Bundestag beschließt hart umkämpftes Heizungsgesetz

Auch nach Verabschiedung weiterhin viel Kritik an Heizungsgesetz

Der Bundestag hat das umstrittene Heizungsgesetz beschlossen. Für die entsprechenden Änderungen am Gebäudeenergiegesetz (GEG) votierten am Freitag in namentlicher Abstimmung 399 Abgeordnete, 275 dagegen bei fünf Enthaltungen. Die Verabschiedung war ursprünglich bereits für den 7. Juli vorgesehen gewesen, doch das Bundesverfassungsgericht stoppte dieses Vorhaben zwei Tage vorher. Der Unionsabgeordnete Thomas Heilmann hatte in einem Eilantrag geltend gemacht, aufgrund knapper Beratungszeiten in seinen Rechten als Abgeordneter verletzt zu sein. Zuvor hatte es bereits hitzige Debatten, auch innerhalb der Ampel, über das Gesetz gegeben. Der ursprüngliche Regierungsentwurf war durch einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen vor allem dahingehend verändert worden, dass Regelungen zur Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung inklusive Übergangsregelungen aufgenommen wurden.

Die Regelungen des GEG sollen für Neubauten ab dem Jahr 2024, für Bestandsbaut  en in Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern ab dem 30. Juni 2026 und in Bestandsbauten in Gemeinden mit bis zu 100.000 Einwohnern ab dem 30. Juni 2028 gelten, wenn nicht bis dahin eine kommunale Wärmeplanung vorliegt. In ab 2024 eingebauten Heizungen muss laut Entwurf sichergestellt werden, dass ab 2029 mindestens 15 Prozent, ab 2035 mindestens 30 Prozent und ab 2040 mindestens 60 Prozent der Wärme aus Biomasse oder grünem oder blauem Wasserstoff einschließlich daraus hergestellter Derivate erzeugt wird. Aufgenommen wurde zudem eine Beratungspflicht vor dem Einbau neuer Heizungen, die mit festen, flüssigen oder gasförmigen Brennstoffen betrieben werden. Der Entwurf enthält ferner Regelungen für eine Modernisierungsumlage, nach denen zehn Prozent der Modernisierungskosten auf die Mieter umgelegt werden können, wobei maximal 50 Cent pro Quadratmeter umlagefähig sind. Außerdem wurden Regelungen zur Nutzung von Biomasse im Neubau, von Solarthermie-Hybridheizungen, zu Holz- und Pelle  theizungen sowie zu Quartieren (verbundene Gebäude) aufgenommen. Die Pflicht zur Solarthermie und für Pufferspeicher sowie die Altersgrenzenregelung wurden aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung wieder gestrichen. Darüber hinaus sollen die Gemeinden verpflichtet werden, bis zum 30. Juni 2028 eine kommunale Wärmeplanung zu erstellen, Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern sollen die kommunale Wärmeplanung bereits bis zum 30. Juni 2026 erstellen müssen. Die Kosten des Heizungsaustausches (maximal 30.000 Euro bei Einfamilienhäusern und einer nach Wohneinheiten gestaffelten Grenze bei Mietparteienhäusern) sollen mit einer Grundförderung von 30 Prozent, einem Einkommensbonus von 30 Prozent bis zu einem maximalen Haushaltseinkommen von 40.000 Euro und einem zeitlich abschmelzenden Geschwindigkeitsbonus von 20 Prozent gefördert werden, wobei die Maximalförderung bei 70 Prozent liegen soll.

Auch nach Verabschiedung weiterhin viel Kritik an Heizungsgesetz

Auch nach seiner Verabschiedung stößt das sogenannte „Heizungsgesetz“ weiterhin auf deutliche Kritik. „Es ist dramatisch, dass die Ampel-Regierung alle klimapolitischen Ambitionen anscheinend aufgegeben hat“, sagte DUH-Geschäftsführerin Barbara Metz. „Die Probleme werden einfach weiter in die Zukunft verlagert. Die Ampel-Fraktionen haben keine tragfähige Lösung für die Probleme vorgelegt, sondern lassen zu, dass die Klimaziele verfehlt und die Menschen mit niedrigen Einkommen in die Energiekostenfalle getrieben werden.“ Die Rechnung für das klimapolitische Wegducken der Bundesregierung zahlten am Ende vor allem die Menschen zuhause, die „mit der falschen Hoffnung auf erneuerbare Brennstoffe noch für Jahrzehnte an fossile Energieversorgung gebunden sein werden“. Jetzt bleibe nur noch der Rechtsweg, um Klima und Menschen zu schützen, so Metz.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) verteidigte das deutlich überarbeitete Gesetz. Die vielen Disku  ssionen und Gespräche hätten das Gesetz besser gemacht. Nun könne man sagen, es sei „eine zentrale Weichenstellung für den Klimaschutz“, so Habeck. „Wir werden unabhängiger von fossiler Energie und stärken so die Energiesicherheit.“ Das Gesetz biete einen wirksamen Schutz Verbraucher vor steigenden Preisen für Erdgas und Erdöl. „Es gibt in Zukunft bis zu 70 Prozent Förderung für den Heizungstausch, um insbesondere Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen zu unterstützen“, sagte Habeck. Vom Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) gibt es für die Ausgestaltung der Förderung jedoch Kritik. „Zwar sollen künftig private Haushalte mit geringem und mittlerem Einkommen stärker unterstützt werden, die Gesamtförderhöhe soll aber deutlich sinken“, sagte VZBV-Vorständin Ramona Pop. Auch der Eigentümerverband Haus und Grund pochte auf eine Ausweitung der Fördermöglichkeiten. „Die Möglichkeit den Einkommens- bzw. Geschwindigkeitsbonus in Anspruch zu nehmen, muss auf alle Eigentümerhaushalte ausgeweitet werden – ganz gleich, ob Selbstnutzer, Teileigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft oder Vermieter“, teilte der Verband den Zeitungen der Mediengruppe Bayern mit. Die Ausweitung auf Vermieterhaushalte dämpfe auch für deren Mieter den Wohnkostenanstieg, „denn jeder geförderte Euro darf bei einer Mieterhöhung nach Sanierung nicht umgelegt werden“, so Haus und Grund.

Bundesbauministerin Klara Geywitz sagte, das Gesetz bringe das Land dem Ziel der Klimaneutralität 2045 „ein gutes Stück näher, ohne dabei die Eigentümer und Mieter zu überfordern“ und biete „echte Technologieoffenheit“. Zur Erfüllung der Vorgabe, dass künftig mindestens 65 Prozent Erneuerbare Energien zum Heizen genutzt werden sollen, habe jeder Gebäudeeigentümer die Möglichkeit, „die für ihn passende und sachgerechte Option“ zu wählen, so Geywitz. Die FDP wertet das als ihren Erfolg. „Wir haben den ursprünglichen Gesetzentwurf um 180 Grad gedreht und so vom Kopf auf die Füße geste  llt“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Lukas Köhler. „Entscheidend ist, dass es keine Eingriffe ins Eigentum gibt und zuerst der Staat mit einer kommunalen Wärmeplanung in Vorleistung gehen muss.“ Niemand müsse eine funktionierende Heizung ausbauen und Reparaturen blieben jederzeit möglich, so Köhler. Gerade die Vielzahl an Optionen sehen Verbraucherschützer als Problem. Wer seine Heizung ab 2026 oder 2028 ersetzen wolle oder müsse, stehe vor einem „Dschungel an Optionen“, sagte VZBV-Vorständin Pop. „Vor allem bei Wasserstoffheizungen drohen Privathaushalten Kostenfallen. Mit erneuerbaren Energien erzeugter Wasserstoff wird auf ab­sehbare Zeit nur in geringen Mengen verfügbar und sehr teuer sein“, warnte die Verbraucherschützerin und riet Betroffenen zu einer unabhängigen Energieberatung.

Der heimische Bundestagsabgeordnete Michael Brand erklärte: „Dieses Gesetz bleibt schlicht Murks, es muss dringend, in einem geordneten Verfahren parlamentarischer Beratung, beraten und verlässlich gestaltet werden. Das war das Ziel des Urteils des Bundesverfassungsgerichts, und das hat die Koalition noch umzusetzen. Die Union hat eigene Vorschläge eingebracht, die dabei sehr nützlich sein können. Dazu zählen echte  Technologieoffenheit, weniger ideologische Regelwut bis in Details hinein, eine Regelung im Einklang mit der europäischen Klimapolitik und auch die Nutzung von klimafreundlichen Energiequellen in Deutschland. So wird der Klimaschutz zum Erfolg, nicht durch Ideologie bei Heizung & Co.“

„Für die Bürgerinnen und Bürger in Hessen ändert sich zum 1. Januar 2024 erst einmal nichts – und auch danach gilt dauerhaft echte Technologieoffenheit“, sagt der FDP-Bundestagsabgeordnete Jürgen Lenders. Das grundlegend veränderte Gebäudeenergiegesetz wird unmittelbar nur für Neubaugebiete gelten. Für alle anderen Gebäude tritt die Gesetzesnovelle erst in Kraft, wenn für ihren Wohnort eine kommunale Wärmeplanung vorliegt. Darin legen Städte und Kommunen bis spätestens 2028 einen maßgeschneiderten Plan vor, wie sie ihre Ressourcen optimal nutzen und welche Optionen vor Ort für klimafreundliches Heizen bestehen werden. Lenders erklärt: „Dadurch stellen wir sicher, dass die Heizung zum Haus passt und nicht umgekehrt. Hauseigentümer in Hessen sollen weiter selbstbestimmt entscheiden können.“ +++

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