Mit einem persönlichen Bild aus einem verschneiten Winterwald hat Bischof Dr. Michael Gerber die Christmette im Fuldaer Dom geprägt. In seiner Predigt zur Heiligen Nacht verband er diese Erfahrung mit der zentralen Weihnachtsbotschaft: Der Mensch ist geliebt und gewollt – nicht wegen seiner Leistung, sondern weil er Mensch ist. Die Christmette war Gerbers erster öffentlicher Gottesdienst, seit bei ihm Ende Juni 2025 eine Krebserkrankung diagnostiziert worden war.
In seiner Predigt schilderte der Bischof ein Erlebnis wenige Wochen vor Weihnachten. Auf einer verschneiten Waldlichtung habe er eine Wölbung in der Schneedecke entdeckt, in der sich eine kleine Öffnung befand. Darunter sei ein Tonrelief mit Maria und dem Kind sichtbar gewesen, vor allem die Gesichter. Dieser Moment habe ihn innerlich berührt. „Was du hier gerade erlebst, erzählt dir viel von Weihnachten“, habe er in diesem Augenblick gedacht, zugleich aber auch: „Was du hier gerade erlebst, erzählt dir viel von deinem Weg durch dieses Jahr 2025.“
Gerber griff dabei seine eigene Krankheitsgeschichte auf. Nach der Krebsdiagnose im Sommer habe sich vieles so angefühlt, als liege eine feste Eisschicht über seinem Leben. „Ich erfahre mich als angeschaut von Jesus und von seiner Mutter Maria – und das mitten in einer eisigen Landschaft“, sagte der Bischof. Seine Gedanken seien dabei zu dem Tag zurückgegangen, „als es mich mitten im Hochsommer eiskalt erwischt hat mit der Krebsdiagnose“. Zugleich weitete Gerber den Blick auf Erfahrungen, die viele Menschen kennen. „Vermutlich kann mancher von Ihnen am Ende dieses Jahres auf Momente zurückschauen, wo es ihn oder sie kalt erwischt hat“, sagte er.
Im Mittelpunkt der Predigt stand die Weihnachtsbotschaft als Zusage der Würde. Die Szene an der Krippe mit den Hirten sei für ihn mehr als eine rührende Erzählung. Sie stehe für den Kern von Weihnachten. „Mensch, du bist geliebt und gewollt“, betonte Gerber. „Nicht, weil du irgendetwas Besonderes leistest, nicht, weil du etwas Besonderes vorzuweisen hast: Du bist geliebt, weil du Mensch bist.“ Diese Zusage Gottes verdichtete er in dem Satz: „Ich will, dass du bist.“
Diese Würde gelte nicht aufgrund von Leistung oder Besonderheit, sondern allein, weil der Mensch Mensch sei, so der Bischof. Sie könne konkret erfahren werden. Auch er selbst habe solche Momente erlebt. „Es waren Augenblicke, in denen sich in meiner Eisschicht eine Öffnung zeigte“, sagte Gerber. „Mensch, unter der Eisschicht ist noch mehr.“
Zugleich berichtete der Bischof von sogenannten Engel-Erfahrungen, die ihm in dieser Zeit Kraft gegeben hätten. Engel beschrieb er nicht spektakulär, sondern leise und menschlich. „Die Botschaft der Engel des Jahres 2025 an mich kam als Brief, als E-Mail, WhatsApp- und Threema-Nachricht oder auch einfach durch einen liebevollen Blick, ein aufmunterndes Wort“, sagte Gerber. Es seien Menschen gewesen, durch die er sich gehört und gesehen gefühlt habe.
Daraus leitete der Bischof eine Einladung ab: Weihnachten sei die große Einladung Gottes, neu aufmerksam zu werden – dafür, wo seine Engel einem begegnen. Zugleich gehe es darum, sensibel dafür zu werden, wo man selbst den Auftrag habe, Engel mit einer Botschaft für andere zu sein.
In dieser Haltung liege die Ermutigung von Weihnachten, so Gerber. Gerade in schwierigen Zeiten gehe es darum, einander nicht aus dem Blick zu verlieren. „Davon erzählt uns das Kind in der Krippe und davon erzählt uns der Weg Jesu“, sagte der Bischof. Weihnachten blende die Härten des Lebens nicht aus. „Der nächste Eisregen kommt bestimmt“, so Gerber. Auch das neugeborene Kind habe dies erfahren auf seinem Weg von der Krippe bis zum Kreuz. „Doch wir dürfen darauf vertrauen: Er geht mit uns.“
Für die festliche musikalische Gestaltung der Christmette sorgten das Orchester sowie Sängerinnen und Sänger des Stadtpfarrchors St. Simplizius unter der Leitung von Anne Rill. An der Domorgel spielte der neue Domorganist Max Deisenroth, der in diesem Jahr erstmals an allen Weihnachtsfeiertagen im Fuldaer Dom zu hören ist.
Deisenroth ist seit September Domorganist am Fuldaer Dom. Er wurde in Nidderau geboren und studierte katholische Kirchenmusik sowie Orgelimprovisation an der Hochschule für Musik Freiburg. Weitere Studien führten ihn an die Universität der Künste Berlin in die Meisterklasse von Prof. Wolfgang Seifen, wo er sein Konzertexamen im Fach Orgelimprovisation mit Auszeichnung ablegte. +++

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