„Fuldaer Rose“ für langjährige Frauenbeauftragte der Stadt Fulda

Hildegard Hast: Nachhaltigkeit kann es nur mit persönlicher Konsequenz geben

Hildergard Hast ist gestern in der Orangerie Fulda im Rahmen des „28. Markts der Möglichkeiten“ mit der „Fuldaer Rose“ (Preis für Zivilcourage) ausgezeichnet worden. Hast war von 1990 bis 2016 Frauenbeauftragte der Stadt Fulda. Eine von Hasts Pionierleistungen war unter anderem ein zu der damaligen Zeit „gut aufgestelltes Beratungsangebot“ gegen sexuelle Gewalt, zudem setzte sich Hildegard Hast für die Erreichung von mehr Frauen in führenden Verwaltungspositionen ein. Zu Hasts Aufgabenschwerpunkten als Frauenbeauftragte gehörten neben der Vertretung von Fraueninteressen, insbesondere bei kommunalen Planungen und Maßnahmen und der Unterstützung der Dienststellenleitung beispielsweise bei der Umsetzung des Hessischen Gleichberechtigungsgesetztes und des Frauenförderplans auch die Mitwirkung bei personellen Maßnahmen sowie Maßnahmen zur Erleichterung des beruflichen Wiedereinstiegs.

In ihrer Erwiderung dankte Hildegard Hast für die ihr zuteilgewordene Wertschätzung, zumal, so Hast, diese zu ihrer Zeit als Frauenbeauftragte, äußerst selten entgegengebracht worden sei. „Für eine Seite war das, was wir gemacht haben, immer falsch“, sagte sie kurz nach der Verleihung des Preises für Zivilcourage 2019 am Freitag in Fulda. Und dennoch blickt Hildegard Hast heute gerne auf die Entwicklung der frauenpolitischen Struktur in Fulda zurück. „Damals waren wir den gesetzlichen Rahmenbedingungen auf Landes- und Bundesebene voraus oder haben sie sogar mit angeregt“, berichtete Hildegard Hast von ihren Anfängen. Der „entscheidende Grundstock“ wurde für sie in den 90er Jahren gelegt: „Sie waren die schwersten, gleichzeitig aber auch die erfolgreichsten“.

Bei ihrem gestrigen Rückblick auf dem Markt der Möglichkeiten in Fulda schloss Hildegard Hast aus gutem Grund zwei Menschen mit ein: Ihren ersten Oberbürgermeister, Oberbürgermeister der Stadt Fulda a. D., Dr. Wolfgang Hamberger, und Erika Glückler, ihre erste Mitarbeiterin im Fuldaer Frauenbüro. „Oberbürgermeister und Frauenbeauftragte hatten es wahrlich nicht leicht miteinander“, erinnerte sich Hast, die ergänzte: „Mit unterschiedlichen Blickwinkeln, den unterschiedlichen, oft gegenteiligen Interessenvertretungen war man doch im Rückblick ein super Gespann; Manchmal ein wenig verrückt, dabei manchmal strategisch genial.“ Hildegard Hast berichtete aus der Zeit, in der man diesbezüglich in Fulda „neue Wege“ begonnen habe, konstruktiv zu gehen. „Es war eine Zeit, in der es keine vorgegebenen Strukturen gab, keine Vorgaben, keine Gesetze und auch keine Dienstanweisungen – denn diese wurden übernommen, auch hatte man kaum praktische Erfahrung. Besonders gerne erinnert sich Hast an die gemeinsame Strategieentwicklung von Oberbürgermeister und Frauenbeauftragten zurück. „Das Meisterstück davon war die Installierung einer AG der Frauenbeauftragten innerhalb des Hessischen Städtetages. Wenn ein Oberbürgermeister und eine Frauenbeauftragte gemeinsam um eine Sache gekämpft gaben, so waren damals auch schon Sachen möglich.“ Jahre später sprach man nicht mehr von Frauenbeauftragen, sondern von „Agentinnen des Wandels“.

Weiter nahm Hildegard Hast Bezug auf die sich derzeit häufenden Klimastreiks und die damit korrelierenden Schülerproteste. „Vor dem Hintergrund meiner eigenen Pionierarbeit innerhalb der Verwaltungsstruktur hoffe ich, dass es viele Verantwortliche gibt, die sich mit Weitblick und Kreativität darauf konzentrieren, dass diese Welle auch in oder auch trotz ihrer bestehenden Strukturen ihren Weg finden kann, und dies, ohne der Welle ihre Kraft zu nehmen. Wir alle kennen die inneren Prozesse, wann wir uns treu bleiben, wann wir kneifen, die Frage, ob wir unseren Weg konsequent weitergehen, trotz Stimmungen oder Ablehnungen oder massiven Kritikern.“ Nichts stehe einem, so Hast, in diesem Kontext mehr zu, als die „schlichte Authentizität“.
„Es ist immer schwer, altgewohnte – manchmal auch altbewährte Strukturen zu hinterfragen, besonders dann, wenn drohende Veränderungen Auswirkungen auf den eigenen Lebensbereich haben, und da sind die Bereiche Partnerschaft, Familie, Beziehungen den einzelnen natürlich besonders nah. Ich kann aber nicht über Gleichberechtigung reden, ohne dabei die eigene Beziehung zu hinterfragen. Auch heute gilt wieder: Sind wir bereit, unsere Überzeugungen zu hinterfragen, die vermeintlich Sicherheit hegen. Man hat sich darin eingerichtet – das eigene Leben, den Lebensstand daran ausgerichtet, und wir alle wissen auch, dass es Nachhaltigkeit nur mit persönlicher Konsequenz geben kann, und da ist dann auch wieder die Parallele zur Gleichberechtigung.“ Abschließend sagte die Preisträgerin der Fuldaer Rose 2019, Hildegard Hast: „Ich möchte schließen mit einem Erfahrungssatz aus der therapeutischen Arbeit, der bei dem Thema Nachhaltigkeit immer wieder an Bedeutung gewonnen hat: ‚Die wohlbekannten Höllen sind uns lieber, als die unbekannten Himmel.‘ Die Themen haben sich hierbei gewandelt, die Abwehrstrategien ähneln sich. Ich sage, vertrauen wir doch dem Impuls der Kinder, lernt von ihnen und mit ihnen auf einem Weg, der nicht vorgefertigt ist, sondern gemeinsam beim Gehen entwickelt werden muss.“

Als prominenter Gast konnte am Freitagnachmittag auf dem 28. Markt der Möglichkeiten in der Orangerie Fulda die SPD-Europaabgeordnete sowie Spitzenkandidaten für die diesjährige Europawahl am 26. Mail, Martina Werner, begrüßt werden. In ihrer Rede sprach sich Martina Werner positiv für die Menschen aus, die sich ehrenamtlich engagieren. „Durch ihren Einsatz tragen sie dazu bei, aus einzelnen Bürgerinnen und Bürgern überhaupt erst eine Gemeinschaft werden zu lassen. Durch ihr soziales Handeln und ihren Einsatz für gemeinschaftliche Werte stärken sie den Zusammenhalt in der Gesellschaft und tragen so zur Demokratie bei“, so Werner. Bezugnehmend auf die diesjährige Europawahl am 26. Mai erinnerte sie an das „Vereinte Europa“ – dieses seit 70 Jahren ein „Garant für Frieden und Wohlstand“ sei. Im Bewusstsein dieses Selbstverständnisses für viele warnte die Europapolitikerin vor einer als „gegebenen Selbstverständlichkeit“. Frieden und Fortschritt in unserer Gesellschaft, so Werner, seien Dinge, die wir niemals als gegeben erachten dürfen, sondern müssen, so Werner weiter, jeden Tag neu erkämpft werden. Abschließend dankte die SPD-Politikerin all Jenen, die sich jeden Tag einbringen, demnach ihr Bestes geben und so einen Beitrag für eine werteorientierte Gemeinschaft und für ein geeintes Europa leisten. +++ ja