CDU-Wirtschaftssprecher: Nord Stream 2 muss weitergebaut werden

Wirtschaftsausschuss-Chef gegen Stopp von Nord Stream 2

Der wirtschaftspolitische Sprechers der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), hat gefordert, die Gaspipeline Nord Stream 2 ungeachtet des Giftanschlags auf den russischen Regimekritiker Alexei Nawalny weiterzubauen. „Nord Stream 2 zu stoppen, wäre absurd. Wir haben an der Pipeline mindestens ein so großes Interesse wie die Russen“, sagte Pfeiffer der „Rheinischen Post“ (Freitagsausgabe). „Wir erhalten dadurch eine weitere Transportroute für Gas und verbessern damit unsere Energiesicherheit“, so der CDU-Politiker. „Ohne die Pipeline würden die Gaspreise bei uns steigen.“ Pfeiffer widersprach damit seinem Fraktionskollegen Norbert Röttgen (CDU), der den Weiterbau der Pipeline wegen der Vergiftung Nawalnys auf den Prüfstand stellen will.

Wirtschaftsausschuss-Chef gegen Stopp von Nord Stream 2

Der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Klaus Ernst, hat die Forderung des CDU-Außenpolitikers Norbert Röttgen nach einer Überprüfung des Pipeline-Projektes Nord Stream 2 kritisiert. „Trotz des sehr ernsten Vorgangs um die Vergiftung von Alexei Nawalny muss Nord Stream 2 unbedingt fertig gebaut werden“, sagte Ernst, der Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Bundestag ist, der „Welt“. Die Forderung von Röttgen, das Projekt auf den Prüfstand zu stellen, sei „absolut kontraproduktiv“ – nicht nur für Russland, sondern auch für Deutschland. Wenn Nord Stream 2 gestoppt werde, zahle der deutsche Kunde die Zeche. „Die Gegner von Nord Stream 2 versuchen nun, die Geschehnisse zu nutzen, um das Projekt in der Ostsee zu versenken.“ Ernst kritisierte auch die Reaktion der Bundesregierung, die den russischen Botschafter einbestellt hatte. „Einmal mehr wird Russland pauschal und ohne ausreichende Beweise die Schuld zugeschoben“, sagte Ernst. Anstatt öffentlich eine harsche Gangart einzulegen, hätte die Bundesregierung Gespräche mit den Russen suchen und ein gemeinsames Vorgehen bei den Ermittlungen vereinbaren sollen. „Deutschland setzt damit eine wichtige Beziehung aufs Spiel.“ Die Frage müsse sein, wer von den Geschehnissen profitieren würde. „Der Vorgang nutzt weder Russland, noch Europa oder Deutschland. Er nutzt vor allem den USA, in dessen wirtschaftliche Interessen es ist, dass sich unsere Beziehung zu Russland verschlechtert.“ Auf die Frage, ob er Russland zutraue, vernünftige Ermittlungen zu führen, sagte Ernst: „Aus meiner Sicht ist es in Wladimir Putins Interesse, transparente und vernünftige Ermittlungen zu führen.“ Er habe aber Zweifel, ob das überhaupt möglich sei. „Wenn irgendein Geheimdienst, der weltweit agiert, involviert war, dann wird es extrem schwierig, die wahren Hintergründe zu ermitteln.“ Auch AfD-Chef Tino Chrupalla widersprach Röttgens Forderung. „Keine Frage: Der Giftanschlag auf Nawalny muss aufgeklärt werden. Aber wir dürfen ihn nicht mit der Energiepolitik vermischen“, sagte er der Zeitung. „So gefährdet die Bundesregierung die deutsche Energiesicherheit. Kein Stopp der Gasleitung Nord Stream 2.“ Röttgen hatte zuvor mit Blick auf mögliche Reaktionen gesagt: „Da muss alles auf den Prüfstand.“ Wenn es jetzt zur Vollendung des Gasprojektes Nord Stream 2 käme, dann wäre das die maximale Bestätigung und Ermunterung für Wladimir Putin, mit genau dieser Politik fortzufahren.

Lambsdorff fordert Moratorium für Nord Stream 2

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff hat bis zur Aufklärung des Falls Nawalny ein Moratorium für den Bau von Nord Stream 2 gefordert. „Die Bundeskanzlerin hat von Anfang an gewusst, dass Nord Stream 2 ein geopolitisches Projekt ist, keine privatwirtschaftliche Unternehmung“, sagte Lambsdorff der „Welt“. In Europa sehe man das ganz genau so: „Skandinavier, Balten, Polen, Franzosen, alle haben das Projekt schon vor dem Anschlag auf Nawalny hochskeptisch gesehen und sind durch den deutschen Alleingang nachhaltig verstimmt.“ Es sei höchste Zeit, eine gemeinsame europäische Position zu entwickeln. „Der Bau kann unter diesen Umständen nicht weitergehen“, sagte er. Russland müsse zudem in allen entscheidenden Gremien weltweit – auch in der OSZE, den UN und dem Europarat – mit dem Fall konfrontiert werden. Der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Nils Schmid, äußerte sich hingegen skeptisch zu einem Stopp des Baus von Nord Stream 2. „Öl und Gas als politische Waffe zu verwenden, ist ein zweischneidiges Unterfangen. In den letzten 60 Jahren haben wir das aus guten Gründen nicht gemacht“, sagte Schmid der „Welt“. Man sei bei der Energiesicherheit voneinander abhängig. „Wer nun ein Ende von Nord Stream 2 fordert, sollte die Debatte ernsthaft führen. Die Amerikaner fordern ein Ende von Nord Stream 2, importieren aber Öl aus Russland.“ Wie Lambsdorff forderte auch Schmid eine gemeinsame europäische Linie. „Der Fall Nawalny ist so schockierend, dass in der EU schnell Einigkeit über ein gemeinsames Vorgehen gegenüber Russland herrschen sollte“, so der SPD-Politiker. „Wir wissen, dass der Giftstoff aus staatlichen russischen Laboren kommt. Solche Operationen können nicht ohne Wissen des Kremls erfolgen.“ Die EU müsse nun einen Sanktionsmechanismus etablieren, der personenbezogene Sanktionen bei schweren Menschenrechtsverstößen zulasse. „Dann könnte man russische Eliten zum Beispiel mit Einreiseverboten belegen. Wir müssen außerdem aufhören, über eine strategische Partnerschaft mit Russland zu reden. Mit einem Wladimir Putin ist eine Partnerschaft nicht möglich.“ Für einen Stopp von Nord Stream 2 sprach sich Manuel Sarrazin, Sprecher für Osteuropapolitik der Grünen-Fraktion, aus: „Jeder Kubikmeter russisches Gas schmiert ein kriminelles System, das in Russland Kritiker zum Schweigen bringt oder gar ermorden lässt und in Syrien oder Belarus Despoten an der Macht hält.“ Diese Politik würde auch durch Nord Stream 2 gestützt werden. „Es braucht daher endlich die überfällige klare Absage an die Pipeline“, sagte Sarrazin der Zeitung. +++

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