Brexit beschäftigte hessischen Landtag

Waschke (SPD): Brexit darf keinen Einfluss auf Freundschaft haben

Das Thema „Brexit“ war auch Thema im hessischen Landtag. Die europapolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Sabine Waschke, hat dafür geworben, die Freundschaft zu Großbritannien auch nach dem Brexit zu pflegen. In der Plenardebatte des Hessischen Landtags, der heute über die Folgen des Brexit für Hessen diskutierte, sagte Waschke: „Der Ausstieg Großbritanniens aus der Europäischen Union bedeutet eine Zäsur in unserer gemeinsamen Geschichte. Da unsere Freundschaft weit über reine Wirtschaftsbeziehungen hinausgeht, respektieren wir die Entscheidung der Briten, auch wenn sich eine Mehrzahl der Mitglieder des Hessischen Landtags im Sinne der Europäischen Idee sicherlich etwas anderes gewünscht hätte.“

75 Jahre nach Kriegsende könne man zufrieden auf viele Städte- und Gemeindepartnerschaften zwischen Hessen und Großbritannien zurückblicken. „Es gab Zeiten, an denen sich Menschen aus Großbritannien und Hessen als Feinde gegenüberstanden. Unsere Städte- und Gemeindepartnerschaften sind ein Akt der Versöhnungsbereitschaft, des aktiven Friedenschließens. Solche Freundschaften werden nicht mit dem Brexit enden“, so Sabine Waschke. Der Antrag der Regierungskoalition aus CDU und Grüne setze einen klaren Schwerpunkt auf die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Hessen und Großbritannien. Das reiche aber aus Sicht der SPD-Fraktion nicht aus. „Natürlich müssen wir eine Wirtschaftspartnerschaft von Umwelt- und Sozialstandards, staatlichen Beihilfen und Steuerfragen abhängig machen. Und natürlich wäre es ein großer Verhandlungserfolg, wenn es am Ende hieße: Null Zölle, null Quoten, null Dumping. Aber wir sollten in erster Linie eine Partnerschaft mit Großbritannien anstreben, die unsere gemeinsame Freundschaft und unsere Gemeinsamkeiten in den Mittelpunkt stellt. Der Antrag von CDU und Grüne stellt viel zu sehr die hessischen Interessen in den Vordergrund. Dabei waren es genau solche Reduzierungen auf die eigenen Interessen, die den Brexit überhaupt erst möglich gemacht haben“, stellt die SPD-Landtagsabgeordnete heraus.

FDP: Austritt aus EU sollte Europa aufrütteln

„Der Brexit schwächt die europäische Idee, das Gewicht Europas in der Welt, aber auch die marktwirtschaftlichen Kräfte in der Europäischen Union“, meint der europapolitische Sprecher der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, Oliver Stirböck. Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ist nach Auffassung Stirböcks auch eine Folge der Krise der Europäischen Union. Die EU habe viel von ihrer Strahlkraft verloren, weil sie keine Antworten auf die großen Herausforderungen gegeben, sondern sich zu oft im Klein-Klein verloren habe. Die Entscheidung des Vereinigten Königreichs zeige daher einen deutlichen Handlungsbedarf innerhalb der Europäischen Union auf. So seien etwa die Vollendung des digitalen Binnenmarkts und einer Kapitalmarktunion „dringliche Aufgaben“, um Europas Chancen zu nutzen. „Der Brexit sollte aufrütteln, Europa besser zu machen.“ Stirböck mahnt auch nach dem Brexit, die vielfältigen kulturellen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Vereinigten Königreich und Hessen nach dem Austritt bestehen zu lassen. „Wir sollten sie sogar vertiefen, etwa beim Schüleraustausch“, um die „europäische Flamme“ im Vereinigten Königreich weiter lodern zu lassen. Für Hessen mit seiner exportorientierten Wirtschaft müsse ein „umfassendes Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien jetzt hohe Priorität haben“, unterstreicht Stirböck. Das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada, CETA, könne hier als Blaupause dienen. Schwarz-Grün fremdele aber erkennbar mit dem Freihandel. Die Landesregierung müsse auch im Hinblick auf den Finanzplatz Frankfurt in den Verhandlungen über die Beziehungen darauf hinwirken, dass faire Wettbewerbsbedingungen und klare Regeln für die Finanzbranche beider Seiten verbindlich vereinbart werden. Bei der Anwerbung von Unternehmen im Zuge des Brexit sei die Landesregierung nicht ganz so erfolgreich wie erhofft gewesen. Nach einer Studie des Forschungsinstituts New Financial seien die Gewinner eher Dublin und Paris gewesen.

CDU: Negative Auswirkungen sollen so gering wie möglich bleiben

„Wir bedauern den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union nach wie vor. Denn egal wie sich die weiteren Beziehungen gestalten werden, besser dürften sie nicht werden. Wir als Land Hessen haben ein großes Interesse daran, dass die negativen Auswirkungen des Austritts so gering wie möglich bleiben. Dies gilt für die Menschen, die Unternehmen und Institutionen wie Hochschulen, Schulen oder Vereine, die beidseitige Kontakte unterhalten. Das Aushandeln von Handelsverträgen zwischen der EU und anderen Nationen dauert Jahre. Daher befürworten wir ausdrücklich, dass die für das „no-deal Szenario“ erarbeiteten Vorbereitungsmaßnahmen der Landesregierung bis zum Ablauf der Übergangsfrist aufrechterhalten werden. Das künftige Freihandelsabkommen zwischen dem UK und der EU muss ein ‚gemischtes Abkommen‘ sein, das nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der EU fällt. Wir unterstützen die Landesregierung dabei unsere Interessen bei der Ausgestaltung der künftigen Beziehungen intensiv einzubringen. Auch wenn der Brexit einen Einschnitt markiert, so bleibt doch die Hoffnung, dass Großbritannien und die EU sich in den kommenden Jahren wieder annähern werden“, erklärte der europapolitische Sprecher, Tobias Utter. +++