Apotheker erwarten Verdoppelung der Cannabis-Verordnungen

NRW-Innenministerium fordert Fahrverbot für Kiffer

Nach der Legalisierung von Cannabis erwartet der Apothekerverband Nordrhein einen Anstieg der ärztlichen Verschreibungen. „Wir gehen davon aus, dass Cannabis jetzt deutlich mehr verordnet wird“, sagte Verbandschef Thomas Preis der „Rheinischen Post“.

„Denn mit der Teil-Legalisierung wurden die Regeln für die Verordnung gelockert: Bislang konnten Cannabis-Therapien erst durchgeführt werden, wenn andere Therapien nicht angeschlagen haben. Zum 1. April ist dieser Therapievorbehalt für Ärzte weggefallen.“ Zudem falle für Praxen die bürokratisch aufwendige Verordnung auf Betäubungsmittelrezepten weg. „Cannabis ist jetzt verschreibungsfähig wie andere Arzneimittel.“ Konkret sagte Preis: „Kurzfristig gehen wir von einer Verdoppelung der Privat-Verordnungen aus. Durch die Entstigmatisierung von Cannabis wird auch der Nachfragedruck von Patienten in den Arztpraxen steigen.“ Verordnungen für Kassenpatienten würden hingegen nicht so stark steigen, Cannabis-Therapien müssen weiter durch die Kassen genehmigt werden.

Bundesweit wurden laut Thomas Preis 2022 etwa 300.000 Cannabis-Rezepte zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnet. Der Apothekerverband regt eine Reform der Verschreibungspflicht an. „Man kann davon ausgehen, dass sich zahlreiche Menschen zukünftig mit Cannabis selbst therapieren wollen. Ohne heilkundliche Begleitung ist das gesundheitsgefährdend. Als Bezugsquelle für Cannabis zur Selbsttherapie bleibt nur der Eigenanbau, die Mitgliedschaft in einem Cannabis-Club oder der Bezug über den Schwarzmarkt.“ Thomas Preis regt daher an: „Nachdem Cannabis in Apotheken seit dem 1. April nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft wird, wäre es für die Politik nur noch ein kleiner Schritt, es in bestimmten Fällen aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, damit Patienten bestimmte Erkrankungen selbst therapieren können.“ Es sei vorstellbar, dass Apotheken unter strengen Bedingungen kleine Mengen Cannabis auch ohne Rezept zu medizinischen Zwecken an Patienten abgeben, so Preis. Zugleich sagte er: „Als Abgabestelle von Cannabis zu Genusszwecken oder als Cannabisshop stehen Apotheken hingegen nicht zur Verfügung.“

NRW-Innenministerium fordert Fahrverbot für Kiffer

Nach der Cannabis-Legalisierung wird darum gestritten, ob Kiffer Auto fahren dürfen, das NRW-Innenministerium lehnt die Ampel-Pläne dazu ab. „Die vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr beauftragte Expertengruppe hat einen Grenzwert von 3,5 Nanogramm/Milliliter vorgeschlagen, der aus verkehrsfachlicher Sicht nicht zu befürworten ist“, sagte ein Sprecher von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) der „Rheinischen Post“. „Die Anhebung des Grenzwertes wird sich unserer Einschätzung nach negativ auf die Sicherheit im Straßenverkehr auswirken“, ergänzte er. „Unter dem Einfluss von THC, dem Wirkstoff des Cannabis, kommt es typischerweise zu Konzentrationsstörungen, Veränderungen in der Wahrnehmung, verlängerten Reaktionszeiten und motorischen Störungen. Hierdurch ist die Verkehrstüchtigkeit eingeschränkt.“ Bislang hat sich in der Rechtsprechung ein Wert von 1,0 Nanogramm etabliert. Auch Frank Bergmann, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein, forderte ein Fahrverbot für Kiffer: „Der derzeit im Bund diskutierte höhere THC-Grenzwert ist aus medizinischer Sicht zu hinterfragen – auch aufgrund der Gefahr eines Mischkonsums aus Cannabis und Alkohol. Aus unserer Sicht kann die Konsequenz mit Blick auf den Grenzwert am Steuer und im Sinne der Allgemeinheit daher nur eine Null-Toleranz-Regelung sein“, sagte Bergmann. +++