VW brüskiert Verkehrsminister bei Dieselnachrüstung

Nachrüstungen nicht die richtige Lösung

Nachdem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die technischen Richtlinien vorgelegt hat, nach denen Dieselautos mit Stickoxidkatalysatoren nachgerüstet werden sollen, weigert sich VW, die Umrüstfirmen bei der Entwicklung zu unterstützen. Das berichtet der „Spiegel“ in seiner aktuellen Ausgabe. Laut Richtlinien müssen Umrüstfirmen nachweisen, dass Diesel-Pkw nicht mehr als 270 Milligramm Stickoxide pro Kilometer ausstoßen, wenn sie mit sogenannten SCR-Systemen nachgerüstet wurden.

Das SCR-System basiert darauf, dass Harnstofflösung ins Abgas eingespritzt wird. Ist die Flüssigkeit aufgebraucht, müsse es „ein deutliches, optisches oder akustisches Dauersignal“ im Auto geben, so die Richtlinie. Das SCR-System wird voraussichtlich zu einem erhöhten Kraftstoffverbrauch führen – dieser soll aber nicht mehr als sechs Prozent vom gewöhnlichen Verbrauch abweichen. Die Richtlinien sollen Anfang Januar in Kraft treten. Spezialfirmen können dann mit der Entwicklung der Systeme beginnen, doch VW will ihnen technisch nicht helfen. Auf Anfrage des „Spiegel“ und des Bayerischen Rundfunks erklärte VW, die Anbieter der Systeme müssten dem Kraftfahrt-Bundesamt „eigenverantwortlich die technische Machbarkeit nachweisen und die Gewährleistung übernehmen“. Man könne „die Entwicklungen der Hardware-Nachrüster aus haftungsrechtlichen Gründen nicht unterstützen“. Zudem sei der Konzern davon überzeugt, „dass Nachrüstungen nicht die richtige Lösung sind“. An der Finanzierung der Umrüstung, für die VW 3.000 Euro je Pkw versprochen hat, wolle man jedoch festhalten.

Verbraucherschützer fordern Ende der Blockade

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) hat die Autohersteller aufgefordert, eine Hardware-Nachrüstung von Diesel-Pkw nicht weiter zu blockieren. Mit der Festlegung der technischen Anforderungen für Umrüstungen habe Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) „seine Hausaufgaben rechtzeitig vor Jahresende gemacht“, sagte die Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim VZBV, Marion Jungbluth, dem „Handelsblatt“. Jetzt müssten die Autohersteller mitziehen und die Entwicklung von Hardware-Nachrüstung unterstützen. „Es kann nicht sein, dass die Unternehmen, die den Abgasskandal verursacht haben, eine Lösung für Menschen mit kleinem Geldbeutel blockieren, weil sie darauf keine Lust haben“, mahnte Jungbluth. „Die Autohersteller sollten 2019 in das Zeichen der Kunden stellen und für die betroffenen Dieselbesitzer individuelle Lösungen anbieten.“ Sie forderte die Autohersteller, die SCR-Katalysatoren als Sonderausstattung oder für andere Märkte entwic kelt haben, auf, diese schnellstmöglich zuzulassen und ihren Kunden anzubieten. „Damit dem Verbraucher nicht mittel- und langfristig ein Schaden entsteht, muss für die Nachrüstung die Gewährleistung ausgeweitet werden.“ Die VZBV-Expertin fordert eine „klare Regelung“ zwischen Autoherstellern und Anbietern von Nachrüstsystemen, wer für welche Schäden am Fahrzeuge die Haftung übernehme. „Dies muss zwischen den beiden Beteiligten geklärt werden, um das technische wie auch das finanzielle und juristische Risiko nicht auf den Dieselbesitzer abzuwälzen“, sagte Jungbluth. Die Garantie auf einwandfreie Funktion der Nachrüstsysteme und etwaige Schäden am Fahrzeug durch die Nachrüstung müssten Hersteller und Nachrüster dann für mindestens fünf Jahre anbieten. +++

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