Traditioneller Neujahrsempfang des Bistums Fulda

„Gesellschaft lebt vom Engagement vieler“

Das Bistum Fulda hat am heutigen 1. Januar zu seinem traditionellen Neujahrsempfang in das Refektorium des bischöflichen Priesterseminars der Diözese geladen. Wie jedes Jahr zu Jahresbeginn waren auch heute Vormittag wieder einige Repräsentantinnen und Repräsentanten der Einladung des Bistums gefolgt. So konnte Christof Steinert, der am heutigen Tag offiziell die Nachfolge von Prof. Dr. Gerhard Stanke, bisheriger Generalvikar im Bistum Fulda, antrat, im Refektorium über 100 Gäste aus Kirche und Gesellschaft begrüßen.

Mit einer herzlichen Danksagung an die Menschen, die in Beruf oder Ehrenamt das Leben der Kirche im Bistum Fulda mitgestalten, würdigte der Fuldaer Bischof, Dr. Michael Gerber, im Rahmen des Neujahrsempfangs das Engagement der Menschen, denen er in den ersten neun Monaten seiner Amtszeit begegnet ist. „Sie geben der Kirche und vor allem der Botschaft des Evangeliums Ihr Gesicht!“, betonte Gerber. Auf seinem ersten Empfang dieser Art stellte Bischof Gerber auch heraus, dass es in der Region Fulda eine „Kultur der Zusammenarbeit der unterschiedlichen gesellschaftlichen Kräfte“ gebe, die von wechselseitiger Wertschätzung geprägt sei. „Unsere Gesellschaft lebt von Institutionen, von Tendenzgrößen, von Parteien, von Initiativen und nicht zuletzt von Einzelpersönlichkeiten, die sich aus unterschiedlicher Perspektive für das Gemeinwohl engagieren.“ Als Beispiel nannte er die 72-Stunden-Aktion der katholischen Jugend im vergangenen Jahr, bei der junge Menschen Schlüsselerfahrungen gemacht hätten, die ihre persönliche Entwicklung förderten. Gerber erinnerte auch an den ermordeten Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke und warnte vor der Gefahr, dass engagierte Menschen Opfer nicht nur von Worten, sondern auch von Taten würden.

Menschen durch Bildung zu eigenem Urteil befähigen

Jeder müsse prüfen, welchen Stil von Auseinandersetzung er selbst präge, denn offenbar habe der Mensch eine Tendenz in sich, komplexe Sachverhalte zu vereinfachen. Hier könne man von den Kindern lernen, die sich oft mit einfachen Antworten nicht zufriedengäben. „Menschen zu helfen, ihre Persönlichkeit so auszuprägen, dass sie diese Komplexität und Unüberschaubarkeit aushalten und zugleich sie durch Bildung zu befähigen, eigenständige Urteile zu bilden“, bezeichnete der Oberhirte als eine der großen gemeinsamen Herausforderungen der Institutionen. Die Kirche habe hier mit dem begonnenen „Synodalen Weg“ ein anspruchsvolles Übungsfeld. Dieser habe die komplexe Aufgabe, „die Frohe Botschaft in einer sich rasant verändernden Welt des 21. Jahrhunderts“ unter die Menschen zu bringen.

Dank an Prof. Dr. Stanke und Begrüßung von Christof Steinert als neuer Generalvikar im Bistum

Bischof Dr. Gerber würdigte sodann den scheidenden Generalvikar Prof. Dr. Gerhard Stanke, der dieses Amt seit Oktober 2008 bekleidet hatte. „Es gibt wenige lebende Priestergestalten, die das Bistum und im Bistum vor allem die Priester und viele andere Haupt- und Ehrenamtliche so geprägt haben“, unterstrich der Bischof. Stanke zeichneten viele Charaktereigenschaften aus: Ein waches, differenziertes und zu gleich klares Urteil, die Fähigkeit, sich in komplexe Sachverhalte einzuarbeiten, nicht zuletzt auch in administrativen Bereichen. Zugleich sei er ganz Seelsorger geblieben, im stillen unaufgeregten Dienst am Nächsten, ob bei der Feier am Heiligabend in der Justizvollzugsanstalt oder so manchem Besuch in Seniorenheim und Krankenhaus. Gerber bezeichnete Stanke als ein echtes Vorbild für sich selbst als Bischof, indem er auch in übergeordneter Verantwortung berührbar blieb vom konkreten Weg einzelner Menschen. Stanke, der selbst aus seiner Heimat vertrieben wurde, habe kein enges Weltverständnis, sondern sei als Mensch von einer großen Weite bekannt. „Sie haben ein Herz gerade für diejenigen, die am Rande stehen, haben gesellschaftliche Fragen im Blick und sorgen sich um Menschen in der weltweiten Kirche.“

Schließlich brachte der Bischof auch seine Wertschätzung für den neuen Generalvikar Christof Steinert zum Ausdruck. Ihm sei es wichtig gewesen, jemanden als Nachfolger von Prof. Stanke zu gewinnen, der über eine angemessene pastorale Erfahrung als Kaplan, Pfarrer, Dechant und geistlicher Leiter verfüge und der für den Bistumsprozess 2030 einstehe. Auch habe sich Steinert als jemand erwiesen, der viel von Verwaltung verstehe und komplexe Prozesse sowie Konflikte bewältigen könne. „Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Ihnen“, betonte Gerber. Explizit würdigte der Bischof auch den neuen, aus externen Personen bestehenden Diözesanvermögensverwaltungsrat, sowie den Diözesanökonomen und Finanzdirektor.

Kirche steht vor großen Herausforderungen

Die Entwicklung in Gesellschaft und Kirche stellen die Kirche vor große Herausforderungen, so etwa die Thematik der sexuellen Gewalt durch kirchliche Verantwortungsträger und der Umgang mit diesem Thema in Kirche und Gesellschaft, was an Grenzen führe und einen „immer wieder neu in menschliche Abgründe schauen“ lasse. Es gehe um Transparenz, Aufarbeitung und unabhängige Begleitung von Opfern und Betroffenen sowie angemessene Anerkennungszahlungen und nachhaltige Veränderung von Haltung und Kultur. Sodann werde auch der Weg ins digitale Zeitalter bei der Kirche zu Veränderungen in Abläufen, Prozessen und Kommunikation führen. Prälat Steinert ging auf das Beispiel von Bless U-2, des ersten segnenden Roboters der Welt, ein. Immerhin bringe diese Idee den Segen neu ins Gespräch und mache seine hohe Wertschätzung auch in der heutigen Gesellschaft bewusst. „Wo immer Gottesdienste angeboten werden – wie etwa beim Kinder- oder Familiensegen am Fest der Hl. Familie, bei Paaren anlässlich von Ehejubiläen oder am Valentinstag, wo Besucher einen persönlichen Segen erfahren können, sind die Schlangen lang. Eine Hand auf meinem Kopf, ein Gebet in meinem persönlichen Anliegen, mein Name, ausgesprochen vor Gott – das zeigt mir: ER meint mich.“ Wenn man auf den Segen Gottes vertraue, dann sei es „vielleicht wirklich egal, ob wir ihn in einem Buch lesen, ob ich ihn spreche oder ob Sie ihn bei Bless U-2 wählen“. Gottes Sorge um uns trage uns ins neue Jahr durch alle Stunden hindurch.

„Den Herausforderungen unserer Zeit mit Zuversicht begegnen“

Der Oberbürgermeister der Stadt Fulda, Dr. Heiko Wingenfeld, sprach für Stadt und Landkreis auch im Namen von Landrat Bernd Woide Neujahrswünsche aus und hob in seiner Ansprache hervor, dass es gelte, die Herausforderungen unserer Zeit anzunehmen, gemäß der vielfachen Aufforderung in der Bibel „Fürchtet Euch nicht“. „Wir als Christen sind dazu aufgerufen und verpflichtet, Herausforderungen mit Zuversicht anzugehen.“ Die enge Zusammenarbeit des Bistums mit der Stadt im vergangen Jubiläumsjahr „1275 Jahre Fulda“ war Anlass für den besonderen Dank des Oberbürgermeisters. Wingenfeld dankte der Kirche für ihr Engagement im sozialen Bereich und bat um ihren weiteren Beitrag und die Zusammenarbeit zum Wohle der Menschen. Der Vorsitzende des Katholikenrats, Steffen Flicker, blickte mit Optimismus und Zuversicht in das neue Jahrzehnt, wobei er besonders den nun eingeschlagenen „Synodalen Weg“ der katholischen Kirche in Deutschland würdigte. „Wir müssen uns für die Menschen interessieren, die sich von der Kirche abwenden, und etwas gegen den Vertrauensverlust unternehmen“, zeigte er sich überzeugt. Nur dann halte er es für möglich, das Evangelium Jesu Christi glaubhaft in der Welt von heute zu verkündigen. +++ pm/ja