Union verlangt Nachziehen Deutschlands bei Langstreckenwaffen

Kreml sieht neue Lage durch US-Raketenentscheidung

Unionsfraktionsvize und Verteidigungspolitiker Johann Wadephul (CDU) hält die Entscheidung der USA, der Ukraine den Einsatz von Langstreckenwaffen auch auf russischem Territorium zu gestatten, für „verständlich“ und fordert ein Nachziehen Deutschlands.

„Die Entscheidung Bidens ist eine verständliche Reaktion auf die Eskalation durch Russland, welches jetzt auch nordkoreanische Spezialtruppen einsetzt“, sagte Wadephul den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Diese könnten jetzt durch die Ukraine bekämpft werden. „Putin muss immer wieder erfahren, dass wir ihn mit seiner brutalen Aggression nicht durchkommen lassen. Es wäre logisch, wenn Deutschland sich wie die USA verhielte.“

Wadephul wirft dem Kanzler vor, nach seiner Rede zur Zeitenwende, „zu keinem Zeitpunkt die geopolitische Lage richtig verstanden“ zu haben. „Es gibt einen diametralen Unterschied, ob ich die USA bei ihrem Einsatz gegen Saddam Hussein unterstütze oder der überfallenen Ukraine Nothilfe leiste. Da hat Scholz immer zu wenig zu spät geliefert.“ Wadephul spricht von einem „historischen Fehler seiner jetzt endenden Kanzlerschaft“. „Der wird uns im freien Europa noch lange belasten. Unsere Gefährdung hat dadurch erheblich zugenommen.“

Aber nicht nur die Union fordert in Analogie zu den USA die Freigabe für die Ukraine zum Einsatz von Langstreckenwaffen auf russischem Territorium, sondern auch die Grünen. „Wenn die USA jetzt freigeben, muss Deutschland nachziehen“, sagte die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

Zugleich warnte Nanni Scholz davor, mit der Taurus-Frage und historischen Anleihen bei Gerhard Schröder Wahlkampf zu machen. „Gerhard Schröder hat verhindert, dass Deutschland in einen sinnlosen Krieg der USA gegen den Irak einzieht. Diese Entscheidung war damals richtig. Wenn Scholz jetzt über die Taurus-Frage Wahlkampf machen will, steht er auf der falschen Seite der Geschichte. Die Ukraine hat das Recht, sich zu verteidigen.“

Baerbock begrüßt US-Entscheidung zu Langstreckenwaffen für Kiew

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Entscheidung der USA, der Ukraine den Einsatz von Raketen mit größerer Reichweite gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet zu erlauben, begrüßt.

Es handele sich dabei nicht um ein „Umdenken“, sondern es sei eine Intensivierung von dem, was bereits auch von anderen Partnern geliefert worden sei, sagte sie am Montag vor einem Treffen mit ihren EU-Amtskollegen in Brüssel. „Das Selbstverteidigungsrecht bedeutet eben, dass man nicht abwarten muss, bis eine Rakete in ein Kinderkrankenhaus oder in eine Schule oder auch in einen ganz normalen Wohnblock erst einschlägt.“ Man müsse „diesen militärischen Terror“ beim Abschuss bereits zerstören.

Baerbock bekräftigte zudem, dass sie sich auch für Deutschland ein Nachziehen vorstellen könnte. Zuvor hatte bereits Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck gesagt, dass er als Kanzler eine Lieferung des Marschflugkörpers Taurus an Kiew befürworten würde.

SPD sieht in Bidens Raketen-Entscheidung innenpolitische Gründe

Auch nach der Entscheidung von US-Präsident Joe Biden, der Ukraine den Einsatz weitreichender Raketen gegen bestimmte Ziele in Russland zu erlauben, will die SPD am Nein zur Lieferung des Marschflugkörpers Taurus festhalten.

„Der Taurus-Marschflugkörper ist aus guten Gründen bislang nicht geliefert worden“, sagte der Außenexperte der Bundestagsfraktion, Nils Schmid, der „Rheinischen Post“ (Dienstagsausgabe). „Bundeskanzler Olaf Scholz hat wiederholt betont, dass sich an seiner Haltung dazu nichts ändern wird.“

Schmid ergänzte: „Die Entscheidung von Präsident Biden hat zudem innenpolitische Gründe.“ So wolle Biden ein Signal der entschlossenen Unterstützung der Ukraine gesendet werden, das „es Donald Trump erschweren wird, diese Unterstützung nach seinem Amtsantritt schlagartig zu beenden“. Schmid ergänzte: „In Deutschland steht ein solcher Kurswechsel unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl gar nicht an.“

Kreml sieht neue Lage durch US-Raketenentscheidung

Nach der mutmaßlichen Erlaubnis der Vereinigten Staaten, dass Kiew mit US-Waffen tief im Inneren Russlands Angriffe durchführen darf, sieht der Kreml nach eigenen Angaben eine neue Lage in dem Konflikt.

„Wenn eine solche Entscheidung tatsächlich formuliert und dem Kiewer Regime mitgeteilt wurde, ist dies eine neue Stufe der Spannungen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag. Es sei dann „eine neue Dimension des Engagements der Vereinigten Staaten in diesem Konflikt“.

Auf die Frage nach der Reaktion Moskaus auf die Entscheidung Washingtons verwies Peskow auf Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin im September. Dieser hatte damals behauptet, dass Einsätze mit den entsprechenden Raketensystemen angeblich nur von Soldaten der Nato-Länder durchgeführt werden könnten und ukrainische Militärangehörige dazu nicht in der Lage seien. In diesem Zusammenhang hatte Putin von einer direkten Beteiligung von Nato-Ländern an dem Krieg gesprochen.

Wie die Reaktion der Russen aussehen wird, blieb zunächst unklar. Putin hatte eine „angemessene Reaktion“ auf eine solche Entscheidung angekündigt, ohne aber weitere Details zu nennen. +++

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