
Berlin. Wer in den nächsten Tagen mit der Bahn fahren will, muss zittern, ob sein Zug auch kommt oder ob die Lokführer streiken. Schon zum siebten Mal wollen sie in der laufenden Tarifrunde die Arbeit verweigern. So verfahren, wie die Verhandlungen sind, dürfte es nicht der letzte Streik sein. Die Leidtragenden sind alle Kunden und nicht nur die Bahn, die schon bisher einen Schaden von 150 Millionen Euro beklagt. Verhandelt wird bereits seit sieben Monaten.
Doch über Inhalte, die Forderung nach fünf Prozent mehr Lohn und die Verkürzung der Arbeitszeit um eine Stunde pro Woche, wurde bisher noch gar nicht gesprochen. Es geht nur darum, dass die Lokführergewerkschaft GDL einen Tarifvertrag auch für Zugbegleiter, Speisewagen-Mitarbeiter oder Planer des Zugverkehrs durchsetzen will, die bei ihr Mitglied sind. Für sie war – wie für den großen Rest der Bahn-Beschäftigten – bisher ausschließlich die konkurrierende Gewerkschaft EVG zuständig. Da tobt ein Machtkampf ohne Rücksicht auf Verluste. Längst sind die Details der Verhandlungen für Außenstehende nicht mehr nachzuvollziehen. Nachdem sich GDL-Chef Claus Weselsky lange kompromisslos gegeben hatte, feierte er kurz vor Weihnachten plötzlich einen Durchbruch, nachdem sich die Bahn bereiterklärt hatte, ohne Vorbedingungen über einen Tarif für alle GDL-Mitglieder zu verhandeln.
Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber konnte den Optimismus ebenso wenig nachvollziehen wie die Rolle rückwärts in den letzten Tagen. Zuletzt stritten beide Seiten heftig, worüber sie sich in stundenlangen Verhandlungen schon geeinigt hatten. Es erinnert an absurdes Theater Ein zentrales Problem ist, dass sich Weselsky den üblichen Regeln von Verhandlungen verweigert. Immer wieder stellt er Ultimaten, welche Forderungen die Bahn erfüllen müsse, um Streiks zu vermeiden. Doch mit Diktaten einer Seite lassen sich keine vernünftigen Tarifverhandlungen führen, ebenso wenig wie mit dem Vorwurf an die Bahn zu „tricksen, täuschen und taktieren“. Wer so kompromisslos agiert, setzt sich selbst ins Unrecht, auch wenn die Bahn sicher konsequent ihre Taktik verfolgt, und die lautet: Möglichst keine großen Unterschiede in den Tarifverträgen für die gleiche Beschäftigtengruppe.
Eigentlich hätte die Bahn genug andere Sorgen. Mit der Pünktlichkeit hat sie ebenso massive Probleme wie mit dem Zustand vieler Strecken. Zudem verliert sie immer mehr Fahrgäste an die Fernbusse. Im Vergleich zur Konkurrenz, und auch zum Auto, ist sie teuer, ihr Preissystem schwer durchschaubar. Kommt auch noch Unberechenbarkeit aufgrund von Lokführerstreiks dazu, dann ist das die beste Werbung für alternative Verkehrsmittel. All das kann zu langfristigen Schäden für den Staatskonzern führen, die letztlich auch die Mitarbeiter einschließlich der Lokführer zu spüren bekommen. Angesichts der Unerbittlichkeit, mit der dieser Konflikt ausgetragen wird, ist völlig offen, wie der gordische Knoten durchschlagen werden kann. Vermutlich wäre selbst ein erfahrener Schlichter überfordert.
Eine wichtige Rolle hat allerdings der Deutsche Beamtenbund (DBB) als Dachverband, dem auch die GDL angehört. Denn von ihm kamen bisher Zuschüsse zur Streikkasse. Es kann DBB-Chef Klaus Dauderstädt nicht gleichgültig sein, wenn er immer mehr zur Kasse gebeten wird und gleichzeitig die Gewerkschaften insgesamt in ein schlechtes Licht geraten, weil eine kleine, aber machtvolle Gruppe wie die Lokführer das ganze Land lahmlegt. Deutscher Beamtenbund muss Druck machen, so die Südwest Presse. +++ fuldainfo
Nein, es ist nicht Herr Weselsky der die Räder still stehen lässt. Es ist die Deutsche Bahn mit ihrer Hinhaltetaktik. Alle, die in den Medien, egal ob Redakteure, Fahrgäste usw., die die GDL, die Lokführer oder Herrn Weselsky in den Blogs und Kommentaren angreifen, sollten mal 4 Wochen die Schichten eines Lokführers mit arbeiten. Auch ich bin einer von diesen Verbrechern, die jeden Tag zu einer anderen Uhrzeit Dienstbeginn haben. Egal ob nachts um 01:00 Uhr oder mittages um 13:31 Uhr. Zum Teil bis zu 3 Sonntage im Monat arbeiten. Heilig Abend auf einem kalten Bahnsteig warten um einen Kollegen ab zu lösen. Jemand, dem jeden Tag mindestens 2 Personen bei voller Fahrt vor dem Zug die Gleise überqueren und der nicht weiss ob er den Zug noch vorher zum Halten bekommt. Ein Mitarbeiter, der den Kopf für verfehlte Geschäftspolitik vor Ort hin halten, sich täglich beschimpfen, auch anspucken oder sogar körperlich angreifen lassen muss. Das alles für ein niedriges Gehalt. Auch ich trage zu einem über 3 Millionen bestehenden Überstundenbestand, wenn auch nur mit knapp 400 Überstunden bei.
Und zu guter Letzt: in Griechenland, Frankreich, wie auch anderen Ländern wäre ich heute schon ein paar Tage im Ruhestand.
Um die oben beschriebenen Zustände für die Lokführer etwas zu verbessern, dafür tritt die GDL ein, dafür tritt Herr Weselsky ein. Was wir haben,siehe oben, verdanken wir der EVG. Ist es daher verwunderlich wenn die Lokführer für ein paar Verbesserungen bei den Arbeitsbedingungen kämpfen? Herr Weselsky: Danke und halten Sie durch.
Ich bin Berufspendler und musste beim letzten Streik schon im Hotel schlafen . Für uns sind das doppelte Ausgaben.Warum kümmert sich Niemand darum. Das Geld von uns Pendlern wird ja auch pünktlich bezahlt. 245.00 Euro im Monat für Verspätungen und defekte Züge.Es isz eine Schande,dass ein einziger Mensch so viel Macht hat und von anderen Menschen den Arbeitsplatz auf dem Spiel setzt.Tolle Gewerkschaften.
Einseitige Schuldzuweisungen helfen hier nicht weiter. Auch die Bahn AG trägt ihren Teil an dem Dilemma. Bahnchef Grube selbst sollte sich mal selbst um die Angelegenheit kümmern, das wäre dringend notwendig. Die Bahn will die Sache wahrscheinlich bis zum Sommer hinauszögern. Dann tritt das Tarifgesetz von Frau Nahles in Kraft und nur noch die EVG wäre Verhandlungspartner. Das Gesetz ist zwar nach Prüfung durch verschiedene Rechtswissenschaftler verfassungswidrig, aber es wird halt erst einmal angewandt. Meiner Meinung nach hat die GDL aktuell noch das Recht, für ihre Mitglieder zu verhandeln, auch wenn diese nicht Lokführer sind, sondern andere Tätigkeiten ausüben. Dieses Recht ist grundgesetzlich verankert und kann daher notfalls auch mit Streik durchgesetzt werden. Leider haben die nachteilig betroffenen Bahnfahrer von dieser akademischen Diskussion rein gar nichts. Deshalb sollte die Bahn AG als Anbieter der Leistung etwas für ihre Kunden tun. Übrigens hat hier nicht ein einzelner Mensch „Macht“, sondern Streiks werden immer von den Mitgliedern der Gewerkschaft durch Abstimmung beschlossen. Es macht auch wenig Sinn, Gewerkschaften pauschal anzugreifen, denn sie sind derzeit die einzigen Institutionen in unserem Land, die sich überhaupt noch um die Rechte der Beschäftigten kümmern.