Umfrage: Große Mehrheit gegen Demos von Corona-Skeptikern

Von Lucke: Corona-Proteste könnten in neuen Extremismus umschlagen

Die Proteste von Corona-Skeptikern, die am vergangenen Wochenende in einer Demonstration in Berlin gipfelten, werden laut Forsa von der großen Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt. 91 Prozent der Bundesbürger, darunter 94 Prozent der 18- bis 29-Jährigen, haben kein Verständnis für die Proteste, so das am Samstag veröffentlichte RTL/ntv-Trendbarometer. Nur 9 Prozent der Gesamtbevölkerung geben sich verständnisvoll. Während die Anhänger fast aller Parteien den Protesten mit großer Mehrheit ablehnend gegenüberstehen, begrüßen 59 Prozent der AfD-Anhänger die Demonstrationen.

Die meisten Deutschen (87 Prozent) sind überzeugt, dass die „Anti-Corona-Demonstranten“ nur eine Minderheit der Bevölkerung repräsentieren. Auch hier sind die AfD-Anhänger anderer Auffassung: 63 Prozent glauben, dass die Proteste die Mehrheit der Gesellschaft hinter sich haben. Die Anhänger aller übrigen Parteien und auch die große Mehrheit in allen Altersgruppen halten diese Einschätzung für falsch. 51 Prozent der Bundesbürger sind sich sicher, dass die „Anti-Corona-Demonstranten“ der AfD nahestehen. 32 Prozent denken, dass die Protestler mit keiner Partei verknüpft sind. Auch in dieser Frage kommen lediglich die Anhänger der AfD zu deutlich anderen Einschätzungen: Nur 8 Prozent von ihnen glauben, dass die Demonstranten zum Umfeld der AfD gehören. 64 Prozent der AfD-Anhänger meinen, dass die Protest-Teilnehmer keiner Partei zuzuordnen sind. Die Daten wurden am 6. und 7. August im Auftrag der Mediengruppe RTL erhoben. Datenbasis: 1.005 Befragte.

Von Lucke: Corona-Proteste könnten in neuen Extremismus umschlagen

Der Berliner Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke fürchtet, dass die aktuellen Proteste von Corona-Skeptikern noch weiter eskalieren könnten. Bei den Corona-Widerständlern drohe das Unbehagen in einzelnen Fragen wie der Impfthematik in eine „fundamentale Systemfeindschaft und einen neuen Extremismus aus der Mitte“ umzuschlagen, der jegliche Demokratie ablehne, schreibt von Lucke in einem Gastbreitrag im Magazin „Focus“. Dagegen glaubt er nicht, dass sich aus den Protesten eine erfolgreiche Partei nach dem Muster der AfD entwickeln könnte. „Widerstand allein ist noch kein Parteiprogramm“, schreibt von Lucke. Anders als im Fall der Grünen oder der AfD, den beiden erfolgreichsten Parteineugründungen in der Geschichte der Bundesrepublik, handele es sich bei den Demonstranten um eine völlig amorphe Bewegung, die ohne konsistente Weltanschauung auskomme. Das mache allein der Name „Wir 2020“ der Partei des Sinsheimer Arztes und Protest-Organisators Bod  o Schiffmann deutlich, sagte von Lucke. Geeint seien die Protestierenden nur in der Abwehr gegen eine angebliche Corona-Diktatur als Herrschaft der Virologen. „Dahinter steckt die fast wahnhafte Idee eines alles und alle beherrschenden Deep State, eines tiefen Staates, der im Zusammenspiel mit den Mainstream-Medien die Menschen manipuliert und steuert“, sagte von Lucke dem „Focus“. Die Ablehnung jeglicher Einschränkungen der individuellen Freiheit hält er für besorgniserregend. Eine Partei könne immerhin Emotionen in die bestehenden Institutionen kanalisieren. +++