
Berlin. Der Chef des Sachverständigenrates, Christoph Schmidt, hat die Sinnhaftigkeit der laufenden Lohndebatte in Frage gestellt. Die Kernfrage sei stattdessen, „warum in Deutschland seit Jahren so wenig investiert wird“, sagte er dem „Handelsblatt“. Die Binnennachfrage in Deutschland sei im internationalen Vergleich nicht wegen zu niedriger Einkommen und zu geringem Konsum unzureichend, um die internationalen Ungleichgewichte schneller abzubauen, sondern weil die Unternehmen in Deutschland seit Jahren viel zu wenig investieren, sagte Schmidt.
Der Wirtschaftsweise äußerte generelles Verständnis für die Äußerungen von Bundesbank-Chef Jens Weidmann. „Die Bundesbank hat das Recht und die Pflicht, öffentlich zu diskutieren, welche Bedingungen notwendig sind für ein stabiles Preisniveau und zu diesen Bedingungen zählt langfristig auch die Entwicklung der Löhne.“ Für „wenig zielführend“ hält es Schmidt jedoch, „eine konkrete Zahl zu nennen, da wir sehr heterogene Branchen in Deutschland haben“, sagte der Wirtschaftsweise. Damit spielte er darauf an, dass die Bundesbank einen durchschnittlichen Richtwert für Tariferhöhungen von drei Prozent genannt hatte.
Der Sachverständigenrat habe sich dagegen „zuletzt bewusst dagegen entschieden, einen solchen Richtwert zu nennen.“ Vor Weidmann hatten sich bereits der Chefvolkswirt der Bundesbank sowie der Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank in die Lohndebatte eingeschaltet. Diese Diskussion zeigt laut Sachverständigenratschef Schmidt auch, wie hilflos die Notenbanken derzeit mit gewöhnlichen geldpolitischen Instrumenten einer Zersplitterung im Euro-Raum und einer sehr niedrigen Inflationsrate gegenüberstehen: „Die EZB hat die Euro-Zone vor einem Auseinanderbrechen bewahrt, und die Regierungen wissen um ihr Potenzial als Notretter. Das hat die Notenbanker in eine sehr heikle Lage gebracht.“ +++ fuldainfo
Da beißt sich die Katz in den Schwanz … Betriebe investieren natürlich nur, wenn sie Absatzerwartungen haben. Viele Euroländer, in die bisher exportiert wurde, sind Pleite. Die Leute in Deutschland konsumieren auch nicht genug, um den Laden am Laufen zu halten, weil die Einkommenssteigerungen unter der Inflationsrate lagen. Das ist auch bei z.B. Hartz IV Erhöhungen oder Rentenerhöhungen der Fall. Da ist wirklich die Frage: Wo sind die Unternehmensgewinne geblieben? Die finden dann schon ihre Invest-Blasen weltweit und wurden und werden irgendwo verbrannt.
Herr Schmidt hat auch noch nicht den Stein des Weisen gefunden. Wie kann es sein, dass in Deutschland zu wenig investiert wird? Seit Jahren steigen die Unternehmensgewinne. Wo bleibt das Geld? In Luxemburg, der Schweiz oder sonstwo? Es hieß doch immer, die Unternehmen brauchen gute Gewinne, um zu investieren! Was ist denn nun? Die Bundesbank hat schon recht: Eine ungleiche Einkommensverteilung ist nicht nur geldpolitisch falsch, sondern auch hinsichtlich der Binnennachfrage. Herr Schmidt sollte noch mal nachrechnen (lassen), bevor er sich so plakativ äußert.