Bundesfinanzministerium weist EU-Kommission in die Schranken

Ausgaben in Staaten mit finanziellen Spielräumen beflügelten die Wirtschaft

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Berlin. Der Chef-Ökonom des Bundesfinanzministeriums verwehrt sich gegen das Ansinnen der EU-Kommission, als europäischer Finanzminister in der Eurozone zu agieren. „Der Anspruch der Kommission ist politisch wie ökonomisch höchst problematisch“, schreibt Ludger Schuknecht zusammen mit seinem für Europa zuständigen Kollegen Thomas Westphal in einem Beitrag in der „Süddeutschen Zeitung“.

Die Kommission argumentiere, höhere Ausgaben in Staaten mit finanziellen Spielräumen beflügelten die Wirtschaft in den anderen Mitgliedstaaten. Dies gelte insbesondere dann, wenn die EZB die Zinsen niedrig halte. „Dafür gibt es allerdings keine Evidenz“, widersprechen die Autoren. Alle Übertragungseffekte seien denkbar klein. „Mit öffentlichen Geldern Brücken und Straßen in Deutschland zu bauen, ebnet Portugal nicht den Weg in eine bessere wirtschaftliche Zukunft“. Die Kommission schüre „nicht nur Erwartungen, die sich bei konjunkturpolitischen Maßnahmen schon auf nationaler Ebene als wenig versprechend erwiesen haben. Sie lenkt den Blick weg von strukturellen Herausforderungen, die oft erst mit der Zeit deutlicher zu Tage treten. Diese lassen sich nicht mit Konjunkturspritzen kurieren“.

Hintergrund der harschen Kritik ist die Stellungnahme, die die EU-Kommission Mitte November zu den Haushaltsplänen der EU-Mitgliedsländer abgegeben hatte. Sie erklärte einen „besonderen politischen Willen“, und der zuständige Kommissar kündigte an, wie ein „europäischer Finanzminister“ handeln zu wollen. Die Kommission wolle die Haushaltspolitiken der Mitgliedstaaten an der gesamten Eurozone ausrichten – um Konjunkturpolitik zu betreiben. Diesen Anspruch weist das Bundesfinanzministerium zurück. „Jedes einzelne Land in der Währungsunion muss die Nachhaltigkeit in der Finanzpolitik sicher stellen“. Die deutsche Erfahrung zeige, „dass eine glaubwürdige Konsolidierungsstrategie für die öffentlichen Haushalte Vertrauen und Wachstum stärkt. 2010 wurde die Schuldenbremse in der Verfassung verankert, seit 2012 ist der Staatshaushalt fast ausgeglichen.“ +++