SPD: Schwarzgrün nimmt den Kommunen Geld weg

Programm „Starke Heimat Hessen“ ist pure Augenwischerei

Straßenbeiträge

Völlig unvorbereitet wurden die hessischen Kommunen mit einer Pressemitteilung des Hessischen Ministeriums für Finanzen überrascht. 400 Millionen Euro mehr Geld für Hessens Kommunen. Das hört sich im ersten Moment sehr schön an, ist jedoch pure Augenwischerei. Denn letztendlich werden hier Gelder verteilt, die sowieso den Kommunen gehören. Diese 400 Millionen werden von den Kommunen seit den 90ziger Jahren in Form einer erhöhten Gewerbesteuerumlage generiert und flossen bisher in einen Solidarpakt, mit dem die Infrastruktur in den neuen Bundesländern erneuert und ausgebaut wurde. Da der Solidarpakt Ende 2019 endet, gehören diese Gelder wieder den Kommunen. Das Ganze wird nun aber generös unter dem Titel „Starke Heimat Hessen“ den Bürgern und Kommunen verkauft. 200 Millionen Euro stehen für Aufgaben der Kommunen zweckgebunden wie Kinderbetreuung, Gesundheitsversorgung und Digitalisierung zur Verfügung. 100 Millionen Euro gehen in den Kommunalen Finanzausgleich und mit den restlichen 100 Millionen Euro ist man großzügig, sie verbleiben in den Kommunen, so Ulrich Dehler, Sprecher der Bürgerinitiativen im Landkreis.

Aus Sicht der Bürgerinitiativen ist dies ein unglaublicher Vorgang. Die Bürgerinitiativen bemängeln, dass in der Mitteilung mit keinem Wort das Thema Straßenausbaubeiträge, das in ganz Hessen für Unruhe und Ärger sorgt, erwähnt wird. „Scheinbar will die Hessische Landesregierung mit dieser Entscheidung die Grundlage dafür schaffen, dass die Gesetzesvorlagen von SPD und Linken zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge abgeschmettert werden können“. Alle Kommunen, die bezüglich Straßenausbaubeiträge auf das Freiwerden der Gelder aus dem Solidarpakt gesetzt haben, werden vor den Kopf gestoßen. Am 07. Juni 2019 sollen bei einer Regionalkonferenz die Bürgermeister weitere Informationen erhalten. Bleibt zu hoffen, dass sich die Bürgermeister vehement gegen eine derartige Bevormundung wehren, zumal die Landesregierung immer wieder die Eigenständigkeit der Kommunen hervorhebt, so Dehler abschließend.

Die hessischen Bürgerinitiativen stellen fest, dass offensichtlich genügend Geld für die landesweite Abschaffung der Straßenbeiträge und die Beseitigung des Flickenteppichs vorhanden ist. Statt der erhofften 60 Millionen Euro steht den Kommunen nunmehr deutlich mehr Geld zur freien Verfügung. Dazu Andreas Schneider als Sprecher der AG Straßenbeitragsfreies Hessen, dem Netzwerk der inzwischen mehr als 65 Bürgerinitiativen: „Wir begrüßen es, wenn die Kommunen finanziell besser ausgestattet werden. Wir fordern Bürgermeister und Kommunalparlamente auf, diese Gelder nun zur Abschaffung der Straßenbeiträge zu nutzen, sofern das noch nicht geschehen ist. Selbst finanzschwache Kommunen sollen ihre Straßenbeitragssatzungen damit jetzt abschaffen können. Es sollten sogar Rückerstattungen wie im Nachbarland Bayern möglich sein.“ Dort hatte die bayerische Landesregierung – ebenfalls am 28. Mai – ein Programm zur Rückerstattung von Straßenbeiträgen vorgestellt. „Strabs-Opfer bekommen ihr Geld zurück“ titelte die Süddeutsche Zeitung. Die Bürgerinitiativen bedanken sich ausdrücklich bei den vielen Bürgermeistern und ehrenamtlichen Kommunalpolitikern, die sich in zahllosen Resolutionen und Stellungnahmen für die hessenweite Abschaffung der Straßenbeiträge aussprechen. „Letztlich kann nur die landesweite Abschaffung der Straßenbeiträge im Kommunalabgabengesetz, verbunden mit einer klaren Regelung zu Rückwirkung und Rückerstattung die Lösung bringen und für Rechtssicherheit in den Kommunen sorgen“ so Schneider. Das habe am 9. Mai die Anhörung im Innenausschuss des Landtags gezeigt, wo sich die überwältigende Mehrheit der Experten für eine Abschaffung aussprach, darunter die Vertreter des Hessischen Städte- und Gemeindebundes HSGB, des Hessischen Landkreistags und der parteiunabhängigen Bürgermeister (PUB). Die vorliegenden Gesetzesentwürfe stehen in der nächsten Zeit in den Fachausschüssen zur Beratung an.

Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Marius Weiß, sprach am Dienstag in Wiesbaden von einer Finanzierung von schwarzgrünen Wahlversprechen auf Kosten der hessischen Kommunen. Weiß sagte in Wiesbaden: „Die sogenannte neue Heimatumlage ist nichts anderes, als ein weiterer dreister Griff der Landesregierung in die Kassen der Kommunen. Schwarzgrün nimmt den hessischen Städten und Gemeinden im nächsten Jahr sage und schreibe 300 Millionen Euro ihres Geldes weg, um damit eigene Wahlversprechen zu finanzieren. Die 29 Prozentpunkte Gewerbesteuerumlage, die die hessischen Kommunen über Jahre als Beitrag zum Aufbau Ost geleitet haben, wird auf Bundesebene zum kommenden Jahr abgeschafft sein. Das ist kommunales Geld, das für die Landesregierung nicht verfügbar ist. Es ist völlig inakzeptabel, dass CDU und Grüne den Kommunen drei Viertel vom Gesamtbetrag in Höhe von 400 Millionen Euro mit einer neu geschaffenen Umlage wieder wegnehmen wollen. Daran ändert auch der Plan nichts, dass die aufgezählten Programme den Kommunen zu Gute kommen sollen. Die Landesregierung nimmt den Kommunen Geld weg, versieht es mit dem Landesstempel und gibt es dann vermeintlich generös, jedoch zweckgebunden, wieder an die Kommunen zurück, um sich selbst dafür bei medial inszenierten Übergaben feiern zu lassen.“ Es gäbe kein anderes Bundesland, das den Kommunen die 29 Punkte Gewerbesteuerumlage gleich wieder wegnehme. Die hessische Landesregierung dürfe gerne Förderprogramme für Kinderbetreuung, Krankenhäuser, Schulen und Digitalisierung auflegen, aber solle diese dann bitte auch selber bezahlen, sagte Weiß. +++