Tiergarten-Mord: Bundesanwaltschaft geht von Auftragstat aus

SPD-Fraktionsvize: Tiergarten-Mord wird Konsequenzen haben

Berlin

Nach dem Mord an einem Georgier im Kleinen Tiergarten in Berlin hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen einen russischen Staatsangehörigen erhoben. Man gehe von einem Auftragsmord aus, teilte die Karlsruher Behörde am Donnerstag mit. Der Angeschuldigte sei für die Ausübung der Tat hinreichend verdächtig. Darüber hinaus werde ihm tateinheitlich ein Verstoß gegen das Waffengesetz zur Last gelegt. Die Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass staatliche Stellen der russischen Zentralregierung „zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 18. Juli 2019“ dem Angeschuldigten den Auftrag gegeben gaben, den georgischen Staatsangehörigen tschetschenischer Abstammung zu liquidieren. Dieser hielt sich seit Ende 2016 als Asylbewerber in Deutschland auf.

Hintergrund des Tötungsauftrags sei die Gegnerschaft des späteren Opfers zum russischen Zentralstaat, zu den Regierungen seiner Autonomen Teilrepubliken Tschetschenien und Inguschetien sowie zu der pro-russischen Regierung Georgiens gewesen. Der Angeschuldigte habe den staatlichen Tötungsauftrag angenommen. Zur Durchführung des erhaltenen Auftrags soll Vadim K. am 17. August 2019 zunächst von Moskau nach Paris und von dort am 20. August 2019 weiter nach Warschau geflogen sein. Am Morgen des 22. August 2019 soll er sodann das von ihm bezogene Hotel in der polnischen Hauptstadt verlassen und sich auf „nicht näher aufklärbarem Weg“ zur Ausführung der Tat nach Berlin begeben haben, wo er frühestens am Mittag desselben Tages eintraf. Für die Einreise in den Schengen-Raum habe Vadim K. einen auf die Alias-Personalien Vadim S. lautenden Reisepass verwendet, der erst am 18. Juli 2019 durch die russische Einwanderungsbehörde (UMVD) in Bryansk ausgestellt worden sei, so die Bundesanwaltschaft.

Unter Vorlage dieses Reisepasses und Verwendung der Alias-Personalien habe der Angeschuldigte kurz nach der Ausstellung des Ausweisdokuments bei dem Generalkonsulat der Französischen Republik in Moskau ein Visum für den Schengen-Raum beantragt und am 30. Juli 2019 erhalten. Den staatlichen Tötungsauftrag habe Vadim K. schließlich am Mittag des 23. August 2019 ausgeführt. In der Berliner Parkanlage habe er sich dem Opfer auf einem Fahrrad von hinten genähert und mit einer mitgeführten Pistole des Typs „Glock 26“, die mit einem Schalldämpfer versehen war, das Feuer eröffnet. Kurz darauf soll er zwei weitere Schüsse auf den Kopf des Opfers abgefeuert haben. Der Georgier verstarb noch am Tatort an den Folgen der beiden Kopfschüsse. Der Angeschuldigte war kurz nach der Tat in der Nähe des Tatorts vorläufig festgenommen worden. Er befindet sich seit dem 24. August 2019 in Untersuchungshaft.

SPD-Fraktionsvize: Tiergarten-Mord wird Konsequenzen haben

Die SPD-Fraktionsvize Gabriela Heinrich hat nach der Anklageerhebung wegen des mutmaßlichen russischen Auftragsmords in Berlin Konsequenzen angekündigt. „Über den sogenannten Tiergarten-Mord werden wir nicht einfach hinweggehen“, sagte sie dem Nachrichtenportal T-Online. Russland müsse sich nun endlich an der Aufklärung beteiligen. „Das beredte Schweigen der russischen Seite ist ein Bruch der Prinzipien vertrauensvoller Zusammenarbeit“, sagte Heinrich. Russland selbst betone jedenfalls in offiziellen Erklärungen immer wieder, dass es ein Interesse an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit habe. „Nun hat Russland die Möglichkeit, dies unter Beweis zu stellen“, so die SPD-Politikerin.

FDP: Russischen Aggressionen entschiedener entgegentreten

Der innenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Konstantin Kuhle, hat eine entschiedene Reaktion der Bundesregierung auf den mutmaßlichen russischen Auftragsmord an einem Georgier in Berlin gefordert. Die Anklage zeige erneut, „wie kaltherzig und brutal die Regierung von Wladimir Putin auch im Ausland gegen ihr unliebsame Personen vorgeht“, sagte Kuhle dem Nachrichtenportal T-Online. Bis heute fehle es an tatkräftiger Unterstützung der russischen Behörden bei den Ermittlungen. Der mutmaßliche Täter könne nicht allein gehandelt haben, jemand müsse das spätere Opfer in Berlin ausgespäht haben. Kuhle forderte, dass Russland „die Verbindungen des Tatverdächtigen in russische Geheimdienstkreise“ offenlege. „Die Reaktion der Bundesregierung auf die russische Untätigkeit in diesem Bereich ist nicht ausreichend“, sagte Kuhle. „Wir müssen den russischen Aggressionen deutlich entschiedener entgegentreten.“ +++

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