In ihren Predigten zum Weihnachtsfest haben führende katholische Geistliche in Hessen gesellschaftliche Grundfragen aufgegriffen und die christliche Weihnachtsbotschaft mit aktuellen Herausforderungen verbunden. Im Mittelpunkt standen Aufrufe zu Solidarität, Menschenwürde, Verantwortung füreinander und Hoffnung in einer von Krisen geprägten Zeit.
Im Weihnachtsgottesdienst am 25. Dezember im Limburger Dom betonte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, die bleibende Bedeutung von Weihnachten für Menschlichkeit und globale Verantwortung. Die Geburt Jesu stehe für einen Neuanfang, der Menschen zu Solidarität, zur Achtung der Menschenwürde und zu gemeinschaftlichem Handeln ermutige. Abschottung, egoistischer Nationalismus und ein Denken nach dem Motto „Wir zuerst“ widersprächen der christlichen Botschaft, sagte Bätzing. Demokratie und gesellschaftlicher Zusammenhalt ließen sich nur durch gelebte Solidarität stärken – zwischen Generationen ebenso wie zwischen Starken und Schwachen. Auch der Schutz des Lebens in allen Phasen sowie der Einsatz gegen die Folgen des Klimawandels seien Ausdruck dieser Verantwortung.
Im Fuldaer Dom stand die Christmette unter dem Zeichen von Hoffnung und Würde. Bischof Dr. Michael Gerber hielt dort seinen ersten öffentlichen Gottesdienst seit einer Krebsdiagnose im Sommer 2025. In seiner Predigt schilderte er ein persönliches Erlebnis aus einem Winterwald, das für ihn zum Bild von Weihnachten wurde: Trotz Kälte und Starre öffne sich ein Raum der Hoffnung. Diese Erfahrung verband Gerber mit der Weihnachtsbotschaft als Zusage der Würde jedes Menschen, unabhängig von Leistung oder Erfolg. „Der Mensch ist geliebt, weil er Mensch ist“, fasste er zusammen.
Zugleich berichtete der Bischof von Erfahrungen der Unterstützung in schwierigen Zeiten, die er als „Engel im Alltag“ beschrieb – in Form von Briefen, Nachrichten oder ermutigenden Gesten. Weihnachten sei eine Einladung, solche Zeichen wahrzunehmen und selbst anderen Hoffnung zu schenken. Musikalisch wurde die Christmette vom Stadtpfarrchor St. Simplizius, einem Orchester sowie Domorganist Max Deisenroth gestaltet, der seit September dieses Jahres das Amt des Domorganisten innehat.
Auch in der evangelischen Christuskirche in Fulda stand an Heiligabend die Frage nach dem Wesentlichen im Mittelpunkt. In seiner Weihnachtspredigt stellte Dekan Dr. Thorsten Waap gängige Lebensentwürfe infrage, die sich an Besitz, Macht und Leistung orientieren. Weihnachten lade dazu ein, den Sinn des Lebens nicht in Erfolg oder Egoismus, sondern in Liebe und Verantwortung füreinander zu suchen.
Anhand der Erfahrungen junger Eltern machte Waap deutlich, wie sehr ein Kind den Blick auf das Wesentliche verändere. Wer ein Baby im Arm halte, denke nicht mehr in Kategorien von Selbstoptimierung oder Leistung. „So ein Kind macht klar, worum es im Leben wirklich geht“, sagte der Dekan. Das Leben müsse seinen Wert nicht erst beweisen oder verdienen, sondern sei bereits wertvoll. Diese Perspektive verband Waap mit der Weihnachtsbotschaft: Mit dem Kind in der Krippe rücke das Kleine, Schwache und Unscheinbare in den Mittelpunkt. Der Ruf Jesu zur Liebe und Verantwortung füreinander habe nichts mit Schwäche zu tun, sondern erfordere Mut.
In seiner Predigt erzählte Waap zudem eine Geschichte aus Kanada, die die Kraft der Liebe verdeutlichen sollte. Im Mittelpunkt stand der siebenjährige Evan Leversage aus Ontario, der seit früher Kindheit an Krebs erkrankt war und nur noch wenige Wochen zu leben hatte. Weil klar war, dass Evan Weihnachten nicht mehr erleben würde, entschied seine Heimatgemeinde, das Fest vorzuziehen und bereits am 24. Oktober zu feiern. Mehr als 7.000 Menschen, unterstützt von Polizei, Feuerwehr und zahlreichen Helfern, organisierten einen Weihnachtsumzug ausschließlich für den Jungen. Evan fuhr dabei auf einem Schlittenwagen neben Santa Claus, begleitet vom Jubel und der Anteilnahme einer ganzen Gemeinde. Diese Geste habe weit über den Ort hinausgewirkt, so Waap.
Weihnachten sei deshalb eine Einladung, den eigenen Blick neu auszurichten: weg von Ohnmacht, Dauerempörung und bloßer Beobachtung, hin zu konkreter Nächstenliebe im eigenen Umfeld. Gott habe den Menschen mit bedingungsloser Liebe angesprochen und rufe sie dazu auf, diese Liebe mit Worten und Taten weiterzugeben. Die Weihnachtsbotschaft könne so auch heute ein Maßstab für ein gelingendes Leben sein.
Der Dekan, der auch Liedermacher ist, griff während des Gottesdienstes zur Gitarre und trug das von ihm komponierte Lied „Gloria – menschlicher Gott“ vor. Darin wird beschrieben, wie Gott seine Allmacht ablegt, in Armut geboren wird und die Herzen der Menschen sucht. Musikalisch wurde der Gottesdienst zudem vom Saxophonquartett „Sax & more“ gestaltet, die Liturgie übernahm Vikar Johannes Trepte.
Gemeinsam machten die Predigten deutlich, dass Weihnachten von den Geistlichen nicht nur als religiöses Fest verstanden wird, sondern als Impuls für Mitmenschlichkeit, Verantwortung und Zuversicht in einer herausfordernden Zeit. +++

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