Union und SPD stärken RKI-Präsident Wieler den Rücken

FDP legt bei Kritik an RKI-Chef Wieler nach

Nach Kritik aus Reihen der FDP an RKI-Chef Lothar Wieler haben SPD und Union sich hinter den Präsidenten des Robert-Koch-Instituts gestellt. „Die Ampel ist nicht einmal 100 Tage im Amt und die selbst ernannte Wissenschaftspartei FDP grätscht in die Seite des SPD-Gesundheitsministers“, sagte Unionsfraktionsvize Sepp Müller dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Es sei „ziemlich fragwürdig, wie die Koalitionäre miteinander umgehen“. Klar sei, die Kommunikation des RKI müsse sich deutlich verbessern, so Müller. Unabhängig davon sei Wieler eine „ausgewiesene wissenschaftliche Koryphäe, die wir von der Union respektieren und unterstützen“.

Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt sagte unterdessen den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, dass Wieler in der zweijährigen Pandemie „viel geleistet und unermüdlich gearbeitet“ habe. Das Robert-Koch-Institut sei wissenschaftlich unabhängig und trage mit seiner Expertise dazu bei, dass Deutschland gut durch die Pandemie komme. Es werde auch weiterhin notwendig sein, politisches Handeln der wissenschaftlichen Expertise anzupassen. Schmidt sagte allerdings, dass es auch auf eine gute Vermittlung ankomme: „Dabei muss auf eine gute Kommunikation und Umsetzbarkeit Rücksicht genommen werden“, so die SPD-Fraktionsvize. Nach der Verkürzung des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate durch das RKI war die FDP zuletzt auf Distanz zu Wieler gegangen.

FDP legt bei Kritik an RKI-Chef Wieler nach

Die der Kritik des designierten FDP-Generalsekretärs Bijan Djir-Sarai an RKI-Präsident Lothar Wieler haben weitere liberale Politiker ihren Unmut über den Behördenchef geäußert. „Mit der Veränderung des Genesenenstatus quasi über Nacht hat RKI-Chef Wieler erneut Irritationen ausgelöst“, sagte FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer dem „Spiegel“. Der Bundestag müsse künftig über den Genesenenstatus entscheiden. „Dabei geht es um die demokratische Legitimation und damit auch um das Vertrauen in den liberalen Rechtsstaat.“ Auch FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle sieht das so: „Die neue Bundesregierung hat sich vorgenommen, über wichtige Corona-Entscheidungen im Parlament zu befinden. Das sollte auch für die Veränderung des Genesenenstatus gelten“, sagte er dem Nachrichtenmagazin. Er bescheinigte dem RKI, mit der plötzlichen Entscheidung „viel Vertrauen zerstört“ zu haben. Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche stellte sich hingegen hinter Wieler. Die Kritik an ihm sei „völlig unangemessen“, sagte sie dem „Spiegel“. Womöglich hätte es bei der Frage des Genesenenstatus eine „bessere Kommunikation mit dem Bundesgesundheitsministerium“ geben können: „Das kann ich nicht bewerten, aber auch das würde nicht die Qualifikation von Professor Wieler infrage stellen.“ Die Entscheidung über den Genesenenstatus ins Parlament zu verlegen, lehnt sie ab: „Wir tun uns keinen Gefallen, wenn wir jetzt mit populistischen Forderungen Aktion vortäuschen.“ Der Linken-Gesundheitspolitiker Ates Gürpinar kritisierte SPD-Gesundheitsminister Karl Lauterbach: „Herr Wieler ist für mich nicht die entscheidende Person. Angesichts des sonstigen Sendungsbewusstseins hätte ich eine bessere Kommunikation von Herrn Lauterbach selbst erwartet.“ Hintergrund ist die Ad-hoc-Entscheidung des RKI Mitte Januar, den Genesenenstatus von sechs auf drei Monate zu verkürzen. Daran gab es Kritik von Ministerpräsidenten. Lauterbach sprach im ZDF von einer „Kommunikationsfehlleistung“.

FDP stellt sich bei Genesenenstatus gegen Lauterbach

Die FDP fordert einen Kurswechsel bei der Befristung des Genesenenstatus für Corona-Infizierte und stellt sich damit gegen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). „Die Entscheidung über den Genesenenstatus gehört ins Parlament“, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der „Welt“. Dabei sollte das Ziel eine einheitliche Regelung in Europa sein. „Wenn alle europäischen Länder bei sechs Monaten bleiben, sollte Deutschland sich dem ebenfalls anschließen.“ Auch was die grundlegende Ausrichtung des künftigen Corona-Kurses anbelangt, geht die FDP auf Konfrontation zu Lauterbach: Die nächste Ministerpräsidenten-Konferenz am 16. Februar sollte jetzt konkrete Öffnungsschritte beschließen, so Dürr. Als erster Schritt gehe es um eine Aufhebung der 2G-Regel im Einzelhandel. „Außerdem gehören die Kontaktbeschränkungen für Geimpfte jetzt auf den Prüfstand. Wir müssen uns auf Lockerungen vorbereiten und dürfen der Entwicklung nicht erneut hinterherlaufen.“ Nötig s  ei ein klarer Öffnungsplan. SPD und Grüne sperren sich gegen schnelle Lockerungen. „Angesichts weiter steigender Infektionszahlen sind Lockerungen derzeit verfrüht“, sagte Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann der „Welt“. Vorsicht sei weiter geboten. Bund und Länder müssten aber jetzt „Vorbereitungen für Öffnungen“ treffen. „Denkbar sind beispielsweise Stufenmodelle, wann welche Regelungen entfallen können, damit die Menschen wissen, worauf sie sich einstellen können und insbesondere Branchen wie die Kultur oder der Einzelhandel Planungssicherheit haben.“ SPD-Fraktionsvize Dagmar Schmidt sagte: „Wir sollten weiter Vernunft walten lassen, statt heute durch riskante Öffnungen unseren Erfolg leichtfertig aufs Spiel zu setzen.“ Sie verstehe, dass die Menschen „coronamüde“ seien, das Schlimmste für diesen Winter sei bald überstanden. „Wir erwarten bald den Höhepunkt der Omikron-Welle, danach können wir lockern.“ Unionsfraktionsvize Sepp Müller (CDU) forderte eine Öffnungsperspektive für Kinder und Jugendliche im Bereich Sport und Kultur. „Gleichzeitig sollten für den Einzelhandel und für die Gastronomie sowie der Tourismusbranche eine Perspektive gegeben werden, beispielsweise durch eine Rückkehr zu 3G und wöchentliche Öffnungsschritte.“ Auch Linke-Gesundheitspolitikerin Kathrin Vogler verlangte, Jugendlichen unter 18 auch ohne Impf- oder Genesenenstatus wieder Zugang zu Sport- und Kulturangeboten zu ermöglichen. In der Frage des Genesenenstatus schlug Vogler eine Übergangslösung vor: „Die Verkürzung muss zumindest so lange zurückgenommen werden, dass alle Betroffenen ausreichend Zeit bekommen, sich darauf einzustellen und sich impfen zu lassen.“ Dasselbe müsse für diejenigen gelten, die mit dem Impfstoff von Johnson & Johnson geimpft waren und von einem Tag auf den anderen den Status als Geimpfte verloren haben. „Auch ihnen muss ausreichend Zeit für die Auffrischungsimpfung gegeben werden.“ +++