Amazon macht für Deutschland keine Lohnzusagen

Streikaktivitäten kein Einfluss auf das Lieferversprechen

Der weltgrößte Onlinehändler Amazon lässt nach Anhebung des firmeninternen Mindestlohns auf 15 Dollar pro Stunde in den USA offen, ob und wann ein verbesserter Mindestlohn auch für Deutschland in Kraft tritt. „Jedes Land ist anders“, sagte ein Sprecher von Amazon Deutschland der „Welt“. Man werde in allen Ländern, außer den Vereinigten Staaten und Großbritannien, wo der Mindestlohn ebenfalls erhöht wurde, „die Situation weiter prüfen“. 15 Dollar entsprechen derzeit 12,95 Euro. Für Großbritannien hatte das Unternehmen eine Anhebung der Lohnuntergrenze auf 10,50 Pfund (11,81 Euro) für den Großraum London und auf 9,50 Pfund (10,68 Euro) für die übrigen Regionen angekündigt. Amazon beschäftigt in Deutschland mehr als 12.000 fest angestellte Vollzeitmitarbeiter.

An den derzeitigen Streikaktivitäten in Bad Hersfeld – sowie auch an anderen Standorten – beteiligt sich nur ein geringer Teil der Beschäftigten, so dass es keinen Einfluss auf das Lieferversprechen gegenüber den Kunden gibt, so Amazon in einer Mitteilung an fuldainfo. Auch von bundesweiten Streiks, so Amazon, könne keine Rede sein. „Amazon ist ein guter und fairer Arbeitgeber mit attraktiven Löhnen vom ersten Tag an. So führt Amazon jährlich an allen Standorten eine Lohnüberprüfung durch. In Bad Hersfeld gibt es für alle Versandmitarbeiter eine Erhöhung des Basislohns um 2 Prozent. Der Einstiegslohn liegt nun bei umgerechnet 11,18 Euro brutto die Stunde; für Mitarbeiter mit 2 Jahren Betriebszugehörigkeit umgerechnet bei 13,04 Euro brutto. Mit der Erhöhung kommt ein Versandmitarbeiter mit 2 Jahren Betriebszugehörigkeit derzeit (2018) auf einen rechnerischen Jahreslohn von rund 30.500 Euro brutto – hier sind Aktien von Amazon.com Inc., Boni und eine Jahressonderzahlung, die es auch in diesem Jahr geben wird, eingerechnet“, so Thorsten Schwindhammer von Amazon.

Im Tarifvertrag Einzelhandel würde die Vergütung unserer Berechnung nach bei circa 28.500 Euro brutto im Jahr (inkl. Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld) und im Tarifvertrag Spedition und Logistik bei circa 26.000 Euro brutto im Jahr (inkl. Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld) liegen. Die Löhne für Versandmitarbeiter in Bad Hersfeld wurden 2017 um 2,0 Prozent erhöht. Verdi scheint bei eigenen Vergleichen Zusatzleistungen von Amazon hier offenbar nicht zu berücksichtigen.

Die Handels- und Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zeigte sich vom Schritt des Onlinehändlers in den USA nicht überzeugt. Man fordere den Konzern seit Jahren zu Tarifverhandlungen auf, sagte Gewerkschaftschefin Stefanie Nutzenberger. „Nur existenzsichernde Tarifverträge bieten Schutz vor Armut und Altersarmut. Einseitige, vom Arbeitgeber diktierte Lohnzuwächse bringen den Beschäftigten keine Rechtssicherheit, da sie jederzeit wieder zurückgenommen werden können“, so Nutzenberger. Tarifverträgen verweigere sich der Versandhandelskonzern aber. Erneut forderte Nutzenberger bessere Arbeitsbedingungen bei Amazon: „Überwachung und Kontrolle an den Arbeitsplätzen müssen gestoppt, Belastungen verringert werden“, so die Gewerkschaftschefin. +++

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