Bundesärztekammer-Vize will Booster-Impfung für alle

Datenmodellierer befürchtet Inzidenz über 400 Ende November

Angesichts der angespannten Corona-Lage fordert die Vizepräsidentin der Bundesärztekammer, Ellen Lundershausen, eine Auffrischimpfung für alle. „Wir müssen demnächst jedem eine Booster-Impfung nach 6 Monaten zur Verfügung stellen“, sagte sie dem „Stern“ und der RTL/n-tv-Redaktion. Sie gehe davon aus, dass die Booster-Impfung für jeden nötig sein werde, um sich weiterhin vor einer heftigen Corona-Erkrankung zu schützen. Ähnlich wie die Grippe-Impfung wird es laut Lundershausen eben immer wieder eine Corona-Impfung geben. In Anbetracht der 4. Welle, sagte die Medizinerin, die auch Präsidentin der Landesärztekammer Thüringen ist: „Das Entscheidende ist außerdem die konsequente Einhaltung der AHA-Regeln.“ Hier dürfe die Bevölkerung nicht nachlässig werden.

Drosten weist Verantwortung für Schulschließungen zurück

Virologe Christian Drosten weist die Verantwortung für Schulschließungen während der ersten Welle der Corona-Epidemie von sich. Er habe nur lokale Schließungen einzelner Schulen befürwortet, sagte er der Wochenzeitung „Die Zeit“. Und das „hätte in der ersten Welle wahrscheinlich auch gereicht“, so der Wissenschaftler. Er habe das den verantwortlichen Ministerpräsidenten auch so gesagt. „Aber am nächsten Morgen kamen die Nachrichten, dass ein Bundesland nach dem anderen die Schulen schließt. Das muss die Diskussionsdynamik dieser Ministerpräsidentenkonferenz gewesen sein, nachdem wir den Raum verlassen hatten.“ Die Gründe dafür sind dem Virologen bis heute ein Rätsel: „Wer das vorangetrieben hat, weiß ich nicht. Ich war nicht dabei. Ich kann nur deutlich sagen: Das war ein rein politischer Beschluss, das ist nicht von der Wissenschaft so empfohlen worden.“ Ihn ärgere das, so Drosten, weil ihm diese Entscheidung trotzdem bis heute anhänge: „Herr Droste n ist verantwortlich für das Schließen der Schulen. Drosten, der Kinderquäler. Keiner der beteiligten Politiker hat das je richtiggestellt.“ Der Virologe hält weiterhin die moderne Massentierhaltung für gefährlich. „Die Tierhaltung bietet ideale Bedingungen für ein Virus, um sich an den Menschen anzupassen“, sagte er der Wochenzeitung. So stünden etwa die Marderhunde, die für die chinesische Pelzindustrie gehalten würden, mit dem Sars-Virus in Verbindung, während es im Mittleren Osten Kamele seien, von denen eine Gefahr ausgehe: „Bei Kamelen gibt es das Mers-Virus, das den Menschen befallen und auch von ihm weitergegeben werden kann.“ Auch Europa mit seiner Massentierhaltung sei eine potenzielle Brutstätte für neue Erreger: „Was wir hier mit den Schweinen machen, ist auch nicht gut.“ Insgesamt werde sich das Problem angesichts der wachsenden Weltbevölkerung noch verschärfen, prognostizierte Drosten: „Eine wachsende Menschheit mit einem wachsenden Fleischhunger: Hier steckt das Risik o für künftige Pandemien.“ So werde es auch in Afrika bald mehr industrielle Landwirtschaft geben. „Und das in Regionen mit großer Wildtier-Diversität. Da mache ich mir dann noch größere Sorgen: Die Ratte läuft in den Stall, die Fledermaus hängt unterm Dach. Was bringen die mit?“

Datenmodellierer befürchtet Inzidenz über 400 Ende November

Der Pharmazieprofessor und Datenmodellierer Thorsten Lehr betreibt seit März 2020 ein Corona-Prognosemodell, das verschiedene Szenarien für den Verlauf der Corona-Pandemie berechnet. „Ende des Monats wird die bundesweite Inzidenz bei über 400 liegen“, wenn es so weitergehe wie bisher, sagte er dem Nachrichtenportal Watson. „2G ist derzeit in meinen Augen der beste Kompromiss, den wir haben, weil der Lockdown an sich zur Persona non grata degradiert worden ist“, so der Wissenschaftler. Lehr ist aber der Meinung, dass die Politik schlussendlich gezwungen sein wird, noch härtere Maßnahmen zu ergreifen: „2G ist letztendlich der Strohhalm, den wir jetzt gerade haben. Es ist der härteste Hammer, der gerade so rumliegt. Aber ob er reicht, das wage ich erst mal zu bezweifeln“, so der Datenmodellierer. „Es würde mich wundern, wenn wir einen Weg ohne härtere Maßnahmen durch diesen Herbst und Winter finden.“ Der Pharmazeut kritisiert, dass die Politik nicht präventiv genug handelt: „Impfen und Boostern bringt uns kurzfristig nichts. Über die nächsten drei bis vier Wochen bringt uns das keine große Entlastung“, da der Immunschutz erst später vollständig sei. Es brauche jetzt zeitnah strengere Maßnahmen. „Der Bevölkerung wird nicht kommuniziert, wie die Lage ist und die ist in meinen Augen extrem ernst im Moment“, sagte der Wissenschaftler. „Der schlimmste Teil des Infektionsgeschehens wird uns noch bevorstehen gegen Ende des Jahres.“ +++