Baltische Staaten fürchten Einknicken Deutschlands

Saar-Ministerpräsidentin rechnet mit viertem Entlastungspaket

Mit Blick auf die steigenden Energiepreise und eine drohende Gasknappheit im Winter haben die baltischen Staaten die Deutschen vor einem Einknicken gegenüber Russland gewarnt. „Dass einige sagen, man muss dem Erpresser nachgeben, ist brandgefährlich“, sagte Lettlands Regierungschef Krisjanis Karins der „Welt“. „Die Energiekrise wird in diesem Winter ein Problem sein, vielleicht im nächsten. Dann nicht mehr.“

Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas sagte, die einzige Lösung sei, Russland in seine Grenzen zurückzudrängen. „Alles andere bedeutet, dass sich die Aggression für ihn ausgezahlt hat“, sagte Kallas. „Das wäre eine Einladung und kein Staat könnte sich mehr sicher fühlen. Deshalb müssen wir der Ukraine helfen, sich zu verteidigen.“ Zugleich rief sie Deutschland dazu auf, trotz der steigenden Preise solidarisch mit der Ukraine zu bleiben. „In meinem Land haben wir 25 Prozent Inflation. Das ist eine Kriegssteuer“, sagte Kallas der „Welt“. „Wir zahlen sie in Euro, die Ukrainer in Menschenleben.“ Sie verstehe, dass es „schwieriger ist, den Deutschen die Notwendigkeit der aktuellen Politik zu erklären“. Aber es sei die Pflicht der Politik zu erläutern, „warum es notwendig ist, der Ukraine zu helfen“. Die litauische Regierungschefin Ingrida Symonite kritisierte Forderungen, angesichts des Stillstands von Nord Stream 1 die Pipeline Nord Stream 2 in Betrieb zu nehmen, als „Gerede“. Sie wies darauf hin, dass Russland selbst bei tatsächlichen technischen Problemen mit Nord Stream 1 sein Gas auch über den Landweg schicken könnte. „Es gibt die Jamal-Pipeline, die über Land verläuft und die Russland nutzen könnte“, sagte Symonite der „Welt“. „Glaubt denn wirklich jemand, dass es technische Probleme mit Nord Stream 1 gibt?“, fügte die Symonite hinzu.

Saar-Ministerpräsidentin rechnet mit viertem Entlastungspaket

Die saarländische Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) rechnet bereits mit einem vierten Entlastungspaket. „Was jetzt auf den Weg gebracht wurde, muss dafür sorgen, dass die Strompreise nicht ins Unendliche steigen“, sagte sie der „Rheinischen Post“. „Je besser das gelingt, desto weniger müssen wir entlasten. Es dürfte trotzdem nicht das letzte Entlastungspaket sein.“ Sollte sich die Situation weiter verschärfen, müsse man erneut handeln. „Dann müssen wir den Mittelstand in den Fokus rücken“, so Rehlinger. Verweise auf KfW-Programme reichten dann nicht mehr. „Die Lücke, die es im bisherigen Paket bei den Rentnern gegeben hat, darf die Bundesregierung jetzt nicht bei den Bäckerbetrieben und anderen aufreißen. Es braucht dann gerade für die kleinen und mittleren Unternehmen weitere Entlastungen“, sagte die SPD-Politikerin. Die Länder werden nach den Worten der saarländischen Ministerpräsidentin die Ausgestaltung des dritten Entlastungspakets nicht einfach durchwinken. „Wichtige Detailfragen müssen noch von den zuständigen Ministern geklärt werden und wir Länder werden auch noch bei einer MPK mitzureden haben“, sagte sie der Zeitung. Auch das neue Paket enthalte Maßnahmen, die schnell greifen würden. Wichtig sei gewesen, dass diesmal Rentner und Studierende mit einbezogen worden seien. „Andere Maßnahmen bedürfen intensiver Vorbereitung, etwa, wenn man auf den komplexen Strommarkt zugreift“, ergänzte die Ministerpräsidentin. „Da muss der Bundeswirtschaftsminister jetzt schnell liefern. Aber das Signal ist ausgesendet: Die Strompreise werden gedeckelt.“ Die Abschöpfung von Zufallsgewinnen behebe zudem ein Gerechtigkeitsproblem. „Das zählt“, so Rehlinger. Die Pläne der Bundesregierung über eine Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket sind nach Ansicht der Ministerpräsidentin nicht überzeugend. „Ich halte ein solches Ticket für richtig. Aber Länder mit klammer Kasse können da nicht automatisch vor Freude  in die Hände klatschen“, so die Sozialdemokratin. Jeder gucke nun, inwiefern der eigene Landeshaushalt belastet werde „und dann werden das noch intensive Gespräche mit dem Bund“. Für das Saarland gelte: „Wir haben an keiner Stelle Geld übrig.“ Die Einnahmesituation des Bundes sei deutlich komfortabler als die der Länder. „Bundesverkehrsminister Wissing muss endlich einen großen Aufschlag für den ÖPNV präsentieren“, forderte Rehlinger. „Ein Preissignal ist wichtig. Aber wir müssen generell beim ÖPNV weiterkommen und das Angebot verbessern. Dazu braucht es eine deutliche Erhöhung der Regionalisierungsmittel“, forderte die Ministerpräsidentin. Das dritte Entlastungspaket der Ampel-Koalition sieht vor, dass sich der Bund mit 1,5 Milliarden Euro im Jahr an dem künftigen Ticket beteiligt – wenn die Länder ihrerseits zur Finanzierung beitragen. +++

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