Vorläufige Bilanz: 68. Bad Hersfelder Festspiele verzeichnen hervorragendes Ergebnis

Die Gesamtauslastung liegt bei rund 86 Prozent

Stiftruine

Intendant Joern Hinkel hat bei den Bad Hersfelder Festspielen in seiner ersten Spielzeit eine Punktladung erzielt. Die Festspiele 2018 gingen mit einer hervorragenden Gesamtauslastung zu Ende. Insgesamt wurden bei einer Gesamtkapazität von etwa 110.000 Karten rund 86 Prozent aller Karten verkauft; Über 94.000 Besucher kamen in diesem Jahr zu den Bad Hersfelder Festspielen. Auch das Einnahmeziel von über 4,2 Millionen Euro wurde erreicht, das belegen die aktuellen Zahlen. Festspiel-Intendant Joern Hinkel ist glücklich über dieses, erfolgreiche Ergebnis: „Meine Erwartungen wurden übertroffen. Ich bin sehr zufrieden. Dass wir unseren Zuschauern so unglaublich unterschiedliche, kraftvolle und mitreißende Inszenierungen zeigen konnten, verdankte ich einem phantastischen Team – auf und hinter der Bühne. Darsteller und Gewerke haben voller Hingabe und Hand in Hand zusammengearbeitet, mit einer unfassbaren Liebe zum Detail; Und einen strahlenderen Sommer konnte man sich für die Festspiele kaum wünschen. Selten wurde das Zeltdach über der Zuschauertribüne so oft geöffnet wie in dieser Saison.“

Krisensituation gemeistert

Bei diesen Festspielen ging es um viel mehr als nur um Zahlen. Noch am Anfang des Jahres ging es um die Frage, ob sie in diesem Jahr überhaupt stattfinden würden. Denn nach dem unerwarteten Rücktritt von Dieter Wedel als Intendant im Januar, war unklar, wie sich die Festspiele entwickeln würden. Andrea Jung, die kaufmännische Leiterin, dankte Bürgermeister Thomas Fehling und dem Magistrat der Stadt Bad Hersfeld für die schnelle und einmütige Entscheidung, Joern Hinkel ein Mandat für zwei Jahre zu erteilen. Damit wurden die Weichen auf Erfolg gestellt.
Mit dem Engagement von Joern Hinkel, der den Mut hatte, in dieser Krisensituation das Amt des Intendanten der Bad Hersfelder Festspiele zu übernehmen, wurde eine Spielzeit 2018 ohne Abstriche und Einbußen wieder möglich. Durch die schwierige Situation Anfang des Jahres, ist diese Bilanz zunächst in keiner Weise mit anderen Festspieljahren zu vergleichen – trotzdem wurden die geplanten Einnahmen erreicht. Es wäre nicht seriös, diese Saison mit der vergangenen zu vergleichen. Denn mit dem populären Lutherjahr 2017 entstand schon im Vorfeld ein besonderes Interesse an der Inszenierung von „Martin Luther – Der Anschlag“, das man in der Geschichte der Festspiele als einmalig bezeichnen kann (bereits vier Monate vor der Premiere war das Schauspiel ausverkauft). Nimmt man das Jahr 2016 zum Vergleich, in der das erste Mal „Hexenjagd“ in einer Inszenierung von Dieter Wedel gezeigt wurde, kommt man auf eine Gesamtauslastung von 88 Prozent. Damals besuchten rund 94.000 Zuschauer die Veranstaltungen der Festspiel (abzüglich der Vorstellungen auf der Spielwiese, die heute als Aufführungsort nicht mehr existiert).
Der neue Intendant hatte viele Hürden zu überwinden, denn bei Mitarbeitern und Publikum herrschte gleichermaßen große Unsicherheit. Würden die angefragten Darsteller und Teammitglieder für einen neuen Intendanten und einen geänderten Spielplan zur Verfügung stehen? Würden bei der Eröffnungspremiere weiterhin prominente Gäste über den Roten Teppich vor der Stiftsruine laufen? Kann das riesige, bundesweite Medieninteresse gehalten werden? Würden die Zuschauer, wie in den letzten Jahren aus dem gesamten deutschsprachigen Raum anreisen?
„Mit einer unglaublichen Ruhe und Gelassenheit gab Joern Hinkel den Ton an, damit schaffte er es, in kürzester Zeit das Vertrauen in die Bad Hersfelder Festspiele nach innen und nach außen wieder zu stärken.“, so Andrea Jung. Ein ganzes Team – von den Gewerken über die Schauspieler bis hin zur Verwaltung – stehe, so Jung, geschlossen hinter Joern Hinkel. Bürgermeister Thomas Fehling hob bereits in seiner Rede zur Eröffnung der Festspiele am 6. Juli den unermüdlichen Einsatz und auch den hohen, künstlerischen Ansprach des neuen Intendanten hervor, „Wir freuen und auf die nächste Spielzeit mit ihm.“, so der Bürgermeister und hofft, dass bis dahin endlich die Weichen für die Umwandlung der Festspiele in eine gGmbH gestellt sind. Ende September soll in der Stadtverordnetenversammlung darüber entschieden werden. „Das würde die Organisation von Festspielen in dieser Größenordnung wesentlich erleichtern. Denn die kommunalen Richtlinien und die Art des modernen Managements, die ein solcher Kultur-Event braucht, passen einfach nicht zusammen.“, hebt Fehling hervor.  Der neue Intendant Joern Hinkel führt die Bad Hersfelder Festspiele nach dem Konzept von Dieter Wedel weiter und entwickelt dabei seine eigene, künstlerische Handschrift. Das bescheinigen ihm die Medien. Er schafft Netzwerke, begeistert durch unkonventionelle Reden, wie beispielsweise bei der Verleihung der Abiturzeugnisse in der Stiftsruine oder beim Festakt zur Eröffnung der Festspiele und beeindruckt mit seinem Führungsstil und hoher künstlerischer Qualität auch die Medien regional und überregional.

Alle reden über Peer Gynt

Zu Hinkels schwierigsten Entscheidungen zählte gleich am Anfang, das „Karlos-Komplott“ von Dieter Wedel aus dem Programm nehmen zu müssen. Zwei ausschlaggebende Gründe hatte es für diese Entscheidung gegeben: Ein Wedel-Stück ohne Wedel wäre in der kurzen Zeit einfach nicht umsetzbar gewesen. Und: Das Stück hätte nach den Vorwürfen gegen Dieter Wedel wohl kaum die Chance auf eine objektive, künstlerische Betrachtung gehabt. So wurde Peer Gynt von Henrik Ibsen kurzerhand auf den Spielplan gesetzt. Zur Eröffnung der Festspielsaison 2018 kamen neben zahlreichen Prominenten aus Politik und Wirtschaft sowie Fernsehen und Theater auch der Hessische Ministerpräsident, Volker Bouffier sowie Vize-Kanzler und Bundesfinanzminister Olaf Scholz. Regisseur Robert Schuster inszenierte Peer Gynt für die Bad Hersfelder Festspiele in einer neuen, moderneren Fassung mit einem ungewöhnlichen, international besetzten Ensemble mit Christian Nickel, Andreas Schmidt-Schaller, Nina Petri, Anouschka Renzi, Pierre Sanoussi-Bliss, André Hennicke, Claude-Oliver Schaller, Corinna Pohlmann, Leena Alam und anderen sowie einer beeindruckenden Bühnentechnik mit zwei mobilen Leinwänden. Der zweifache Hersfeld Preisträger, Christian Nickel, wurde als Peer Gynt bejubelt, Corinna Pohlmann erhielt für ihre Darstellung der Ingrid und der Trollprinzessin den Hersfeldpreis 2018. Das Stück, das eine ganz neue Sicht auf die Suche des Peer nach Erfüllung seiner Träume, nach Bedeutung und Reichtum wagte, erhielt viele, positive Kritiken. Selten wurde über ein Stück in den letzten Jahren so lebendig diskutiert. Während viele Zuschauer jubelten, blieben auch einige irritiert zurück. Peer Gynt erzielte trotz eines zweieinhalb monatigen Marketing- und PR-Rückstandes aufgrund der kurzfristigen Planung bei 18 Aufführungen eine Auslastung von 63 Prozent. „Peer Gynt halt natürlich die Gemüter gespalten, aber es freut mich, dass die Inszenierung die Menschen so bewegt hat. Selten haben die Leute so nachhaltig über ein Stück gesprochen und es diskutiert. Fast jeden Tag habe ich nach ihrem Besuch von Peer Gynt Mails von Zuschauern bekommen. Die meisten waren davon waren positiv.“, sagt Festspielintendant Joern Hinkel. Andrea Jung, die kaufmännische Leiterin der Festspiele, ist mit dieser Auslastung zufrieden: „In Anbetracht der Tatsache, dass für Peer Gynt überhaupt erst am 17. Mai das Ensemble der Öffentlichkeit vorgestellt werden konnte, sind 63 Prozent Auslastung ein gutes Ergebnis.“

Große Erfolge im Schloss Eichhof

Neues wagte Intendant Joern Hinkel auch im Schloss Eichhof, der kleinen Festspielbühne mit 230 Plätzen, mit dem Hemingway-Bestseller „Der Alte Mann und das Meer“ (Sieben Aufführungen, 100 Prozent Auslastung) mit Horst Janson in der Hauptrolle, indem er dort erstmals ein ernsteres Stück auf den Spielplan setzte. Die Kritiker lobten Horst Jansons wunderbare Darstellung als Fischer Santiago. Zudem inszenierte Joern Hinkel im Eichhof mit großem Erfolg die Komödie „Indien“ (22 Veranstaltungen, 90 Prozent Auslastung) von Josef Hader und Alfred Dorfer über zwei „Grantler“, die sich mühsam während einer Wirtshaus-Odyssee zusammenraufen, über Träume von einem besseren Leben. In der Rolle der zwei unterschiedlichen Restauranttester begeisterten Robert Joseph Bartl als Kurt Fellner und Mathias Znidarec als Heinz Böseö Publikum und Kritiker gleichermaßen.

Shakespeare in Love: Das erste Mal auf einer deutschen Bühne

Als Joern Hinkel von einer Aufführung von „Shakespeare in Love“ im Wiener Theater in der Josefstadt erfuhr, sicherte er sich durch rasche Verhandlungen und mit dem Hinweis auf den einmaligen Aufführungsort, die Hersfelder Stiftsruine, beim Rowohlt-Verlag und den Vertretern von Disney die Aufführungsrechte des Stückes. Shakespeare in Love in der Bühnenfassung von Lee Hall nach dem Oscar-prämierten Drehbuch von Tom Stoppard wurde in der Stiftsruine in Bad Hersfeld zum ersten Mal in Deutschland gezeigt. Mit 88 Prozent Austastung und jubelnden Besuchern ist die Geschichte um den jungen Will Shakespeare in jeder Hinsicht ein Erfolg. Die positiven Kritiken wurden durch den Großen Hersfeldpreis für die beiden Hauptdarsteller, Natalja Joselewitsch und Dennis Herrmann bestätigt. Regisseur Antoine Uitdehaag und Intendant Joern Hinkel stellten ein hinreißendes Ensemble aus begabten, jungen Nachwuchstalenten und bekannten Darstellern wie Brigitte Grothum und Martin Semmelrogge zusammen, das alle überzeugte.

Ausverkaufte Musicals

Ein riesiger Erfolg war das Musical „Hair“ mit Bettina Mönch in der Rolle der Sheila. Es erreichte eine Auslastung von 99 Prozent und war nach einigen Wochen ausverkauft. Zudem stand das Musical „Titanic“ in der spektakulären Inszenierung von Stefan Huber bereits in der zweiten Saison auf dem Spielplan. 93 Prozent der Plätze waren belegt. Auch dies war ein großer Erfolg.

Lenas Geheimnis für kleine und große Festspielbesucher begeisterte

Immer wieder wurde von vielen Besucher der Wunsch nach einem Stück für Kinder in der Stiftsruine an die Festspiele herangetragen. Franziska Reichenbacher schrieb und inszenierte die märchenhafte Geschichte um „Lenas Geheimnis – von Menschen, Mäusen, Zauberwesen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene“ und sorgte für begeisterte Reaktionen der großen und kleinen Zuschauer. Erstmals standen prominente Ensemblemitglieder aus den Schauspiel- und Musicalproduktionen in einem Kinderstück gemeinsam auf der Bühne – unter anderem Brigitte Grothum, Horst Janson, Martin Semmelrogge, Uwe Dag Berlin, Ute Reiber, Diana Margolina, Amelie Hinkel, Alicia Hohmann sowie Mitglieder des Hais-Ensembles. Die Produktion entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Projekt „Künste öffnen Welten“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und der Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung, unter Beteiligung der Konrad-Duden-Schule (KulturSchule des Landes Hessen unter der Koordination von Andrea Exner). Rund 30 Kinder aus diesem Projekt spielten gemeinsam mit Schauspielern, Sängern und Tänzern und sorgten für eine Auslastung von fast 93 Prozent.

Konzert Romeo und Julia: Ein Highlight in der Stiftsruine

Mit Standing Ovations gefeiert wurde der Konzert-Abend „Romeo und Julia“ in der Stiftsruine. Das renommierte Hessische Staatsorchester der Stadt Wiesbaden und des Landes Hessen unter der Leitung seines Generalmusikdirektors, Patrick Lange, hat eigens für die Bad Hersfelder Festspiele das Musikprogramm für diesen Abend zusammengestellt. Intendant Joern Hinkel gelang es, Weltstar Marianne Sägebrecht und den Hersfelder Publikumspreisträger 2017, Robert Joseph Bartl, für die musikalische Lesung zu gewinnen. Die beiden trugen Texte aus Romeo und Julia von William Shakespeare passend zu Sergej Prokofievs gleichnamiger Ballett Suite und Peter Tschaikowskys Ouvertüre vor. Marianne Sägebrecht begleitete Nikolai Rimsky-Korsakows Orchesterfantasie „Scheherazade“ auch mit Geschichte aus Tausend und eine Nacht. Die Auslastung lag bei 66 Prozent.

Konzerte von Michael Patrick Kelly, Gregor Meyle und die Prinzen

Die drei Popkonzerte dieses Sommers lassen sich kurz und knapp zusammenfassen: Sie waren blitzschnell ausverkauft und die Besucher waren mehr als begeistert.

Foyer im Grünen noch beliebter

Das gute Wetter hatte das „Foyer im Grünen“ in diesem Sommer natürlich noch attraktiver gemacht. Das Cateringunternehmen der Familie Bücking zeigte sich besonders erfreut, dass inzwischen viele Hersfelder unabhängig vom Besuch einer Vorstellung das zauberhafte Ambiente und das gastronomische Angebot genossen hatten. Vor und nach den Vorstellungen blieben viele Zuschauer länger in der Festspiellounge als in den vergangenen Spielzeiten, sodass Frank Bücking mit dem Gesamtergebnis mehr als zufrieden sein kann.

Abschlussgala und Publikumspreis

Die Abschlussgala der 68. Bad Hersfelder Festspiele war in diesem Jahr mit dem Titel „Summersongs“ überschrieben und begeisterte auch in diesem Jahr die Besucher (Auslastung 72 Prozent). Mathias Schlung moderierte das Konzert des Orchesters der Bad Hersfelder Festspiele unter Leitung des Hersfeld-Preisträgers 2017, Christoph Wohlleben. Die vielseitigen Musiker, die sich aus Orchestern in ganz Deutschland zusammensetzen, sich jedes Jahr erneut in Bad Hersfeld einfinden und in geradezu jedem Genre zuhause sind – von der Oper über Musical bis hin zur Rock- und Popmusik – begleiteten Katja Ebstein, den diesjährigen Gaststar der Abschlussgala, sowie Bettina Mönch, Riccardo Greco, Christof Messner, Roland Riebeling, Günter Alt, Ute Reiber und die Hersfeld-Preisträgerin 2018, Corinna Pohlmann, die ihre ganz persönlichen Summersongs präsentierten. Im Rahmen der Gala wurde der Zuschauerpreis 2018 an Christian Nickel für seine Rolle des „Peer“ in „Peer Gynt“ verliehen. Dies ist bereits der dritte Preis in Folge, den der Schauspieler in Bad Hersfeld erhalten hat. In den letzten beiden Jahren ist er für seine Darstellung in „Hexenjagd“ und in „Martin Luther – der Anschlag“ mit dem Großen Hersfeldpreis ausgezeichnet worden.

Dass die Festspiele auch ein enormer Wirtschaftsfaktor für die Stadt Bad Hersfeld und die Region sind, hat die wissenschaftliche Studie zur Umwegrentabilität der Festspiele gezeigt, die die renommierte Hochschule Worms im April diesen Jahres vorstellte. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Bad Hersfelder Festspiele im Jahr 2017 eine Gesamtwertschöpfung von 6,5 Millionen € generiert haben. Diese Wertschöpfung übersteigt den öffentlichen Zuschuss der Stadt, der in diesem Jahr 1,4 Millionen € beträgt, deutlich. Der Gesamtetat der 68. Bad Hersfelder Festspiele beläuft sich auf acht Millionen €, eine Millionen Euro weniger als im vergangenen Jahr. Hierzu Festspielintendant Joern Hinkel: „Ich danke allen Freunden, Förderern und Sponsoren. Ich bin über die Förderung durch den Bund, das Land Hessen, den Landkreis Hersfeld-Rotenburg und die Stadt Bad Hersfeld sehr froh; Dass sie mir durch ihre Zuwendung ihr Vertrauen ausgesprochen haben, betrachte ich keineswegs als selbstverständlich, im Gegenteil: In einer Zeit, in der oft als Erstes am Kulturamt gespart wird, ist es ein besonderes Zeichen für die Festspiele, dass sie durch öffentliche Mittel gestärkt werden. Nur durch diese Unterstützung kann das hohe Niveau, für das die Festspiele über die Grenzen hinweg bekannt sind, überhaupt gehalten werden.“ Eine seriöse Geschäftsbilanz der Festspiele 2018 kann erst im Winter gezogen werden, da das Geschäftsjahr der Saison bis zum 31. Dezember 2018 läuft und viele Buchungsvorgänge noch nicht abgeschlossen sind. +++ ja