Streit um Kinder-Impfungen geht weiter

Auch Kinder und Jugendliche könnten schwer erkranken

In der Debatte um Corona-Impfungen für Kinder hat der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, die Ständige Impfkommission (Stiko) scharf angegriffen. „Ich ärgere mich über die intransparente Art, wie da im Moment gearbeitet wird“, sagte Fischbach den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Es wird gesagt, dass man die Datenlage nicht für ausreichend hält, aber nicht warum man das so einschätzt und auch nicht, wann es denn ausreichend wäre.“ In anderen Ländern, so der Kinderarzt, würden Millionen Kinder über 12 Jahren geimpft. „Es muss inzwischen Daten geben.“

Obwohl der Impfstoff von Biontech und seit Freitag auch der von Moderna durch Europäische Arzneimittelagentur EMA für 12- bis 17-Jährige zugelassen ist, empfiehlt die Stiko die Impfung für Jugendliche nur in Ausnahmefällen. „Wir sind immer noch in einer Pandemie-Situation, entsprechend muss entschieden werden“, sagte Fischbach. Die Stiko orientiere sich nur daran, ob für das Individuum Nutzen oder möglicher Nachteil einer Impfung überwiege. „Faktoren wie Herdenimmunität oder soziale Auswirkungen wie eine Zunahme von Kindeswohlgefährdungen, wenn es wieder zu Einschränkungen für Kinder kommen sollte, werden nicht berücksichtigt“, sagte er den Funke-Zeitungen. Das gelte auch für mögliche neue Schulschließungen, die erheblichen Schaden anrichten würden. „Uns als Pädiater interessiert das natürlich.“ Fischbach appellierte auch Erwachsene, sich impfen zu lassen, um Kinder zu schützen: „Es gibt eine zu große Gruppe von Erwachsenen, die unsolidarisch handeln, indem sie sich nicht impfen lassen“, kritisierte er. Wer sich impfen lassen könne, müsse sich jetzt impfen lassen, damit nicht im Herbst wieder Kinder die Leidtragenden seien. Die Politik sollte da auch mehr Druck machen, so der Kinderarzt – „kein Urlaub ohne Quarantäne, kein Theater-Besuch ohne PCR-Test, da gibt es Möglichkeiten. Das Risiko ist groß, dass am Ende Kinder und Jugendliche wieder die Fußabtreter sind.“

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek hat ebenfalls an alle Erwachsenen appelliert, Corona-Impfungen als Akt der Solidarität gegenüber Kindern und Jugendlichen zu begreifen. „Gerade jetzt, wo die Infektionszahlen wieder ansteigen, sollten sich möglichst alle Erwachsenen mit den Kindern und Jugendlichen solidarisch zeigen, indem nicht geimpfte Personen die Impfangebote wahrnehmen“, sagte die CDU-Politikerin ebenfalls den Funke-Zeitungen. „Die Solidarität der Erwachsenen wäre ein ganz wichtiger Beitrag, um nach den Sommerferien einen regulären Schulbetrieb zu ermöglichen.“ Karliczek gab zu bedenken, dass für die jüngeren Kinder kein Impfstoff zugelassen sei und für die Kinder und Jugendlichen ab 12 Jahren keine Impfung empfohlen werde. „Je weniger das Virus unter den Erwachsenen zirkuliert, desto weniger kann es auch für die Jüngeren zu einer Gefahr werden“, betonte sie. Auch Kinder und Jugendliche könnten schwer erkranken, und es sei auch noc h zu wenig über Langzeitfolgen bekannt. Das sollten sich diejenigen, die sich noch nicht zu einer Impfung entschließen konnten, vor Augen führen. Zuletzt war die Zahl der Corona-Infektionen in Deutschland gerade bei den Jüngeren stark gestiegen. Die Bildungsministerin führte weitere Maßnahmen an, um Schulschließungen zu vermeiden. Dazu gehöre das Testen. „Dort, wo keine Abstände eingehalten werden können, bleibt der Schutz durch Masken wichtig – auch im Klassenraum“, sagte Karliczek. Luftfilter könnten ebenfalls einen Beitrag leisten. +++