Einzelhandel plant Kampagne für verkaufsoffene Sonntage

Zehn verkaufsoffene Sonntage seien nach seiner Auffassung "durchaus verfassungsgemäß"

Berlin. Der deutsche Einzelhandel plant eine umfangreiche Initiative zur Liberalisierung der Sonntagsöffnung. Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschland (HDE), sprach sich in der „Welt am Sonntag“ für die Einrichtung Runder Tische mit allen gesellschaftlichen Gruppen als erstem Schritt aus. „Wir plädieren für Runde Tische auf der Ebene der Landesregierungen, an denen sich Politik, Kirchen, Gewerkschaften, Kommunen und Handel beteiligen“, sagte er der Zeitung. „Deren Ergebnisse müssen dann auch gelten, ohne dass wieder geklagt wird“, ergänzte er.

Bei Runden Tischen will der Handel es nicht belassen. Parallel dazu ist nach Informationen des Blattes in den nächsten Wochen ein Vorstoß von Handelsunternehmen mit dem Ziel geplant, die relativ liberale Berliner Regelung bundesweit umzusetzen. Die Handelsgewerkschaft Verdi hat, teils gemeinsam mit kirchlichen Organisationen, in den letzten Jahren rund 110 Verfahren gegen kommunale Genehmigungen für verkaufsoffene Sonntag geführt, darunter nach eigenen Angaben die allermeisten mit Erfolg. Genth kritisierte dieses Vorgehen scharf: „Verdi macht die Sonntagsöffnung mit der Klagewelle faktisch unmöglich und stellt sich gegen den Handel, gegen die Städte und letztlich auch gegen die Beschäftigten.“ Verdi wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Wir klagen gegen Sonntagsöffnungen und andere Formen von Sonntagsarbeit, wenn diese absehbar rechtswidrig sind oder einer juristischen Klärung bedürfen“, verteidigte Stefanie Nutzenberger, Mitglied im Bundesvorstand, die Verfahren in der Sonntagszeitung. „Eine Klage ist das letzte Mittel, wenn zuvor Hinweise auf die existierende Rechtslage bei den Kommunen nicht gefruchtet haben“, sagte sie.

Die Gewerkschaft nennt für ihre ablehnende Haltung gegenüber der Sonntagsöffnung vor allem Gründe des Arbeitnehmerschutzes. Seit der Föderalismusreform 2006 ist der Ladenschluss Ländersache. Während in den meisten Bundesländern maximal vier verkaufsoffene Sonntage gestattet sind, dürfen Geschäfte in Berlin an bis zu zehn Sonntagen öffnen. Genth sprach sich für eine grundsätzliche rechtliche Klärung aus: „Ich gehe davon aus, dass Rechtssicherheit nur auf dem Klageweg zu erreichen ist, im Zweifel bis hin zum Bundesverfassungsgericht.“ Zehn verkaufsoffene Sonntage wie in Berlin seien nach seiner Auffassung „durchaus verfassungsgemäß“. Zugleich distanzierte er sich von einer völligen Freigabe des Sonntags: „Unsere Forderung ist nicht, jeden Sonntag generell als verkaufsoffenen Tag zu bekommen. Wir brauchen diese besonderen Sonntage für besondere Impulse“, so der HDE-Hauptgeschäftsführer. +++