BAMF soll Ausmaß der Korruptionsvorwürfe verschwiegen haben

Angesichts der neuen Erkenntnisse scharfe Kritik an Innenministerium und BAMF

Zentrale des Bundesamtes.
Zentrale des Bundesamtes. Bild: BAMF

Nürnberg. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat das Ausmaß der aktuellen Korruptionsvorwürfe gegenüber dem übergeordneten Bundesinnenministerium lange Zeit offenbar verschwiegen. Eine Sprecherin des Ministeriums sagte der „Welt“: „Die Hausleitung des Bundesinnenministeriums hat … erst am 19. April 2018 Kenntnis erlangt.“ Das BAMF ließ eine Anfrage der „Welt“ dazu unbeantwortet.

Das Innenministerium war nach eigenen Angaben im April 2017 umfassend über den Abschluss eines ersten Disziplinarverfahrens gegen die Mitarbeiterin der BAMF-Außenstelle Bremen informiert worden. Damals sei es jedoch nur um einen vermuteten Missbrauch in weniger als 30 Fällen gegangen. „Zu diesem Zeitpunkt war weder das Ausmaß, noch die strafrechtliche Relevanz des Fehlverhaltens der Mitarbeiterin erkennbar“, sagte die Sprecherin des Innenministeriums. „Über den weiteren Verlauf hat das BMI erst am 19. April 2018 aufgrund der Mitteilung der polizeilichen Maßnahmen in Bremen … erfahren.“ Die vor wenigen Tagen bekannt gewordenen umfangreichen Korruptionsvorwürfe gegen die gleiche Mitarbeiterin kamen erst im Oktober 2017 auf, also nach Abschluss des ersten Disziplinarverfahrens. Die Nürnberger Behörde erklärte erst vor wenigen Tagen, dass die BAMF-Innenrevision dazu im Dezember 2017 einen Abschlussbericht ausgearbeitet hatte, der „zahlreiche Unregelmäßigkeiten in der Bearbeitung von Asylverfahren in Bremen aufdeckte“.

Das Innenministerium wurde nach eigener Aussage im Januar 2018 aber lediglich darüber informiert, dass Strafanzeige gestellt sowie ein Prüfbericht erstellt wurde und ein weiteres Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei. Das eigentliche Ausmaß habe sich erst durch die Berichterstattung in der vergangenen Woche gezeigt: Im Raum steht mittlerweile der Vorwurf, dass 1200 Asylanträge zu Unrecht bewilligt wurden. Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Luise Amtsberg, übte angesichts der neuen Erkenntnisse scharfe Kritik an Innenministerium und BAMF: „Es ist kaum zu glauben, dass die Hausspitze des Innenministeriums erst vor wenigen Tagen von diesem Fall erfahren haben will“, sagte Amtsberg der „Welt“. „Nicht nur der jetzt bekannt gewordene Fall, auch die Vorfälle der letzten Jahre rufen nach einer tiefgreifenden Reform.“ Amtsberg forderte von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) die Einrichtung einer unabhängigen Expertenkommission, die die Grundlagen für eine tiefgreifende Reform schaffen könne. +++