
Berlin. Verdi-Chef Frank Bsirske hat die Abschaffung des kirchlichen Arbeitsrechts gefordert, des sogenannten „dritten Weges“, der unter anderem Streiks in kirchlichen Einrichtungen und Unternehmen ausschließt. „Als Sonderrecht der Kirche im kollektiven Arbeitsrecht gehört das abgeschafft“, sagte Bsirske der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. „Dass der Arbeitgeber allein beansprucht, die Regeln aufzustellen, an die sich dann alle halten müssen, halte ich für grundgesetzwidrig und für einen Eingriff in die Grundrechte der kirchlichen Arbeitnehmer.“ Das Kirchenarbeitsrecht sei überholt: „Der Gesetzgeber hat das fast eins zu eins aus der Weimarer Reichsverfassung übernommen – wie sollte das zeitgemäß sein?“, so der Verdi-Bundesvorsitzende.
Er nannte den „dritten Weg“ einen „Akt der Usurpation, weil er mehr als einer Million Beschäftigten das Grundrecht auf Streik nimmt“. Die Gewerkschaft Verdi versucht seit Längerem, auch für die kirchlichen Beschäftigten Tarifverträge abzuschließen. Vor allem für die vielen Beschäftigten in der Pflege will Verdi bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne durchsetzen. Doch gerade in den Altenheimen seien Organisationsgrad und Tarifbindung „verschwindend gering“, sagte Bsirske. „Gerade private Anbieter betreiben massives Lohndumping, selbst bei der Diakonie brechen viele Häuser weg“, sagte er und forderte, die Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären, damit sie trotzdem für alle gelten.
Der Verdi-Chef mahnte mehr Ausbildungsplätze zu besseren Konditionen an, sonst laufe das Land in einen Pflegenotstand, weil die vielen neuen Stellen nicht besetzt werden könnten. Dass die Kosten für die Pflege dadurch steigen würden, lasse sich nicht verhindern. Damit wegen des hohen Eigenanteils nicht mehr so viele Pflegebedürftige auf Sozialhilfe angewiesen seien, schlug Bsirske zudem vor, über einen Ausbau der Pflegeversicherung von einer Teil- zur Vollkaskoversicherung nachzudenken. „Wir haben das schon mal durchrechnen lassen, es würde gar nicht so dramatisch teurer – um etwa zwei Beitragspunkte, paritätisch zu finanzieren von Arbeitgebern und Arbeitnehmern“, sagte Bsirske. +++
Es geht hier ja nicht nur um die direkt bei der Kirche angestellten Mitarbeiter, sondern vor allem um die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den kirchlichen Krankenhäusern und Pflegeheimen. Neben der unangemessenen Bezahlung geht es auch darum, dass durch die Niedriglöhne gegenüber den anderen Krankenhäusern Wettbewerbsvorteile erzielt werden – und das mit einem Kirchenrecht aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Allerdings ist das kein Thema für unsere CDU-Region Fulda. Das müsste auf einer ganz anderen Ebene diskutiert werden und diese Diskussion will Bsirske endlich anstoßen.