SPD-Landtagsabgeordnete verteidigt Verein „Fulda stellt sich quer“

Waschke: Die CDU versucht, Bundesinnenministerin Faeser zu schaden

Landtagsabgeordnete Sabine Waschke (SPD)
SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Waschke

Es scheint so, als hätte sich die Situation der im Einhergehen politischer Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie regelmäßiger Demonstrationen und Proteste in Fulda sowie die verschiedenen Auffassungen über den Fuldaer Verein „Fulda stellt sich quer“, der insbesondere in den letzten Tagen in den Medien sowie im Netz massiver Kritik ausgesetzt war und ist, zugespitzt. Vor diesem Hintergrund haben wir eine Anfrage an die Landtagsabgeordnete der SPD, Sabine Waschke, gesendet und sie hierzu um eine Stellungahme gebeten.

fuldainfo.de: Sind die beiden heimischen Abgeordneten der CDU hier mit ihren Äußerungen über den Verein und die Person A. Goerke über das Ziel hinausgeschossen?

Sabine Waschke: „Das hat sich sicherlich alles etwas hochgeschaukelt und wir sollten zusehen, dass wir schnellstmöglich wieder zur Sachlichkeit zurückkehren. Ursprünglich ging es um einen Gastbeitrag, den die heutige Bundesinnenministerin Nancy Faeser in der Zeitschrift „Antifa“ geschrieben hatte. Das ist die Vereinszeitung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA). In dem Gastbeitrag ging es um Drohschreiben, die Nancy Faeser von Rechtsradikalen erhalten hatte. Nicht der Inhalt des Artikels, sondern der Umstand, dass sie überhaupt in dieser Zeitung etwas geschrieben hat, kritisierte erst die ‚Junge Freiheit‘, eine Zeitung, die von Politikwissenschaftlern im Grenzbereich zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus eingeordnet wird. Es folgten die Bildzeitung und auch Michael Brand schloss sich in einer heimischen Zeitung dieser Kritik an. Daraus entstand der Streit zwischen örtlichen CDU-Abgeordneten und dem Verein ‚Fulda stellt sich quer‘, der sich in der Vergangenheit immer solidarisch mit der VVN-BdA gezeigt hatte.“

fuldainfo.de: In diesem Zusammenhang fällt oft auch das Wort „Hetzkampagne“. Wie beurteilen Sie dies?

Sabine Waschke: „Ich weiß nicht, ob ich das Wort Hetze benutzen würde, aber eine Kampagne sehe ich definitiv dahinter. Die CDU versucht SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser zu schaden und ist der Meinung, ihr Gastbeitrag aus ihrer Zeit, bevor sie Ministerin wurde, eigne sich dafür. Aber ist das so? Wie stark müssen wir uns von Vereinen abgrenzen, die sich den Antifaschismus auf die Fahne schreiben? Für die SPD war die VVN-BdA lange Zeit ein rotes Tuch und wir haben uns viele Jahre von ihnen abgegrenzt. Zum Glück haben wir diese Entscheidung auf unserem Bundesparteitag 2010 wieder rückgängig gemacht und arbeiten seither an vielen Stellen zusammen. Aber das macht die CDU auch. Michael Brand selbst hatte keine Bedenken, als er sich bei einer Veranstaltung in Fulda neben Esther Bejarano setzte, die Ehrenbundesvorsitzende des VVN-BdA war. Leider ist sie vergangenes Jahr gestorben, vielleicht hätte sie ihn mal angerufen und gefragt, was er sich dabei gedacht hat. Der hessische CDU-Finanzminister Boddenberg ist gemeinsam mit dem VVN-BdA Erstunterzeichner der Frankfurter Erklärung für Solidarität und Zusammenhalt. Das ist doch etwas Gutes. Was jedoch nicht in Ordnung ist, ist einen Skandal bei dem Gastbeitrag von Nancy Faeser in der Zeitung des VVN-BdA zu suchen.“

fuldainfo.de: Die SPD steht hinter dem Verein. Das war auch so als Sie noch in Position der Unterbezirksvorsitzenden der SPD Fulda waren. Sagen Sie unseren Leserinnen und Lesern warum?

Sabine Waschke: „Am heutigen 19. Februar jährt sich das furchtbare Attentat von Hanau, bei dem neun jungen Menschen von einem Rechtsextremen brutal ermordet wurden. Jeden Tag gibt es durchschnittlich drei rechtsextreme Gewalttaten in Deutschland. Der Mord an Walter Lübcke, der NSU, Anschläge in Kassel, Halle: Wir haben in diesem Land kein Problem mit Antifaschismus, wir haben ein Problem mit Rechtsextremismus. Ich bin Mitglied in dem Verein ‚Fulda stellt sich quer‘, weil dieser mehr gegen Rechtsextremismus bewegt, als wir es als Partei schaffen können. Das liegt aber auch vor allem an dem Vorsitzenden Andreas Goerke und die Art und Weise, wie er Dinge anpackt. Damit eckt er zwar immer wieder einmal an, aber wenn er sagt, wir füllen den Universitätsplatz mit Menschen für eine Demo gegen Nazis, so ist der Platz nachher auch mit Menschen gefüllt. Sein Engagement kann man nicht hoch genug würdigen.“ Ich weiß, dass nicht alle CDU-Mitglieder so denken wie Herr Meysner und Herr Brand. Deshalb kann ich nur jeden dazu ermutigen, ebenfalls Mitglied bei ‚Fulda stellt sich quer‘ zu werden und den Verein mitzugestalten. Denn die größte Gefahr für unsere Gesellschaft geht aktuell vom Rechtsextremismus aus und den bekämpft der Verein sehr effektiv.“

fuldainfo.de: In der heimischen Zeitung ist immer wieder einmal zu lesen, dass der Verein vom Verfassungsschutz beobachtet würde. Kennen Sie Hintergründe, die eine solche Behauptung rechtfertigen?

Sabine Waschke: „Der VVN-BdA wird lediglich noch im bayrischen Verfassungsschutzbericht erwähnt. Begründet wird es damit, dass der Verein als linksextrem beeinflusst gilt. Dafür wurde dem Verein kurzfristig die Gemeinnützigkeit entzogen, was jedoch nach Kritik von Gewerkschaften und dem Zentralrat der Juden wieder rückgängig gemacht wurde. Ich sage es aber noch einmal ganz deutlich: Seit dem SPD-Bundesparteitag von 2010 ermutigen wir unsere SPD-Mitglieder zu gemeinsamen Aktivitäten mit dem VVN-BdA und dazu, sich in Funktionen des Vereins wählen zu lassen. Das DKP-Mitglieder in dem Verein aktiv sind, passt mir auch nicht, aber es liegt in der Natur der Sache. Denn es waren vorrangig Kommunisten und Sozialdemokraten, die von den Nazis im Zweiten Weltkrieg politisch verfolgt und ermordet wurden.“

fuldainfo.de: Wie beurteilen Sie die sogenannten Montagsspaziergänge in Fulda?

Sabine Waschke: „Ich persönlich bin seit 2003 im Hessischen Landtag in der Opposition. Es ist mein Job, die Regierung zu kritisieren. Dieses Recht spreche ich jedem Menschen zu. Eine konstruktive Debatte gibt es jedoch nur dann, wenn man ein gemeinsames Fundament hat. Das ist in unserer Gesellschaft die Demokratie. Dieses Fundament haben leider einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Montagsspaziergänger verlassen. Deshalb ist der Gegenprotest von ‚Fulda stellt sich quer‘ aus meiner Sicht gerechtfertigt.“

fuldainfo.de: Vielen Dank Frau Waschke für die Beantwortung der Fragen. +++

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