CDU-Wirtschaftsrat will Kurswechsel in heimischer Gas-Förderpolitik

FDP-Generalsekretär wirft Habeck Untätigkeit vor

Vor dem Hintergrund der drohenden Gasknappheit fordert der CDU-Wirtschaftsrat einen grundlegenden Kurswechsel in der heimischen Förderpolitik einschließlich einer Neubewertung der in Deutschland weitgehend verbotenen Fracking-Methode. „Wir wollen Flüssiggas aus Katar oder Kanada importieren, was richtig ist, aber wir legen in der aktuellen Situation nicht alle Optionen auf den Tisch“, sagte der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Mit heimischer Erdgasförderung ließen sich russische Importe zwar nicht vollständig kompensieren, sie könne aber „ein wichtiger Baustein für eine größere Unabhängigkeit“ sein, so Steiger. „Eine kurzfristige Erhöhung der aktuellen Förderung um 20 Prozent wäre möglich und sollte umgehend erfolgen“, forderte er. Mit bis zu sechs Milliarden Kubikmetern Gas könne die Förderung in Deutschland zügig ein Zehntel der Importe aus Russland ersetzen. Unerschlossene Vorräte kämen hinzu. Vor der Deutsch-Niederländischen Küste lagerten 60 Milliarden Kubikmeter Erdgas und damit etwa die Menge, die Deutschland in einem Jahr aus Russland importiere. „Die Niederländer wollen die Vorräte erschließen – allein die deutsche Seite sträubt sich und verweist auf eine Passage im Koalitionsvertrag, die Erschließungen neuer Lagerstätten ausschließt“, kritisierte Steiger. „Die Erdgasproduzenten sind bereit, die Möglichkeiten vorhanden, die Förderung wäre aufgrund höherer Standards sogar umweltfreundlicher als der Import aus Russland“, sagte er. „Darüber hinaus gibt es weitere große Vorkommen, die durch umweltfreundliche Fracking-Technologie gefördert werden könnten.“ Steiger verwies auf Schätzungen der TU Bergakademie Freiberg, die von etwa 800 Milliarden Kubikmetern Erdgasvorkommen in Deutschland ausgehen, die mittels Fracking erschlossen werden können. „Die Abhängigkeit von Importen könnte damit deutlich verringert werden.“ Steiger forderte die Bundesregierung zum Umdenken auf. „Die Vereinbarungen aus dem Ampel-Koalitionsvertrag sind beim Erdgas genauso wie bei Kohleverstromung und bei Kernkraftwerken durch die Realität eingeholt worden.“ Es gebe Lösungswege, allein fehle es an politischem Willen. „Ich erwarte hier ein schleuniges Umsteuern der Politik.“

FDP-Generalsekretär wirft Habeck Untätigkeit vor

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Untätigkeit vorgeworfen. „Aus meiner Sicht tut er zu wenig“, sagte er den Partnerzeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft. Seit Anfang März sei klar gewesen, dass Russland den Gashahn zudrehen könnte und die Speicher deswegen schnellstmöglich gefüllt werden müssen. „Es ist bedauerlich, dass der Wirtschaftsminister trotzdem so lange gebraucht hat, die Kohlekraftwerke zu reaktivieren, um die Gaskraftwerke herunterzufahren“, so Djir-Sarai. Appelle des Wirtschaftsministers, kürzer zu Duschen, nannte er „zu plump“. Aufgabe des Wirtschaftsministers sei es, „Versorgungssicherheit zu gewährleisten und nicht Dusch-Tipps zu geben“, sagte der FDP-Politiker. Noch sei man in einer Situation, in der ein Krisenszenario verhindert werden könnte. Nötig sei dafür ein Energie-Gipfel „mit allen relevanten Akteuren“, auf dem auch die Atom-Laufzeitverlängerung „ideologiefrei diskutiert“ werden müsste. „Es geht nicht darum, wieder in die Kernenergie einzusteigen, sondern darum, das Stromangebot zu erhöhen, um den Druck auf die Preise zu nehmen“, so Djir-Sarai. Er bekräftigte zudem die Forderung der Liberalen nach Steuersenkungen. „Wir wollen die Abschaffung der kalten Progression“, sagte er. Es dürfe nicht sein, dass Lohnerhöhungen von der Inflation aufgefressen werden. Djir-Sarai äußerte sich zuversichtlich, dass man trotz Meinungsverschiedenheiten auch die Koalitionspartner davon überzeugen könne. „Das wird uns aber gelingen, denn dieses Land besteht nicht nur aus Bedürftigen und Superreichen, sondern vor allem aus einer hart arbeitenden Mitte.“

FDP-Fraktionschef will Atomkraftwerke länger laufen lassen

FDP-Fraktionschef Christian Dürr will mit längeren Laufzeiten für die Kernkraftwerke den Anstieg der Energiepreise begrenzen. „Selbst wenn es nicht zu Versorgungsengpässen kommt – und daran arbeitet die Ampel auf Hochtouren – werden unsere Gasressourcen schrumpfen“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Freitagausgaben). „Auch aus diesem Grund sollten die drei verbliebenen Kernkraftwerke am Netz bleiben, denn ein höheres Angebot an Strom auf dem Markt wirkt sich entlastend auf die Preise aus“, hob er hervor. Die Laufzeitverlängerung könnte die Verbraucher vor den steigenden Energiekosten schützen, so Dürr. „Ich rate dringend dazu, die Laufzeiten der Kernkraftwerke für einen befristeten Zeitraum zu verlängern.“ Denn es gehe zum einen darum, die drohende Energielücke im Herbst zu schließen und dafür zu sorgen, dass Gas nicht länger zur Stromerzeugung genutzt werden müsse. „Mindestens genauso wichtig für die Menschen ist aber die Frage der Preise“, sagte er. +++