Schutzschirm – Finanzminister Schäfer: Schneller geht es nicht

DGB: Geschönte Schutzschirmbilanz kein Grund zum Jubeln

Wein und ein leeres Sparschwein überreichte Hessens Finanzminister Dr Schäfer dem Wetterauer Landrat Joachim Arnold.

Wiesbaden. „Damit hätte wohl niemand gerechnet, dass die ersten Kommunen schon in der kürzest möglichen Zeit den vom Land Hessen ausgespannten Rettungsschirm wieder verlassen. Der Wetteraukreis ist einer von acht Kommunen (zwei Landkreise, sechs nordhessische Kommunen), der bereits nach drei Jahren den Rettungsschirm des Landes Hessen wieder verlässt. „Das hätte bei der Unterzeichnung des Schutzschirms im Jahre 2012 niemand vorausgesagt. Eher habe man damit gerechnet, dass 2018- oder 19 die ersten Kommunen den Schutzschirm wieder verlassen können. Dass es nun doch schneller ging, hat einerseits mit der guten konjunkturellen Situation, andererseits auch mit eigenen Sparmaßnahmen zu tun“, lobte Hessen Finanzminister Dr. Thomas Schäfer die Sparerfolge etwa in der Wetterau.

Landrat Joachim Arnold nannte den Schutzschirm eine „Versicherung gegen steigende Zinsen“. Zur Haushaltskonsolidierung habe neben den gesamtwirtschaftlichen Einflussfaktoren vor allem die systematische Aufgabenkritik beigetragen. „Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise habe ich als eine meiner ersten Maßnahmen als Landrat alle Ausgaben und Aufgaben auf den Prüfstand gestellt, denn nur so kann eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung gelingen.“ Ein Jahr lang wurden alle Bereiche durchleuchtet und auf den Prüfstand gestellt. Auch heute noch werde in den jährlichen Budgetgesprächen der Stand der systematischen Aufgabenkritik betrachtet. „Nur wenn alle Beschäftigten ihre Budgetverantwortung wahrnehmen, können wir dauerhaft sparsam und effizient wirtschaften“, so der Landrat.

Mit den Auflagen des Schutzschirmes, sagte er in Richtung Finanzminister Dr. Thomas Schäfer, habe man auch viele Entscheidungen treffen müssen, die man lieber nicht getroffen hätte, wie etwa die Erhöhung der Kreisumlage, wohl wissend, dass auch die Kommunen in einer schwierigen Haushaltssituation sind. Mit dem Verlassen des Schutzschirms, kündigte Landrat Arnold an, wolle er dem Kreistag vorschlagen, etwaige Überschüsse zu je einem Drittel für Projekte in der Schule und Verkehrsinfrastruktur, aber auch für Betreuungsangebote zu nutzen. Ein weiteres Drittel soll der Entlastung der Kommunen und das letzte Drittel zum Abbau von Altschulden dienen.

Die nächste Station war  Kirchhain. Die Stadt erhielt aus dem Schutzschirm des Landes Entschuldungshilfen von rund 6,3 Millionen Euro. Der Haushaltsausgleich konnte hier um drei Jahre vorgezogen werden. Bürgermeister Jochen Kirchner: „Den Schutzschirm zu schaffen war eine große Herausforderung unter den Bedingungen unserer Ertragsentwicklungen. Die Kirchhainer Politik hatte den Mut, diesen Kurs durchzuziehen. Es gehört mehr Kreativität dazu, ohne Geld politische Handlungsfähigkeit deutlich zu machen. Dies ist uns gelungen.“

Den Abschluss des ersten Tages der Schutzschirmreise bildete der Besuch der Gemeinde Kirchheim. Sie erhielt Entschuldungshilfen von rund 3,1 Millionen Euro durch den Schutzschirm und konnte den Haushalt ein Jahr früher als vertraglich vereinbart ausgleichen. Bürgermeister Manfred Koch: „Gerade für eine Flächengemeinde wie Kirchheim waren die Maßnahmen, die zur Erfüllung des Schutzschirmvertrages umgesetzt werden mussten, nicht einfach und mit Belastungen und Einschnitten für die Menschen vor Ort verbunden. Wichtig war uns dabei, noch den Spielraum zum Erhalt der Infrastruktur und für Maßnahmen, die das soziale Zusammenleben fördern, zu erhalten. Dabei fanden wir auch Unterstützung durch engagierte Menschen aus der Bevölkerung.“

Abschließend sagte Finanzminister Schäfer: „Das Land hat die Schutzschirmkommunen mit viel Geld unterstützt und ihnen mit Beratung zur Seite gestanden. Jede Kommune hat für sich entschieden, wie sie im Gegenzug das Ziel ausgeglichener Haushalte erreichen kann. Die Ideen dazu waren so vielfältig wie unsere kommunale Landschaft in Hessen. Eine Entscheidung haben aber alle Schutzschirmkommunen gleichermaßen getroffen: Die Entscheidung, die eigene Zukunft tatkräftig selber gestalten zu wollen. Eine nachhaltige Haushaltspolitik ist dafür die beste Voraussetzung!“

Der Wetterauskreis, die Stadt Kirchhain und die Gemeinde Kirchheim sind drei von acht Kommunen, die der Entlassung aus dem Kommunalen Schutzschirm des Landes bereits nahe sind. Sie haben 2013, 2014 und 2015 ausgeglichene Haushalte vorgelegt und damit die Grundvoraussetzung dafür geschaffen, das Programm wieder verlassen zu können. Dies muss nun in einem nächsten Schritt durch geprüfte Jahresabschlüsse der Kommunen belegt werden. Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer besuchte die drei Kommunen im Rahmen seiner zweitägigen Schutzschirmreise. Am Mittwoch folgen Besuche in Kassel, Borken, Frankenau, Hatzfeld und im Landkreis Marburg-Biedenkopf.

Kritik kommt vom DGB

Nach Auffassung des DGB-Bezirks Hessen-Thüringen ist die heute vom hessischen Finanzminister Dr. Thomas Schäfer vorgelegte Bilanz geschönt. Gabriele Kailing, Vorsitzende des DGB-Bezirkes Hessen-Thüringen erklärt dazu: „Wie schon in der Vergangenheit unterschlägt Finanzminister Thomas Schäfer die Folgen der Konsolidierungsprogramme für die betroffenen Kommunen. Kein Wort verliert die Landesregierung über die Kürzungsmaßnahmen im Bereich der Jugendhilfe, über höhere Kita-Gebühren usw. Es wäre redlich, wenn Schäfer auch diese Maßnahmen bilanzieren würde. Dann aber müsste er offenlegen, wie problematisch die Schutzschirmvereinbarungen unter sozial-, bildungs- und gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten sind. Von Leistungseinschränkungen oder Gebührenerhöhungen sind nämlich weit überproportional die unteren Einkommensschichten betroffen.“ Generell, so Kailing, sehe sich der DGB in seiner Kritik am „Schutzschirm“-Programm aufgrund der jüngsten Kommunalfinanzentwicklung bestätigt: „Die kommunalen Investitionen sind seit Jahren rückläufig, die Kassenkredite sind zuletzt sogar wieder gestiegen. Hessen liegt mit einem Pro-Kopf-Wert von rund 1070 Euro Kassenkrediten im Vergleich der Bundesländer auf dem viertletzten Platz. Wer da in Jubel ausbricht und wie Finanzminister Schäfer meint, besser geht es nicht, verweigert jeden nüchternen Blick auf die Realität!“

Norbert Schmitt (SPD): Der Schutzschirm ist teuer erkauft

Zur Bilanz des Kommunalen Schutzschirms sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Norbert Schmitt in Wiesbaden: „Die Schattenseite der Schutzschirmentwicklung hat der Finanzminister einmal mehr bei seiner Bilanz nicht beleuchtet. Die Kommunen wurden nämlich gezwungen den Bürgerinnen und Bürger erheblich in die Tasche zu greifen und gleichzeitig Leistungen zu reduzieren. Alleine die Grundsteuern und die Gebühren wurden seit 2011 um rund eine halbe Milliarden Euro erhöht und gleichzeitig die Investition um 700 Millionen Euro gekürzt. So wurde der Schutzschirm zum Schlagstock gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Viele hessische Kommunen sind weiterhin von einem Defizitausgleich weit entfernt oder erreichen diesen nur durch massive Leistungskürzungen. Die Ursache darin liegt in einer verfehlten Landespolitik, die den Kommunen zu geringe Mittel zuweist. +++ fuldainfo