Al-Wazir stellte neuen Regionalen Wohlfahrtsindex vor

SPD: "Regionaler Wohlfahrtsindex" verzerrt die Lebenswirklichkeit

Tarek Al-Wazir (Grüne)
Tarek Al-Wazir (Grüne)

Hessens Wirtschaftsminister Al-Wazir (Grüne) hat am Montag einen neuen „Regionalen Wohlfahrtsindex“ (RWI) vorgestellt. Er soll einen ausführlicheren Blick auf den Lebensstandard in Hessen ermöglichen. „Die Lebensqualität der Menschen lässt sich nicht alleine in wirtschaftlichen Kennzahlen wie Einkommen, Vermögen oder Konsumausgaben abbilden. Zu einem guten Leben gehören auch Bildung, Umweltschutz und Digitalisierung. Ganz entscheidend auf die Wohlfahrt wirkt sich außerdem Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft aus“, sagte Al-Wazir.

„Wenn wir wissen, wie es um die Wohlfahrt insgesamt bestellt ist, können wir an den richtigen Stellschrauben drehen. Mitten in der sozial-ökologischen Transformation gibt uns der RWI einen Hinweis darauf, ob der eingeschlagene Weg der richtige ist. Und das Ergebnis der vergangenen zehn Jahre zeigt: Die Lebensqualität in Hessen hat sich deutlich verbessert“, sagte Al-Wazir weiter. Berücksichtigt werden im neuen Index 21 verschiedene Komponenten, die die Wohlfahrt steigern oder mindern. Investitionen in Bildung, abgebildet im privaten und staatlichen Konsum, ehrenamtliche Arbeit oder Digitalisierung und Erhalt der Natur fördern die Wohlfahrt einer Gesellschaft. Negativ wirken sich Treibhausgasemissionen, Kosten von Lärm- oder Luftverschmutzung, Verkehrsunfälle, Kosten der Ungleichheit oder Ersatzkosten durch den Verbrauch nicht erneuerbarer Energieträger aus.

Al-Wazir: RWI bestätigt Politik der Landesregierung

Die Auswertung des RWI für die Zeit zwischen 1999 und 2021 ergibt ein gemischtes Bild. Der Zeitraum lässt sich in drei Phasen einteilen, in denen der RWI gesunken ist (1999 bis 2005), stagniert (2005 bis 2013) und gestiegen ist (2013 bis 2019). Die Corona-Pandemie (2019 bis 2021) wird gesondert betrachtet. Wird diese Entwicklung dem Nationalen Wohlfahrtsindex oder dem BIP gegenübergestellt, zeigt sich für die vergangenen zehn Jahre ein positives Bild. „Die Lebensqualität für die Hessinnen und Hessen hat sich seit 2013 besser entwickelt als im Rest Deutschlands. Das bestätigt sehr deutlich unsere bisherige Politik“, sagte Al-Wazir. „Durch seine integrierte Betrachtung sowohl von wohlfahrtsteigernden als auch wohlfahrtsmindernden Faktoren ermöglicht der RWI einen umfassenderen Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung als das BIP“, führt Dorothee Rodenhäuser aus, eine der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die die Studie erstellt haben. Eine „silver bullet“ sei aber auch der RWI nicht, so Rodenhäuser weiter.

CDU: Lebensqualität in Hessen hat sich deutlich verbessert

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Heiko Kasseckert sagte hierzu: „Mit dem regionalen Wohlfahrtsindex (RWI) haben wir in Hessen erstmals ein alternatives Instrument zum Bruttoinlandsprodukts (BIP) geschaffen, das nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung darstellt, sondern die Entwicklung der Lebensqualität insgesamt abbildet. Damit werden neben ökonomischen auch ökologische und soziale Parameter erfasst, wie zum Beispiel die Bildung, Digitalisierung oder ehrenamtliche Arbeit. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Instituts für interdisziplinäre Forschung der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft e.V. (FEST) haben den RWI für Hessen entwickelt mit dem erfreulichen Ergebnis, dass die Lebensqualität in Hessen sich in den vergangenen zehn Jahren nicht nur deutlich verbessert hat, sondern auch besser entwickelt hat als im Rest Deutschlands. Berücksichtigt wurden dafür 21 verschiedene Komponenten, die die Wohlfahrt steigern oder mindern. Die Ergebnisse des RWI zeigen, dass wir mit unserer Politik auf dem richtigen Weg sind und Hessen in den letzten Jahren in vielen Bereichen deutlich vorangebracht haben. Daran wollen wir weiterarbeiten und unser Ziel, dass jede Hessin und jeder Hesse die Möglichkeit hat, ein gutes Leben zu führen, weiter verfolgen.“

Eckert (SPD): „Regionaler Wohlfahrtsindex“ verzerrt die Lebenswirklichkeit

Zur Vorstellung des „Regionalen Wohlfahrtsindexes“ äußerte sich der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Tobias Eckert: „Endlich sehen wir, dass die Landesregierung aus CDU und Grünen und insbesondere Wirtschaftsminister Al-Wazir kurz vor der Landtagswahl ihr Interesse für die Lebensqualität der Hessinnen und Hessen entdecken – man fragt sich jedoch, wieso dies bislang kein vordergründiges Thema für die Regierungskoalition war. Der heute vorgestellte ‚Regionale Wohlfahrtsindex‘ für Hessen ist nicht nur der durchsichtige Versuch, vor dem Ende der Legislaturperiode noch ein Pflichtprojekt aus dem Koalitionsvertrag auf den letzten Metern abzuarbeiten, sondern zudem auch methodisch höchst fragwürdig ausgestaltet. Prinzipiell finden wir es richtig, neben dem BIP auch andere Kennzahlen zu erheben, die die Lebensqualität abbilden, diese müssen aber sauber ausgearbeitet, vergleichbar und belastbar sein.“ Wirtschaftsminister Al-Wazir rühme sich nicht nur dafür, dass der neue Index die Politik der Landesregierung – insbesondere natürlich unter Regierungsbeteiligung durch die Grünen – durchweg bestätige und seit 2013 konstant ansteige, sondern auch, dass sich die Lebensqualität in Hessen in diesem Zeitraum besser entwickelt habe als im Rest Deutschlands. „Die Frage, die sich uns dazu aber stellt: woher will Minister Al-Wazir das wissen, wenn er sich einen, auf die Belange der Landesregierung aus CDU und Grünen maßgeschneiderten Index bestellt, durch den eben keine Vergleichbarkeit mit anderen Bundesländern sowie dem Bund möglich ist?“ Genau dies beschreibe das Vorgehen von Wirtschaftsminister Al-Wazir, so Eckert weiter. Der Landessozialbericht habe erst im Februar aufgezeigt, dass es an verschiedenen Stellen dringender Maßnahmen bedarf, um flächendeckende Kinderbetreuungsangebote, integrierte Mobilitätsangebote oder bezahlbaren Wohnraum zu gewährleisten. Und jetzt stelle sich der Minister hin und proklamiere, dass Hessen im bundesweiten Vergleich an der Spitze sei. „Das passt hinten und vorne nicht zusammen und verzerrt die Lebenswirklichkeit der hessischen Bürgerinnen und Bürger. Allem Anschein nach scheut Wirtschaftsminister Al-Wazir vielmehr den Vergleich mit anderen Bundesländern, für die der weithin etablierte nationale Wohlfahrtsindex zur Anwendung kommt. Offenkundig muss die hessische Landesregierung ihre Indikatoren gezielt gewichten und zu neuen Indizes zusammenziehen, um Ergebnisse zu erreichen, die die eigenen Wählerinnen und Wähler besänftigen. Eine ehrliche Bestandsaufnahme der Lebensqualität in Hessen ist mit solchen methodischen Taschenspielertricks aber schier unmöglich“, so Eckert. +++

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