Brüssel hat möglicherweise rechtliche Bedenken gegen Transitzonen

Brüssel/Berlin. Die Einrichtung von Transitzonen für Flüchtlinge in Deutschland könnte möglicherweise auf rechtliche Bedenken in Brüssel stoßen. Das berichtet die „Welt“ unter Berufung auf hohe EU-Kreise. In diesen Kreisen hieß es, Transitzonen wären längerfristig nur in EU-Ländern mit einer Außengrenze, beispielsweise zu Drittstaaten, möglich. Zwischen Ländern, die dem Schengen-Raum angehören und eigentlich keine Binnengrenze mehr haben, sei dies dagegen nur in Ausnahmefällen für kurze Zeit denkbar. Die für Asylfragen zuständige Sprecherin der EU-Kommission, Natasha Bertaud, sagte der „Welt“: „Die EU-Kommission schaltet sich nicht ein in Gespräche über künftige nationale Gesetzgebung, die noch verabschiedet werden muss.

Generell sieht die Richtlinie für Asylverfahren vor, dass die Mitgliedstaaten Verfahren anwenden dürfen, um in Transitzonen an den Außengrenzen der Mitgliedsländer über die Zulässigkeit eines Asylverfahrens zu entscheiden“. Hintergrund: In der Koalition gibt es massiven Streit über die Einrichtung von Transitzonen für Flüchtlinge an Grenzen. Während sich CSU-Chef Horst Seehofer nach eigenen Worten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel darüber einig ist, solche Wartezonen einzurichten, kommt aus der SPD heftiger Widerstand. Seehofer und Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) erwarten durch die Einrichtung von Transitzonen an den Grenzen eine echte Beschleunigung der Asylverfahren. Ablehnungen könnten dann innerhalb weniger Tage erfolgen. Dabei geht es zunächst um Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten, also vor allem aus den Balkanländern. Für sie sind die Chancen auf Asyl ohnehin gering, sie sollen gar nicht erst in Aufnahmelagern unterkommen und dort monatelang bleiben können, sondern direkt an der Grenze abgewiesen werden. Aber auch Menschen ohne Pässe oder mit gefälschten Papieren wären betroffen. Hier ist der Anteil von Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisenstaaten wie Syrien, Afghanistan und Pakistan durchaus beträchtlich.

SPD lehnt Transitzonen ab

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat die Forderung der Union, an der deutschen Grenze Transitzonen für Flüchtlinge einzurichten, vehement abgelehnt. Der Justizminister sagte der „Süddeutschen Zeitung“, eine schnellere Registrierung der Flüchtlinge sei „sicher notwendig“, aber „Zehntausende Flüchtlinge an der Grenze in Haft zu nehmen, schafft mehr Probleme als es löst“. Der Vorschlag der Union sei deshalb „praktisch undurchführbar“. Eine Landesgrenze sei „schlicht kein Flughafen“. Wer Transitverfahren trotzdem einfach von Flughäfen auf Landesgrenzen übertragen wolle, schaffe „Massenlager im Niemandsland“, warnte Maas. Der Justizminister sagte, derartige Einrichtungen wären „keine Transitzonen, sondern Haftzonen“. Es wäre „ein fatales Signal“, Menschen, die nach Deutschland kommen, „weil sie in ihrer Heimat vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, als erstes in Haft zu nehmen“. Der Justizminister betonte, die Flüchtlingsfrage könne nicht gelöst werden, „indem wir Deutschland einzäunen“. Stattdessen müsse alles versucht werden, „um die Fluchtursachen in den Herkunftsländern zu bekämpfen“. Außerdem müsse sich die EU „zusammenraufen“, forderte Maas. Es müssten „endlich alle EU-Länder ihrer Verantwortung gerecht werden“. Nach Schätzungen aus Regierungskreisen würden fast 100.000 Flüchtlinge monatlich unter das von der Union geplante Transitzonen-Verfahren an der Landesgrenze fallen.

SPD-Vize Ralf Stegner hat sich skeptisch gegenüber der Einrichtung von Transitzonen in der Flüchtlingskrise gezeigt. „Wenn mit den sogenannten Transitzonen neue Abschiebegefängnisse ohne individuelle Prüfverfahren an den Grenzen gemeint sind, ist das nicht mit unserem Grundrechtsverständnis vereinbar“, sagte er dem „Tagesspiegel“. Gehe es hingegen nur um schnellere Prüfverfahren und eine effizientere Verteilung der Flüchtlinge, stelle sich die Frage, wozu neue Transitzonen notwendig seien. Sinnvoller sei es, für Verbesserungen in den zentralen Flüchtlingsaufnahmeeinrichtungen der Länder zu sorgen. Bei dieser Aufgabe versage Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und das Bundesamt für Migration seit Monaten, kritisierte Stegner. „Statt ständig neue Vorschläge zu machen, die entweder unpraktikabel oder hinsichtlich ihrer Verfassungskonformität hochgradig zweifelhaft sind, sollten endlich die Vereinbarungen von Bund und Ländern konsequent umgesetzt werden“, verlangte Stegner.

Kauder: Koalition bereitet Transitzonen vor

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) hat im Streit um Transitzonen an deutschen Außengrenzen eine Lösung in der Koalition angekündigt: „Ich halte solche Transitzonen für sinnvoll. Die Koalition wird das jetzt vorbereiten“, sagte Kauder der „Rheinischen Post“ (Dienstagausgabe). „Transitzonen an den Landesgrenzen stehen grundsätzlich im Einklang mit einer EU-Verfahrensrichtlinie, an deren Umsetzung wir arbeiten.“ Führende SPD-Politiker hatten sich zuvor vehement gegen die Einrichtung von Transitzonen ausgesprochen: So sagte Justizminister Heiko Maas der „Süddeutschen Zeitung“, eine schnellere Registrierung der Flüchtlinge sei „sicher notwendig“, aber „Zehntausende Flüchtlinge an der Grenze in Haft zu nehmen, schafft mehr Probleme als es löst“. Der Vorschlag der Union sei deshalb „praktisch undurchführbar“. Eine Landesgrenze sei „schlicht kein Flughafen“. Wer Transitverfahren trotzdem einfach von Flughäfen auf Landesgrenzen übertragen wolle, schaffe „Massenlager im Niemandsland“, warnte Maas. Auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann wandte sich gegen die Einrichtung von Transitzonen: „Wir brauchen dringend mehr Ordnung bei der Einreise von Flüchtlingen, aber die Einrichtung von Haftanstalten für Tausende von Flüchtlingen an der Grenze lehne ich ab.“ Bundeskanzlerin Merkel hält Transitzonen für Flüchtlinge nicht für eine geeignete Lösung. Das sagte Sie am Rande einer Regionalkonferenz der CDU in Stade. +++ fuldainfo

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