Ex-EZB-Präsident rechnet mit geldpolitischer Wende

Blick auf das Wachstum der Realwirtschaft

Frankfurt/Main. Der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Jean-Claude Trichet, rät den Regierungen der Euro-Länder, sich auf eine weniger expansive Geldpolitik vorzubereiten. Es gebe jetzt Signale, die in die richtige Richtung zeigten, sowohl mit Blick auf das Wachstum der Realwirtschaft als auch die bessere Verankerung der Inflation. „Alle Regierungen müssen sich auf die Zeit vorbereiten, wenn eine expansive Geldpolitik wie jetzt nicht mehr nötig ist,“ sagte Trichet dem „Handelsblatt“.

Derzeit kauft die EZB für monatlich 60 Milliarden Euro vor allem Staatsanleihen der Euro-Länder. Die Käufe sind bis Dezember befristet. Damit will die Notenbank die Inflation im Währungsraum in Richtung ihres mittelfristigen Ziels von knapp unter zwei Prozent bringen. Viele Beobachter rechnen damit, dass die EZB in der zweiten Jahreshälfte 2017 ankündigt, ihre Käufe ab 2018 schrittweise herunterzufahren.

Trichet plädiert außerdem für eine höhere Inflation in Deutschland, um anderen Euro-Ländern die wirtschaftliche Anpassung zu erleichtern. Zu Zeiten der D-Mark habe die jährliche Inflation in Deutschland bei im Schnitt etwa 2,9 Prozent gelegen – mit dem Euro sei sie hingegen auf etwa 1,5 Prozent gefallen. „Es wäre normal, wenn die deutsche Inflation für eine gewisse Zeit näher am früheren D-Mark-Niveau liegen würde.“ Auf mittlere bis lange Sicht allerdings solle die jährliche Inflation in allen Euro-Ländern im Schnitt bei 1,8 bis 1,9 Prozent liegen und daher um dieses Niveau herum schwanken. +++