NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) fordert eine schnelle Umsetzung der Energiehilfen für die Wirtschaft. Wüst sagte der „Rheinischen Post“, die Einigung der Bundesregierung auf ein Strompreispaket zur Entlastung der energieintensiven Wirtschaft sei eine überfällige, aber gute Nachricht für das Industrieland Nordrhein-Westfalen.
„Seit Monaten haben wir gemeinsam mit unseren Unternehmen auf die Einführung eines Brückenstrompreises und die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß gepocht. Jetzt hat sich die Bundesregierung im Interesse unserer Wirtschaft endlich bewegt und zumindest wesentliche Teile unserer Forderungen umgesetzt.“ Es bleibe zu hoffen, dass die getroffene Vereinbarung nun schnell in die Praxis umgesetzt werde, damit die deutsche Industrie Planungssicherheit bekomme. „Dabei sollte die Bundesregierung sicherstellen, dass auch alle Unternehmen, die von einer Absenkung der Stromsteuer nicht profitieren, eine substanzielle Entlastung erfahren können. Eine weitere monatelange Hängepartie kann sich der Industriestandort Deutschland nicht leisten. Es geht schließlich um unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit und damit um viele tausend Industriearbeitsplätze. Deshalb ist auch der Finanzierungsvorbehalt ab 2026 nicht nachzuvollziehen, da so echte Planungssicherheit für die Wirtschaft ausbleibt.“
BDI fordert nach Strompreispaket umfassende Bestandsaufnahme
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm ist zwar erst einmal zufrieden mit dem Strompreispaket, hält das aber nur für eine erste Sofortmaßnahme. „Wir müssen dieses Thema Energiewende noch mal wirklich durchrechnen“, sagte Russwurm am Donnerstag dem TV-Sender „Welt“. „Und weil manche Sachen länger dauern, zum Beispiel der Zubau von Erneuerbaren, aber auch der Aufbau der Infrastruktur, ging es ja in den letzten Monaten ganz heftig darum: Was kann man denn kurzfristig tun, damit es zum Überleben hilft? Und so verstehen wir die heutigen Aussagen und Entscheidungen.“ Insgesamt sei es „ein Riesenhandicap, wenn Energie bei uns in Deutschland um einen Faktor 3 mehr kostet als in Ländern, wo unsere Wettbewerber sitzen“, so Russwurm. Mit dieser Sofortmaßnahme im Rücken müsse man nun eine „ehrliche Bestandsaufnahme“ machen, forderte Russwurm: „Wir stehen zur Dekarbonisierung, als Industrie. Da besteht kein Zweifel dran. Aber wir müssen mal ehrlich zusammenrechnen, was wir alles dafür brauchen. Und da reicht eben leider nicht der Zubau von Solar und Windturbinen. Dazu gehört auch Backup-Energie für den Novembertag, wo weder die Sonne scheint noch der Wind weht. Und dazu gehört ganz viel Infrastruktur, damit man grüne Elektronen von der Küste, zum Beispiel, in die industriellen Zentren bringt, aber auch grünes Gas, grüne Moleküle transportieren kann – und darunter mal einen Strich zu machen und zu fragen: Was kostet denn das? Müssen wir das alles so machen – oder gehts auch effizienter? Billiger? Und was heißt das dann für den Strompreis? Die Übung steht noch aus.“
Der Ausbau der Energieinfrastruktur müsse schneller werden, so Russwurm: „Deutschland ist zu langsam. Wir können uns diese Geschwindigkeit nicht weiter leisten, sonst wird das mit den ambitionierten Zielen nichts. Und ganz ehrlich, ich bin undogmatisch – ob das 2030 ist oder 2032 im Januar, daran will ich das nicht festmachen. Aber wir sind ja um Größenordnungen zu langsam, in dem Bau dieser veränderten Infrastruktur. Wir drehen dieses Land auf elektrisch um, und das ist eine Riesenanstrengung. In der Geschwindigkeit, wie das heute geht, wird es nicht funktionieren. Deswegen der Beschleunigungspakt – auch richtig, richtige Richtung, aber bitte jetzt auch umsetzen.“ Im Moment sei Deutschland „in der Flaute“, beklagte Russwurm. „Und entweder werfen wir jetzt mal den Diesel an, um aus dieser Flaute wieder rauszukommen, oder wir werden die Regatta verlieren, weil die anderen Schiffe, die unterwegs sind, sind deutlich schneller als wir.“ Das sei gerade für eine Exportnation wie Deutschland entscheidend. „Wir sind nicht auf unserer Insel und solange es uns unter uns passt, ist alles in Ordnung. Wir leben vom Export, zum ganz großen Anteil, die Industrie zu 80 Prozent, und da kommt es darauf an, wie wettbewerbsfähig wir sind in der Welt.“
Dabei gehe es nicht nur um Energie und auch nicht nur um Geld, betonte Russwurm: „W ir brauchen eine Zeitenwende auch in der Wirtschaftspolitik. Und um nicht missverstanden zu werden: Da geht es nicht immer nur um Geld, das ist jetzt kein Kampf um Subventionen, sondern wir machen es uns ja auch selber schwer durch eine kleinteilige Regulierung, wo man auch mal fragen darf: Wieso wird es denn besser, wenn ich jetzt einen Bericht schreibe? Können wir uns darauf verständigen, dass das anders geht? Durch ganz viele Genehmigungen, die langsam laufen und die schneller werden müssen, aber auch dadurch, dass wir zum Beispiel viel zu wenige Handelsabkommen in der Welt abschließen, was für ein Exportland eigentlich das A und O ist. Alles Dinge, die kein Geld kosten.“
Verbraucherschützer für Ausweitung des geplanten Strompreispakets
Verbraucherschutzchefin Ramona Pop hält das geplante Strompreispaket der Bundesregierung für unzureichend. „Verbraucher dürfen nicht vergessen werden, wenn es um Entlastungen bei den Energiepreisen geht“, sagte die Vorsitzende des Verbraucherzentrale-Bundesverbands (VZBV) der „Welt“ (Freitagausgaben). Sie seien weiterhin von hohen Strompreisen betroffen: „Die Regierung muss die Stromsteuer auch für die privaten Haushalte auf das europäische Minimum senken“, sagte Pop. Für Verbraucher werde die Mehrwertsteuer auf Gas und Wärme vorzeitig erhöht, gleichzeitig lasse die Einführung des Klimagelds auf sich warten. Auf der anderen Seite solle es neben dem „Wachstumschancengesetz“ nun auch noch eine Entlastung bei der Stromsteuer exklusiv nur für Unternehmen geben. +++