Dannenröder Wald – Bund: Verkehrspolitisch wird in Deutschland weiter geholzt

Dannenröder Forst darf kein rechtsfreier Raum werden

Fridays for Future und anderen hatten in Wiesbaden gegen die geplante Rodung des Dannenröder Waldes protestiert. Mit Blick auf die Proteste sagte der verkehrspolitischer Sprecher der FDP, Dr. Stefan Naas: „Friedliche Demonstrationen sind selbstverständlich in Ordnung, Besetzungen des zu rodenden Waldes sind es nicht. Wir bleiben dabei: Der Dannenröder Forst darf kein rechtsfreier Raum werden. Und er darf nicht zum zweiten Hambacher Forst werden.“

„Der Lückenschluss der A49 muss erfolgen“, macht Naas weiter klar und lobte Verkehrsminister Tarek Al-Wazir: „Es spricht für den Minister, dass er angekündigt hat, die politischen Mehrheitsentscheidungen und die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig zu akzeptieren und die Autobahn bauen zu lassen. Wir erwarten nun, dass es allen Protesten zum Trotz zu einem zügigen Baubeginn kommt“, sagt Naas mit Blick auf die Protestcamps am Dannenröder Forst und die heutige Demonstration von Umweltschützern und Ausbaugegnern in Wiesbaden. Das Gericht hatte die Rechtskraft des Planfeststellungsbeschlusses bestätigt. „Ich hoffe, dass sich auch andere Kritiker einsichtig zeigen. Aus verkehrspolitischer Sicht ist der Bau erforderlich, um die seit Jahrzehnten versprochene Autobahnverbindung zwischen Kassel und Gießen zu schaffen“, erklärt Naas. „Wir halten den Lückenschluss zwischen Stadtallendorf und Gemünden/Felda für notwendig, weil er der Stärkung der Infrastruktur in Mittelhessen und damit auch der Wirtschaft sowie Pendlern dient. Außerdem werden lärmgeplagte Anwohner entlastet, durch deren Dörfer sich der Verkehr momentan schlängeln muss.“

Bund: Verkehrspolitisch wird in Deutschland weiter geholzt

Olaf Bandt, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): „Verkehrspolitisch wird in Deutschland weiter geholzt, statt zukunftsweisend geplant: Als nächstes droht der Dannenröder Wald in Hessen dem Weiterbau der A 49 zum Opfer zu fallen. Ein mehr als 250 Jahre alter, gesunder Laubmischwald soll einem verkehrspolitischen Planungsdinosaurier geopfert werden. Dass ein wertvoller Laubwald einem unnötigen und gestrigen Straßenprojekt weichen soll, ist ein neuerlicher Beleg für eine verfehlte bundesdeutsche Verkehrspolitik. Trotz Klimakrise und Artensterben lässt die Bundesregierung weiter im großen Stil Autobahnen und Bundesstraßen planen und bauen, ohne dabei Umweltbelange ausreichend zu berücksichtigen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer gibt unbeirrt den Asphalt-Cowboy und zementiert eine Politik von gestern, statt die Mobilität von morgen zu gestalten. Die Bundesregierung muss endlich umdenken und ihre gesamte Infrastrukturplanung an Klima-, Natur- und Umweltschutz ausrichten. Eine zukunftsfähige Verkehrsplanung ist ein wichtiger Teil öffentlicher Daseinsvorsorge. Für eine Neuausrichtung ist schon im kommenden Jahr Gelegenheit. Mit der dann anstehenden Neuauflage der Bedarfspläne bietet sich für die Bundesregierung und die hessische Landesregierung die Möglichkeit, endlich klare Zeichen in Richtung Mobilitätswende zu setzen und einen Verzicht des Weiterbaus der A49 zu vereinbaren. Der Weiterbau der A49 muss gestoppt werden. Der Autobahnausbau muss insgesamt auf den Prüfstand. Es braucht endlich eine klima- und naturgerechte Verkehrspolitik.“

Linke: Offener Brief an Hinz und Al-Wazir

Die Folgen des Klimawandels mit Artenverlust, Waldsterben und Trinkwasserknappheit machen deutlich, dass der Weiterbau der Autobahn 49 ausgesetzt und überprüft werden muss. Der Weiterbau der A49 von Schwalmstadt bis zur A5 bei Gemünden widerspricht den Zielen des Hessischen Klimaschutzplans, er widerspricht den Zielen der Hessischen Nachhaltigkeitssowie den Zielen der hessischen Biodiversitätsstrategie. Die Planungen beachten die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinien nicht, wie auch das BVG Leipzig am 23. Juni dieses Jahres bestätigte, und sind unvereinbar mit dem sozial-ökologischen Umbau unserer Gesellschaft zum Schutz des Klimas und der Menschen. Schon die 1997 von der Hessischen Landesregierung in Auftrag gegebene Umweltverträglichkeitsstudie kam zu dem Ergebnis, dass die Zielkonflikte der Trasse mit dem Natur- und Umweltschutz nicht aufgelöst und die Eingriffe in Natur und Landschaft nicht ausgeglichen werden können.

Ein Bau der Autobahn durch das Flora-Fauna-Habitat-Gebiet Herrenwald bei Stadtallendorf war eigentlich ausgeschlossen. Nur ein „Nachweis“ so genannter „zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ ermöglichte eine Ausnahme. Darauf bezieht sich auch eine am 1. März 2020 beim Hessischen Landtag eingereichte Petition und ein Schreiben mit dem sich das Aktionsbündnis „Keine A49“ jetzt an Politik, Wissenschaft und Medien wendet. Aufgrund des Klimawandels und der fortschreitenden Versiegelung von Acker- und Waldflächen ist das öffentliche Interesse aber im Wandel begriffen. Mobilität muss umweltfreundlicher und Naturräume besser geschützt werden. Für den geplanten Weiterbau der Autobahn müssen bei Stadtallendorf 25 Hektar Wald, der zu einem Flora-Fauna-Habitat (Natura 2000-Gebiet) gehört, gerodet werden! Weitere 85 Hektar würden der Autobahn im Dannenröder Wald zum Opfer fallen. Der, trotz Dürre und Klimaänderung, noch intakte Buchen-Eichen-Mischwald mit bis zu 300 Jahren alten Bäumen, gilt seit den 1980er Jahren als Vorzeigewald für nachhaltige Forstwirtschaft und soll nun durch eine Autobahn zerschnitten werden. Arten- und Biotopschutz werden hier mit Füßen getreten. Bei Niederklein überquert die Trasse das Gleental. Dort liegt ein Trinkwasserschutzgebiet, in dem Nutztiere wegen drohender Verunreinigung nicht grasen dürfen. Hier soll eine 460 Meter lange und 30 Meter hohe Autobahnbrücke über das Tal gebaut werden, mit Pfeilern, die 30 Meter tief in die Erde, davon 20 Meter in den Bereich des Grundwassers, reichen. Die Pfeiler sollen in unmittelbarer Nähe von Wasserpumpen gründen und gefährden damit die Trinkwasserversorgung für circa 500.000 Menschen.

Aufgrund der Dürresommer gab es in der Region bereits jetzt Probleme mit der Wasserversorgung. Die Kosten für den Autobahnbau sind in den letzten Jahren exorbitant gestiegen. Zudem soll der letzte Bauabschnitt über eine Öffentlich-Private Partnerschaft finanziert werden, wodurch noch höhere Beträge in private Gewinne abfließen. Ministerpräsident Bouffier hat im November 2019 das Projekt „Unser Wald“ ins Leben gerufen, mit den Worten: „Den Wald zu bewahren, ist eine Gemeinschaftsaufgabe“. Wenn diese Worte mehr als nur eine hohle Phrase sein sollen, muss das Autobahnprojekt jetzt auf den Prüfstand. Gegen die hohe Verkehrsbelastung in den Gemeinden gibt es andere Lösungen, die viel einfacher, kostengünstiger, und umweltfreundlicher realisiert werden können, als der Bau dieser Autobahn. Mit dem Dannenröder Appell (2019) und schon Jahre zuvor wurde eine sinnvolle Alternative vorgelegt. Wir fordern Sie daher auf, sich für ein sofortiges Bau-Moratorium einzusetzen. Der Weiterbau der A49 muss gestoppt werden, Alternativen müssen geprüft und umgesetzt werden. Eine Kriminalisierung und Räumung von Klima- und Umweltaktivisten*innen, die für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen eintreten, zerstört das Vertrauen gerade junger Menschen in die Fähigkeit der Politik, unsere Zukunft sicher zu gestalten. Auch für die A 49 gilt: „Baurecht bedeutet nicht Baupflicht!“, heißt es in dem Offenen Brief abschließend. +++