Vom Kerzenhersteller zum christlichen Dienst am Bedürftigen

Bereisung Hessischer Denkmalschutzpreis 2020

Prof. Dr. Markus Harzenetter (Juryvorsitzender, Präsident LfDH), Kerstin und Gerd Hausner (Eigentümer), Britta Schack (LfDH), Adrian Hehl (Untere Denkmalschutzbehörde Fulda). (v.l) Foto: Christine Krienke, LfDH

„Vom Verkauf der „Eika“ hörten wir im Radio und fuhren am gleichen Tag zur Fabrik. Wir waren von den alten Gebäuden sofort begeistert, trotz des extrem desolaten Zustandes. Man hätte zumindest die Löcher im Dach schließen können, um das schöne alte Gebäude zu bewahren“, erzählt Herr Hausner. Nachdem die Familie sich über die Geschichte des Gebäudes informiert und eine Besichtigung vorgenommen hat, war der Entschluss zum Erwerb gefasst. Das an exponiertem Standort weithin sichtbare, markante Gebäude war seit 1824 Sitz des Traditionsunternehmens Eickenscheidt, später EIKA. Es war Zentrum der deutschen Kerzenfabrikation und größter Arbeitgeber im Kreis Fulda. Seit der Restaurierung (2016-2019) wird das Gebäude vom Malteser Hilfsdienst genutzt. In den großzügigen Räumlichkeiten konnten die Malteser-Institutionen mit ihren vielfältigen Angeboten konzentriert und zentralisiert werden.

Mit der Insolvenz des traditionsreichen Unternehmens EIKA Kerzenfabrik war die Zukunft des Kulturdenkmals unsicher geworden. Eine benachbarte Papierfabrik wollte das Grundstück zu Logistikzwecken übernehmen, doch wäre dies wohl das Ende einer angemessenen Nutzung für das historische Fabrikgebäude gewesen. Seinen „Retter“ fand das Kulturdenkmal schließlich in der Familie Hausner, die mit dem 1902 erbauten Fabrikationsgebäude auch einen 1959 von Hans Winter erbauten Verwaltungsbau übernahm, der ebenfalls unter Denkmalschutz steht. Zunächst wurden jüngere Anbauten am alten Fabrikgebäude entfernt. Leider hatte sich in Folge jahrzehntelanger Vernachlässigung Hausschwamm im Mauerwerksbereich entwickelt, der zum Teil bis in die Kellergeschosse reichte. Deshalb bestand die vordringlichste Aufgabe darin, das in Folge Jahrzehnte langen Leerstands undicht gewordene Dach zu sanieren. Ein Großteil der bauzeitlichen Sparren musste ergänzt oder erneuert werden, die gestalteten Brandmauern und Schornsteinköpfe dagegen wurden bewahrt.

Im Erdgeschoss konnten neun historische Fenster erhalten werden, alle anderen wurden durch detailgetreue Repliken ergänzt, so dass die Annäherung an das originale Erscheinungsbild des Gebäudes weitestgehend erfolgte. Im Inneren wurde die Raumstruktur der ehemaligen Manufaktur samt der Gebrauchsspuren der bauzeitlichen Stützen belassen. Die Haustechnik wurde komplett erneuert. Unter dem neuen Estrich befindet sich in allen Etagen eine Fußbodenheizung. Der Verwaltungsbau musste nur renoviert werden. Leider mussten der originale Fensterbestand auch hier ersetzt werden. Beide Gebäude wurden behindertengerecht erschlossen.

Familie Hausner hatte in Fulda mit ähnlichen Projekten – der Wollgarnfabrik und der ehemalige Landeszentralbank – bereits gute Erfahrungen gemacht hat. Die Familie hat der katastrophale Zustand der „Eika“ nicht abgeschreckt. Erschreckt hat sie nur die Verwahrlosung und das fast absichtliche „Verkommenlassen“ des Gebäudes. Neben der kompletten Bauleitung hat die Familie mit Freunden auch selbst Hand angelegt, etwa im Treppenhaus oder an den Verzierungsbrettern unterhalb der Regenrinnen. +++