Über 3.650 Menschen von Bundeswehr aus Kabul evakuiert

Habeck erwartet langfristigen Afghanistan-Abschiebestopp

Die Bundeswehr hat seit letzter Woche in über 20 Flügen mehr als 3.650 Menschen aus Kabul evakuiert. Darunter seien viele Familien mit Kindern, teilte die Luftwaffe mit. Allein am Montag wurden nach offiziellen Angaben 944 Menschen vom deutschen Militär ausgeflogen. Zuletzt landete in der Nacht zu Dienstag ein A400M mit 211 Schutzbedürftigen in der usbekischen Hauptstadt Taschkent. Am Montag hatte die Bundeswehr auch Hilfsgüter nach Kabul geflogen. „Diese sollen die schwierige humanitäre Lage am Flughafen verbessern“, hieß es in einer Erklärung. Dabei waren Nahrung, Bekleidung sowie Babysachen, die offenbar zum Teil gespendet wurden. Auch andere Länder absolvieren Evakuierungsflüge aus der afghanischen Hauptstadt. Eine Reporterin des arabischen Nachrichtensenders Al-Jazeera berichtete vom Flughafen, dort würde etwa alle 15 Minuten ein Flieger abheben.

Habeck erwartet langfristigen Afghanistan-Abschiebestopp

Deutschland wird nach Einschätzung von Grünen-Chef Robert Habeck für lange Zeit keine abgelehnten oder straffälligen Asylbewerber nach Afghanistan abschieben können. Dies stelle die Sicherheitsbehörden vor zusätzliche Herausforderungen, sagte er der „Rheinischen Post“. „Ich sehe nicht, wie wir Menschen in ein Taliban-Regime abschieben könnten, zumal dem Land nun ein Bürgerkrieg droht. Wir werden Islamisten und Straftäter also bei uns verurteilen und ihre Strafe hier weiterhin absitzen lassen müssen“, sagte Habeck dem Blatt. Nach der Taliban-Rückkehr sei eine wachsende Terrorgefahr zu befürchten. „Die Sorge, dass Afghanistan wieder zum Rückzugsort von Terroristen wird und Terror exportiert, ist berechtigt. Nicht zuletzt, weil islamische Extremisten auch an anderen Orten der Welt durch den Sieg der Taliban Auftrieb bekommen haben.“ Mit Blick auf die Bundestagssondersitzung zur Evakuierungsmission in Kabul an diesem Mittwoch mahnte de  r Grünen-Vorsitzende, künftig müsse vor Auslandseinsätzen der Bundeswehr klar sein, „was sind unsere Interessen, was ist unser Ziel, können wir es erreichen, mit welchen Mitteln, zu welchem Preis, wie kommen wir wieder raus, wer sind unsere Partner“. Dies sei in Afghanistan nicht der Fall gewesen.

Graf Lambsdorff will „humanitäre Korridore“ für Afghanistan

FDP-Faktionsvize Alexander Graf Lambsdorff hat vom G7-Gipfel an diesem Dienstag „humanitäre Korridore“ für Afghanistan gefordert. „Der G7-Gipfel sollte sich dafür aussprechen, dass die UN humanitäre Korridore nach Afghanistan legen, um die Menschen mit Nahrungsmitteln und Medikamenten zu versorgen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Damit könnte der Flüchtlingsdruck zumindest gelindert werden.“ Die UN, die eine Mission in Afghanistan hätten, sollten versuchen, das mit den Taliban vereinbaren. „Die wichtigste Aussage des G7-Gipfels wäre eine klare Aufstockung der Mittel für das Flüchtlingshilfswerk und das Welternährungsprogramm der UN“, fügte der FDP-Politiker hinzu. „Afghanistans Nachbarländer sollten durch das Flüchtlingshilfswerk der UN unterstützt werden – und zwar in erster Linie Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan und Pakistan.“ Sollte die Türkei unter einer neuen Flüchtlingswelle aus Afghanistan leiden, müs  ste auch die Türkei unterstützt werden, so der Liberale.

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