SPD Hessengipfel: Ein Nachbericht

Nancy Faeser

Der Landesvorstand der hessischen SPD und die hessischen Abgeordneten der SPD im Landtag, im Bundestag und Europaparlament sowie kommunale Spitzenvertreter waren an diesem Wochenende zu ihrer traditionellen, zweitägigen Jahresauftaktklausur im nordhessischen Friedewald, dem „Hessengipfel“ zusammengekommen und haben über die aktuelle politische Lage beraten. Ein Schwerpunkt bei dem zweitägigen Treffen war die Spitzenkandidatur der SPD-Landesvorsitzenden und amtierenden Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser MdB, für die Wahl zum 21. Hessischen Landtag, die von der 52-jährigen Amtsinhaberin offiziell bestätigt wurde. Prominente politische Unterstützung erfuhr Faeser von den Ministerpräsidentinnen Anke Rehlinger (Saarland) und Marie-Luise „Malu“ Dreyer (Rheinland-Pfalz). „Ich bewerbe mich um das Amt der Ministerpräsidentin“, mit diesen Worten eröffnete die SPD-Landesvorsitzende und Bundesministerin des Innern und für Heimat, Nancy Faeser MdB, am Freitagnachmittag ihr erstes offizielles Pressestatement zu ihrer Kandidatur als Spitzenkandidatin vor dem Hintergrund der Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober 2023.

Faeser: Für die besten Bedingungen der Hessinnen und Hessen

Die SPD-Landesvorsitzende weiter: „Hessen ist meine Heimat, hier bin ich aufgewachsen, hier bin ich verwurzelt. Ich möchte dieses Bundesland moderner, stärker und sozialer gestalten, dafür trete ich an. Für mich sind diese Zielsetzungen eine Herzensangelegenheit und auch meine Leidenschaft. Wir Sozialdemokraten werben für gute Arbeitsbedingungen, für zukunftsfeste und zukunftsfähige Arbeitsplätze. Wir möchten den Industriestandort Hessen weiter ausbauen; und wir möchten, dass alle Kinder in Hessen dieselben Chancen auf Bildung bekommen, denn wir sind der Ansicht, dass gute Bildung und das, was Kinder erreichen können, nicht mehr vom Portemonnaie der Eltern abhängen darf. Ich werbe für die besten Bedingungen der Menschen in Hessen. Das reicht vom bezahlbaren Wohnraum bis zu einer ordentlichen Anbindung des Öffentlichen Personennahverkehr.“ Auf die Frage, inwiefern sie die aufgekommene Diskussion und die Kritik, die am Festhalten ihres politischen Amtes als Bundesministerin laut geworden war, persönlich überrascht habe, entgegnete Faeser: „Gar nicht. Es ist eine demokratische Selbstverständlichkeit, aus dem Amt heraus zu kandidieren. Ich bin höchstens etwas darüber überrascht, dass die Diskussionen bei mir aufkamen, bei Männern habe ich diese Frage selten vernommen.“ Auf eine weitere Frage im vorläufigen Pressestatement wenige Minuten vor der Abstimmung der Gremien, ob sie damit rechne, dass die Gremien einstimmig hinter ihr stehen, sagte sie: „Ich erwarte so etwas in der Sozialdemokratie eigentlich nie; aber ich hoffe dennoch, dass ich ein gutes Ergebnis bekomme.“

Hessen SPD geschlossen hinter Faeser

Am frühen Freitagabend verkündete die Landesvorsitzende der Hessen SPD, Bundesministerin Nancy Faeser in einer Pressekonferenz, dass sie von den Gremien einstimmig zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl gewählt wurde. „Ich kann Ihnen erfreulich mitteilen, dass mich die Gremien der hessischen SPD soeben einstimmig zur Spitzenkandidatin für die nächste Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober dieses Jahres gewählt haben. Ich freue mich sehr über dieses Ergebnis. Ich werde die hessische SPD als Spitzenkandidatin in den Landtagswahlkampf führen“, so die SPD-Landesvorsitzende, Ministerin Nancy Faeser MdB am frühen Freitagabend auf dem Hessengipfel in Friedewald. Zu ihrer Kandidatur führte sie weiter aus: „Hessen ist meine Heimat. In meinem Bundesland anzutreten, ist für mich eine Herzensangelegenheit, das sagte ich auch schon auf dem Landesparteitag im Sommer des vergangenen Jahres und wiederhole es heute noch einmal: Ich bin die erste Bundesinnenministerin und ich werde die erste Ministerpräsidentin des Bundeslandes Hessen werden.“ Nach 25 Jahren CDU-geführter Landesregierung brauche Hessen, so Faeser, „dringend frischen Wind“.

„Gute Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“, „gerechte Löhne“, „bestmögliche Startchancen für Kinder“, „bezahlbarer Wohnraum“, „ein gut ausgebauter Öffentlicher Personennahverkehr“, „konsequenter Klimaschutz“ und „Innere Sicherheit“ waren Themen, die die Spitzenkandidatin der hessischen SPD für die kommende Landtagswahl auf dem Hessengipfel am Freitag in Friedewald anklingen ließ. Zu ihren Beweggründen, Ministerpräsident werden zu wollen, führte Faeser weiter aus: „Ich bin in Hessen tief verwurzelt. Ich habe in Hessen 30 Jahre lang im Stadtparlament und im Kreistag Kommunalpolitik gemacht – mal in der Regierung mal in der Opposition und ich war 18 Jahre lang Mitglied des Hessischen Landtags – zuletzt als Fraktionsvorsitzende. Ich habe Politik nie vom Schreibtisch aus betrieben. Ich bin der Auffassung, dass man dorthin gehen muss, wo auch die Menschen sind.“

So habe sie beispielsweise viele Nachtschichten bei der Polizei zugebracht, im Hospiz, Krankenhaus, in Kindertagesstätten, Schulen oder auch im Supermarkt. „Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man den ganzen Tag Regale einräumen muss. Ich habe diesbezüglich viele Gespräche mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geführt. Und in diesem Verständnis führe ich im Moment auch mein Ministerium in Berlin. Ich gehe zu den Rettungskräften, zu den Polizeibeamten, die Tag für Tag für die Sicherheit der Menschen in diesem Land ihren Kopf hinhalten. Ich gehe in Flüchtlingsunterkünfte und spreche mit Geflüchteten, um mir ein Bild zu machen. Mit diesem Verständnis habe ich bisher Politik betrieben und so will auch zukünftig Politik in Hessen machen“, so die Spitzenkandidatin der hessischen SPD Nancy Faeser.

Faeser: Es ist ein demokratisches Selbstverständnis, aus einem Amt heraus zu kandidieren

Dreyer, Faeser und Rehlinger (v.l.)

Diese weiter: „Ich unterbreite den Menschen ein klares Angebot von der ersten Minute an. Ich bewerbe mich bei den Hessinnen und Hessen um das Amt der Ministerpräsidentin. Und für mich ist es vollkommen klar: „Aus Verantwortung für unser Land werde ich Bundesministerin bleiben. Diesbezüglich habe ich die vollumfängliche Unterstützung des Bundeskanzlers. Auch die nächsten Wochen und Monate werde ich mich auf mein Amt der Bundesinnenministerin konzentrieren; es ist jetzt ohnehin nicht die Zeit, um Wahlkampf zu machen. Wir haben Krieg mitten in Europa. Die Herausforderungen könnten größer nicht sein, sodass mich mein Amt als Bundesinnenministerin die nächsten Wochen und Monate sehr fordern wird, einem Amt, dem ich weiterhin voll und ganz Rechnung tragen werde.

Der Einschätzung, dass jetzt ohnehin nicht die rechte Zeit ist, um Wahlkampf zu machen, bin ich nicht alleine; auch mein Mitbewerber um das Amt des Ministerpräsidenten, Boris Rhein, hat kürzlich genau das gleiche erklärt und auch, dass der Wahlkampf erst die letzten Wochen vor der Wahl stattfinden werde. Faeser hob auf dem Hessengipfel hervor, dass es eine demokratische Selbstverständlichkeit sei, aus einem Amt heraus für ein weiteres zu kandidieren. So wie es vor ihr schon Dutzende Spitzenpolitiker getan hätten und auch die ehemalige Bundeskanzlerin. Nancy Faeser: „Die Hessinnen und Hessen wissen, dass sie sich zu einhundert Prozent auf mich verlassen können; das, was ich mache, mache ich mit voller Leidenschaft. Ich möchte Veränderungen bewirken und gestalten. Ich spiele auf Sieg. Es geht um meine Heimat, um mein Hessen, für dieses ich brenne und auf das ich mich freue.“

Unterstützung erfuhr die Spitzenkandidatin der hessischen SPD für die anstehende Landtagswahl von den Ministerpräsidentinnen von Rheinland-Pfalz und des Saarlandes, Marie-Luise „Malu“ Dreyer und Anke Rehlinger (beide SPD).

„Es ist mir ein großes Vergnügen, heute Abend hier bei Ihnen sein zu können, gemeinsam mit meiner Ministerpräsidentinkollegin Anke Rehlinger, um Nancy Faeser und mit ihr die hessische SPD zu unterstützen“, so die Ministerpräsidentin aus Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, die weiter ausführte: „Nancy Faeser und Ich sind uns freundschaftlich sehr verbunden. Für mich ist Nancy Faeser eine unglaublich kompetente Frau, die Politik nicht einfach aus dem Bauch heraus macht. Sie weiß, wovon sie spricht und was sie tut – und sie weiß, wo sie hinmöchte. Sie hat einen klaren Kompass. In Rheinland-Pfalz würde man sagen, nah bei den Menschen, aber Nancy Faeser sagt immer: Ich mache Politik von den Menschen aus. Nancy Faeser kann auf Erfahrungen in der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik zurückblicken. Und als Ministerpräsidentin lassen Sie mich Ihnen sagen: Es schadet nie, wenn eine Ministerpräsidentin auf Erfahrungen in der Kommunalpolitik zurückgreifen kann. Als Chefin des Landes hat sie natürlich auch mit den Kommunen des Landes zu tun. Sie muss wissen, wie Kommune funktioniert und wie man gut miteinander kooperiert. Ich bin der festen Überzeugung, dass Nancy Faeser die ideale Kandidatin für Hessen ist. Wir haben allen Grund, diese Hoffnung und diese Zuversicht zu teilen, dass Nancy Faeser die erste Ministerpräsidentin in Hessen wird; dann würde sie den Kreis der Ministerpräsidentinnen im Bundesrat erweitern.

Dreyer: Auch ich habe aus einem Amt heraus kandidiert – und das mit großem Erfolg.

Malu Dreyer

Wir haben im Moment vier Frauen – alles Sozialdemokratinnen – die in vier von 16 Bundesländern an der Spitze stehen. Das bedeutet, dass wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten das Thema gleichberechtigte Teilhabe sehr ernstnehmen. Ich persönlich wünsche mir, dass Nancy Faeser die nächste Sozialdemokratin ist, die ihr Bundesland regiert und damit ihrem Land vorsteht.“ Zur aktuellen Debatte und Mutmaßungen, dass Faeser ihrem hohen Amt als Bundesinnenministerin jetzt womöglich nicht mehr gerecht würde, sagte die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz: „Auch ich habe aus dem Amt heraus kandidiert – und das mit großem Erfolg! Und auch ich wurde im letzten Jahr vor der Wahl häufig mit der Frage konfrontiert, ob ich denn jetzt eigentlich noch für das Land da bin; worauf ich entgegnete, dass ich für eine ganze Legislaturperiode gewählt bin. Und ich habe eine Verpflichtung gegenüber dem Land, und die geht auch immer vor. Und trotzdem hat man die Kraft – und Nancy Faeser hat auch die Kraft in einer bestimmten Phase auch einfach noch einen drauf zu packen -, obwohl wir uns nicht über Arbeit beschweren können. Und das wird auch Nancy Faeser tun. Nur diejenigen, die erstmals antreten, hatten zuvor kein Amt inne. Die Regel in Deutschland ist, dass bei demokratischen Wahlen Menschen kandidieren, die bereits in einem Amt Verantwortung übernehmen und aus dem Amt heraus kandidieren. In diesem Sinne bin ich der festen Überzeugung, dass Nancy Faeser eine herausragende Bundesinnenministerin bleibt und die Wahl in Hessen gewinnt und dann in ihr Land als Ministerpräsidentin zurückkehrt.“

Rehlinger: Mit ihren langjährigen Erfahrungen als Kommunal- und Landespolitikerin empfiehlt sich Nancy Faeser als Ministerpräsidentin.

Anke Rehlinger

„Seit 1999 regierte die CDU im Saarland. Jetzt nicht mehr. Seit 1999 regiert die CDU in Hessen; und auch hier ist der Wechsel möglich“, stellte am Freitag die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger (SPD) heraus. Und weiter: „Ich bin der festen Überzeugung, dass die hessische SPD zusammen mit Nancy Faeser die besten Voraussetzungen mitbringt, damit Hessens erste Ministerpräsidentin Nancy Faeser heißt. Ich persönlich kenne Nancy Faeser schon außerordentlich lange. Wir haben seinerzeit beide zusammen als Landtagsabgeordnete angefangen und auch beide als justiz- und rechtspolitische Sprecherin.“ Rehlinger lobte Faesers Fachkompetenz und ihre politische Versiertheit. Schon damals habe Faeser demnach für „hohe Kompetenz“ gestanden; sich gleichzeitig aber auch immer als „warmherzige Problemlöserin“ gezeigt. „Ich finde, in dieser Kombination liegt ein ganz besonderer Wert für jemanden, der Verantwortung für ein ganzes Bundesland tragen will“, so Rehlinger. Weiter lobte Rehlinger die Geschlossenheit der hessischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und denen es gelungen sei, „in ganz wesentlichen Politikfeldern“ hohe Kompetenzen auf sich zu vereinen. Dieses sei vor dem Hintergrund des aktuellen weltlichen und politischen Tagesgeschehens von großer Bedeutung. Gerechte Löhne, soziale Gerechtigkeit, Zusammenhalt innerhalb unserer Gesellschaft, bezahlbares Wohnen – das sind allesamt Themen, die die Menschen in Hessen bewegen und bei denen ich den hessischen Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten hohe Kompetenzwerte zuschreibe.“

Zur aktuellen Diskussion, ob Nancy Faeser ihrer Verantwortung als amtierende Bundesinnenministerin jetzt auch als Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl gerecht würde, stellte Rehlinger heraus: „Auch ich bin damals als Wirtschaftsministerin des Saarlandes angetreten, genauso wie es der derzeit amtierende hessische Ministerpräsident Boris Rhein und sein Stellvertreter, Staatsminister Tarek Al-Wazir bei der bevorstehenden Landtagswahl tun werden. Wichtig ist, Nancy Faeser darf den Blick auf die Themen nicht verlieren; aber in der Sache ist doch eines völlig klar, dass für ein solches Amt wie das der Ministerpräsidentin eben nur die Besten antreten können, und die sitzen eben völlig zu Recht nicht in der hinteren Reihe, sondern haben im besten Fall schon Verantwortung an anderer Stelle übernommen. Nancy Faeser ist ihrer Verantwortung als Bundesinnenministerin gerecht geworden und wird ihre Rolle auch weiterhin, wie man es von ihr kennt, vorbildlich ausführen. Mit ihren langjährigen Erfahrungen aus der Kommunalpolitik – aber auch mit ihren langjährigen Erfahrungen als Landespolitikerin empfiehlt sie sich als Ministerpräsidentin des Landes Hessen.“ +++ jessica auth

Kommentar - Warum Faeser eine reelle Chance hat
Nancy Faeser will Hessens erste Ministerpräsidentin werden und ihre Chancen stehen gar nicht mal so schlecht, wie sie mancher sehen will. Für die Vorwürfe, die man Faeser jetzt macht, gibt es eigentlich keinen Grund. Viele Politiker, die sich bei einer Wahl für ein Amt bewerben, trugen bereits zuvor an anderer Stelle Verantwortung. Das ist nichts Neues. Auch darüber, dass es schon Kandidaten in anderen Parteien gab, die in ähnlicher Situation waren wie Faeser, wurde schon ausreichend berichtet. Die Aufregung ist also hausgemacht und ziemlich überzogen.

Nancy Faeser kann ihre Aufgaben ohne Einbußen erfüllen, hierfür gibt es keinen Grund, der Zweifel aufkommen lässt. Was muss die Spitzenkandidatin der Hessen SPD befolgen? Sie muss ihren Job als Bundesministerin besser machen als alle anderen in den Jahren vor der Ampel. Denn die, die jetzt den Finger heben, tun dies rein reflexartig. Lehnen wir uns zurück und warten wir ab, was die Ministerin aus der Situation macht. Wer sich mit Faeser beschäftigt hat, der wird wohl wissen, dass sie sich auf die Situation, die nun auf sie zukommt, eingestellt hat.

Der amtierende Hessische Ministerpräsident, Boris Rhein (CDU), will beim Thema „Innere Sicherheit“ punkten, dass ihm das aber gerade hier gelingen könnte, darf anzweifelt werden. In Wiesbaden wird Faeser von den Grünen und Liberalen geachtet. Auch in Hessen wäre eine Ampel denkbar. Rhein kann mit der CDU im Moment sicher nicht die 30-Prozent-Hürde knacken. Die CDU erwartet, dass die Bundesinnenministerin beim Thema der Flüchtlingsunterbringung scheitert. Wenn dies so wäre, könnte es mit der ersten Ministerpräsidentin in Hessen eng werden. Fazit: Punktet Faeser in Berlin, gewinnt sie in Hessen. +++ norbert hettler