Witzel: Stadtverordnete bekommen zu viel für Dienstleistungen – politischer Einfluss oder Loyalität?

Dänner: Vergabe erfolgt im Rahmen von Vergabeverfahren

Stadttor Tann

Gemeindeparlamente sind Akteure des Wandels. Ihnen wird begrüßenswerterweise in Zukunft wieder mehr Bedeutung zukommen. Umso wichtiger ist, dass der Bürger Vertrauen in seine parlamentarischen Vertreter hat. Voraussetzung dafür ist, dass die Stadtverordneten transparent und unabhängig agieren. Mandat und Beruf müssen sauber geschieden sein, um nicht in einen Widerstreit der Interessen zu geraten. In besonderem Maße begründungspflichtig sind Geldflüsse aus der Stadtkasse an Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung.

Konkret, so Witzel: „Ein Stadtverordneter bekommt aus den Tanner Stadtsäckel einen Betrag von weit über 10.000 Euro für Dienstleistungen wie Mäharbeiten und Winterdienst. Ein zweiter Stadtverordneter erhält für die Beförsterungskosten laut Haushaltsplan 2020 von der Stadt Tann (Rhön) einen Betrag von 6.700 Euro“. Dabei ist das laut Erlass vom 29. Mai 2017 (St.Anz. S.560) ein festgesetzter Richtsatz von 17,51 Euro netto pro ha und Jahr. Ergibt bei einem Waldbesitz von 140 ha der Stadt Tann (Rhön) einen Betrag von 2917.17 Euro inkl. MwSt. Diese Diskrepanz von immerhin rund 3.800 Euro haben ihren ganz eigenen Beigeschmack. Vor diesem Hintergrund sieht es der Tanner FDP-Chef Jörg Witzel mit Sorge, dass gleich zwei Stadtverordnete der CDU-Fraktion nicht unerhebliche Summen aus dem Stadtsäckel erhalten. Dieser an sich schon problematische Vorgang gewinnt an Brisanz dadurch, dass die Gegenleistung für diese Gelder nicht transparent ersichtlich sind, sodass ihre Angemessenheit nicht überprüfbar ist. Witzel: „Als Opposition haben wir eine Wächterfunktion für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Der Wähler hat ein Anrecht darauf, dass wir bei solchen Geldflüssen genau hinsehen. Wenn nicht wir, wer dann? Wir sehen hier einen Anfangsverdacht und denken, es wäre die sauberste Lösung, wenn die Sache der Kommunalaufsicht vorgelegt wird.“

Dänner: Vergabe erfolgt im Rahmen von Vergabeverfahren

Wir haben dazu bei Bürgermeister Mario Dänner (parteilos) nachgefragt. „Die Vergabe von Arbeiten und Dienstleistungen erfolgt im Rahmen von Vergabeverfahren, die sich an den Auftragswerten orientieren. Über die Vergabe entscheidet dann letztendlich der Magistrat. Selbstverständlich kann der Auftragnehmer auch ein Mandatsträger sein. Der Gesetzgeber lässt dies ausdrücklich zu und es ist sogar im Sinne der Demokratie, wenn ein Parlament viele Berufsgruppen vertritt, so eben auch die Unternehmer. Es darf aber im Rahmen des Mandates keine Interessenkonflikte geben bzw. darf diese Person dann im Rahmen eines sogenannten „Widerstreits der Interessen“ an der Beratung und Beschlussfassung zu solchen Themen nicht teilnehmen. Die genannten Aussagen zu den Beförsterungskosten kann ich so nicht nachvollziehen. Es erschließt sich mir nicht, welche konkreten vertraglichen Leistungen in dieser Summe inkludiert sind, aber sie sind sicher nicht so allumfassend wie unser Vertragsverhältnis. Die Stadt Tann hat eine sehr umfassende Rundumbetreuung, die auch den Holzverkauf umfasst -im Prinzip eine sogenannte Flatrate-. Wir haben für Tann seit Jahren eine Betreuung, die für viele andere Kommunen wünschenswert wäre. Es gibt Waldbesitzer, die Betreuung suchen, aber niemanden finden. So darf beispielsweise Hessen Forst Kommunen mit über 100 ha Waldbesitz zukünftig mit Hinblick auf Holzverkäufe gar nicht mehr betreuen und man muss nach Alternativen suchen“, so Dänner in seiner Antwort. +++