Unions-Fraktionsvize: Europäer empfinden Brüssel als fremde Macht

Berlin/ Brüssel. Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Hans-Peter Friedrich (CSU) hat den EU-Spitzengremien und führenden Europa-Politikern vorgeworfen, Politik gegen den Willen der europäischen Bürger zu machen. "In Brüssel versteht man offenbar nicht, wie die Stimmung bei den Bürgern ist: Die Europäer empfinden Brüssel zunehmend als fremde Macht", sagte Friedrich der "Welt".

Scharfe Kritik übte der CSU-Politiker an dem in der vergangenen Woche vorgestellten sogenannten 5-Präsidenten-Papier: "Herr Juncker und Herr Schulz schlagen Maßnahmen vor, die eher an Kontroll- und Planwirtschaft aus Ostblockzeiten erinnern." Das Papier verlange von den Nationalstaaten, noch mehr Souveränitätsrechte an die EU abzugeben. "Das ist in einer Situation, in der sich die Mitgliedsstaaten von Brüssel bevormundet fühlen, ein unglaublicher Vorgang", kritisierte der frühere Innen- und Landwirtschaftsminister. Als Beispiele nannte er die Forderungen nach nationalen Einrichtungen zur Überwachung von Wettbewerbsfähigkeit und Lohnbildung mit Berichtspflicht nach Brüssel. Dazu erklärte Friedrich: "Die CSU wird sich gegen eine weitere Übertragung nationaler Souveränitätsrechte nach Brüssel zur Wehr setzen." Der CSU-Politiker sagte auch: "Die Eurokraten in Brüssel denken sich ständig noch mehr Zentralismus aus und drehen das Rad so in noch größerem Tempo in die falsche Richtung." Die Glaubwürdigkeit der EU stehe auf dem Spiel. Brüssel sei nicht in der Lage, selbstkritisch Fehlentwicklungen zu benennen und zu korrigieren. "Nehmen wir Griechenland: Jeder weiß, dass es ein Fehler war, Griechenland in den Euro aufzunehmen. Was ist die Konsequenz? Der Fehler wird nicht behoben", so Friedrich.

"Es wird einfach weitergewurschtelt." Friedrich forderte angesichts der zugespitzten griechischen Schuldenkrise mehr Selbstkritik Europas: "Wir müssen uns beim Griechenland-Drama auch einmal an die eigene Nase fassen." Europa dürfe nicht weiter den Eindruck der Entscheidungsschwäche vermitteln, sonst würden "solche Spieler" (wie Tsipras und Varoufakis) noch ermutigt. Auch in diesem Zusammenhang kritisierte er EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker: "Schauen Sie sich Herrn Juncker an. Der nimmt Tsipras an die Hand, macht ständig Kompromissangebote und will mit dem Geld anderer Leute die Welt retten. Ein Mandat dafür hat er übrigens nicht." Mit Blick auf das für Sonntag geplante griechische Referendum äußerte Friedrich die Befürchtung, dass es in Brüssel genügend "Träumer" gebe, "die den Griechen in letzter Minute noch ein paar Milliarden zuschieben möchten". Die europäischen Regierungschefs dürften notwendige Kompromisse nicht mit Schwäche und Inkonsequenz verwechseln, forderte der CSU-Politiker, sondern sie müssten klare Entscheidungen treffen. "Sich nur über die eigene Regierungszeit retten zu wollen, ist keine verantwortungsvolle Politik." +++ fuldainfo


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1 Kommentar

  1. Diese Europa ist nicht das Europa was wir wollen. Europa soll sich um die Angleichung der Steuergesetze in der EU kümmern, ausschließen, dass Steueroasen hier in der EU entstehen. Die Meyer Werft z. B. verlegt ihren Sitz nach Luxemburg, doch nur um Steuern zu sparen. Die gleiche Firma, die sich von niedersächsischen Steuerzahlern die Ems-Vertiefung bezahlen lässt. Weiteres Beispiel, die Maut. Man kann zur Maut stehen wie man will, aber ich glaube das gehört der EU nichts an, oder sie regeln die Straßenbenutzung europaweit und für alle verbindlich.
    Die Zusammensetzung des Europaparlament verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz. Apartheitspolitik auf europäisch halt. Oder wie erklären sie mir den Umstand, dass Bayern mit 12,5 Mio. Einwohnern 8 Abgeordnete ins EP entsendet, Österreich mit 8,5 Mio Einwohnern aber 18? Aber nichts gegen Österreich, das Land mag ich.
    Was an Europa stört, ist das Diktat aus Brüssel. Die Regionen wollen selbst entscheiden, was in ihren Ländern geschieht. Was übrigens auch für die BRD gilt.

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