgung, Beiträgen und Gebühren sei lediglich ein aufgeschobenes Problem, da die dünne Finanzdecke der gastgewerblichen Betriebe ein Aufholen voraussichtlich nicht möglich macht. Der Rhöner Charme-Vorsitzende Andreas Rau erläutert: „Ein Zimmer, einen Salat oder das Bier können wir nicht doppelt verkaufen. Nachholeffekte wie in anderen Branchen gibt es bei uns nicht.“

Es sei nachvollziehbar, dass die Regierung nicht unbegrenzt Zuschüsse auszahlen kann, bis die Betriebe wieder auf Hochtouren laufen. Daher seien eine nachhaltige und fundamentale Entlastung und Ausweg aus der Krise eine Reduzierung der Mehrwertsteuer für gastronomische Umsätze auf sieben Prozent – durchgängig und langfristig. Dieser Effekt würde einerseits Luft für notwendige Investitionen geben, das Plus könnte an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weitergegeben werden und könne die Schaffung einer notwendigen Finanzdecke ermöglichen, um Krisen künftig besser gerüstet angehen zu können.

„Hinter dem heimischen Gastgewerbe stehen nahezu ausschließlich Familien, die ihre Unternehmen mit Herzblut, Fleiß und einem hohen Engagement betreiben. Diese investieren ausschließlich hier in unserer Region, zahlen ihre Steuern in Deutschland und verlagern keine Arbeitsplätze in andere Regionen. All diese Familien kämpfen gerade um ihr gesamtes Hab und Gut“, fasst abschließend der Vorsitzende des Vereins der Köche, Stefan Faulstich, zusammen. „Die Situation ist tragisch und wir hoffen darauf, schnellstmöglich wieder öffnen zu können, für unsere Gäste da sein zu können und einen Weg aus dieser existenzbedrohlichen Situation gehen zu können.“ Daher sei der Appell an die Politik, wenigstens sukzessive die Öffnung der Betriebe wieder zuzulassen – selbstverständlich mit allen erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen. +++ pm

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