SPD attestiert Union „ernstes Korruptionsproblem“

SPD attestiert Union "ernstes Korruptionsproblem"

Der stellvertretende SPD-Fraktionschef Dirk Wiese hat die Unionsfraktion in der sogenannten Masken-Affäre scharf kritisiert. „Nach Strenz, Amthor, Nüßlein, Fischer und jetzt Löbel kann man nicht mehr von Einzelfällen sprechen“, sagte Wiese der „Welt“. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion habe ein „ernstes Korruptionsproblem“, was die parlamentarische Demokratie als Ganzes zu beschädigen drohe. CDU-Chef Armin Laschet habe keine Autorität und schaffe es nicht durchzugreifen, sondern tauche ab. „Konsequenzen sind bisher Mangelware. Vielmehr ist das Gegenteil innerhalb der CDU der Fall. Amthor wird auch noch zum Spitzenkandidaten der CDU in Mecklenburg-Vorpommern befördert. Ich erwarte zudem von der Union, dass sie mehr Transparenz nicht mehr im Wege steht und bei der Veröffentlichungspflicht von Nebeneinkünften endlich ihren Widerstand aufgibt.“

FDP-Generalsekretär Volker Wissing sagte unterdessen: „Wenn die Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion, Ralph Brinkhaus und Alexander Dobrindt, sich gezwungen sehen, in einem Brandbrief an ihre Abgeordneten darauf hinzuweisen, dass ein Tätigwerden im Rahmen des Mandats nicht mit persönlichen finanziellen Interessen verbunden werden darf, gehen sie offensichtlich davon aus, dass es mehr als nur Einzelfälle gibt.“ Es sei der Bevölkerung nicht zu vermitteln, wenn Abgeordnete von Regierungsfraktionen ihre Kontakte nutzten, um aus einer Notsituation einen finanziellen Vorteil herauszuschlagen. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sagte: „Von Einzelfällen kann bei dieser Häufung von Masken-Skandalen offenkundig nicht mehr die Rede sein. Die Bürger haben einen Anspruch auf rückhaltlose und vollständige Aufklärung, wer alles in den Regierungsparteien von derartigen Geschäften profitiert hat.“ Wenn es um die Vermittlung von Regierungsaufträgen gehe, müsse die Rolle der beteiligten Ministerien ebenfalls ans Licht gebracht werden. „Auch die Kanzlerin kann zu diesen Vorgängen nicht länger schweige n.“ Für die Glaubwürdigkeit der Corona-Politik der Regierung seien „die Skandale um persönliche Vorteilsnahmen bei Masken-Geschäften durch Politiker von Regierungsparteien ein Offenbarungseid“, so Weidel. „Es verletzt das Gerechtigkeitsempfinden der Bürger, wenn sie einerseits mit kaum noch nachvollziehbaren Maskenpflichten drangsaliert, von Ordnungskräften gejagt und mit hohen Bußgeldern belegt werden, während einige wenige sich an der politisch erzeugten Masken-Nachfrage auch noch bereichern.“

Göring-Eckardt fordert in Masken-Affäre Aufklärung

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt fordert nach dem angekündigten Rückzug von Unionspolitikern im Zuge der sogenannten Masken-Affäre weitere Konsequenzen. „Die Affären bei der Union sind keine Einzelfälle, das hat System“, sagte Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es gehe nicht nur um die Einhaltung von Gesetzen, es gehe auch um das Vertrauen in die Politik, um Anstand und Haltung von Politikern. „Die Union muss ernsthaft aufklären und ernsthaft Konsequenzen ziehen.“ Wer das ernst meine, kläre auch vergangene Affären auf. Die Union blockiere zudem seit Jahren schärfere Regeln und mehr Transparenz in Sachen Lobbygesetze, Nebenverdienste und Parteienfinanzierung. „CDU/CSU müssen diese Blockadehaltung aufgeben“, forderte Göring-Eckardt. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Nikolas Löbel hatte am Sonntag bekannt gegeben, sich aus der Politik zurückzuziehen. Er werde sein Bundestagsmandat Ende August niederlegen, nicht mehr für den nächsten Bundestag kandidieren und seine Mitgliedschaft in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sofort beenden, teilte Löbel mit. Am Freitag hatte er eine Beteiligung an umstrittenen Geschäften mit Corona-Schutzmasken eingeräumt. Zuvor hatte bereits der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein auf eine weitere Kandidatur für den Bundestag verzichtet und sein Amt als Vizevorsitzender der Unionsfraktion niedergelegt.

Mannheimer CDU-Kreisvorstand verlangt früheren Löbel-Rückzug

Der Kreisvorstand der CDU Mannheim hat den CDU-Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel aufgefordert, sich bis spätestens zum 31. März aus allen politischen Ämtern zurückzuziehen. „Das ist vor dem Hintergrund der Geschehnisse unausweichlich, folgerichtig und konsequent“, schreibt der Kreisvorstand in einer Erklärung, über die der „Mannheimer Morgen“ berichtet. Darin heißt es, dass man den Rückzug von Löbel aus allen politischen Ämtern und Mandaten begrüße, ihn aber auffordere, den Schritt früher zu vollziehen. Damit erspare man allen Beteiligten eine „unnötige Hängepartie“. Das sei vor dem Hintergrund der Geschehnisse „unausweichlich, folgerichtig und konsequent“. Man werde sich bemühen, die von diesem Schritt betroffenen Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten in den kommenden Wochen bei der beruflichen Neuorientierung zu unterstützten, so der Kreisvorstand.

Kubicki kritisiert späten Löbel-Rücktritt

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat die angekündigte Mandatsniederlegung des CDU-Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel zum 31. August als zu spät kritisiert. Auch wenn es gut sei, dass Löbel die Konsequenzen ziehe und sich aus der Politik zurückziehe, zeige die Tatsache, dass dies erst zum 31. August passiere, „leider noch viel deutlicher, dass es ihm an Demut vor dem Wähler mangelt“, sagte Kubicki der „Rheinischen Post“. „Die Fälle Löbel und Nüßlein legen den Verdacht nahe, dass es sich bei der Union um ein strukturelles Problem handelt“, sagte der Bundestagsvizepräsident. „16 Jahre hatte die Union das Gefühl, die Regierungspartei zu sein. Da haben einige offensichtlich auch das Gefühl für die Grenzen des Anstands verloren.“ Es bleibe zu hoffen, dass es nicht noch mehr solcher Fälle bei CDU und CSU gebe. „Geschadet haben die Beteiligten jedenfalls allen Abgeordneten des Deutschen Bundestages“, so der FDP-Politiker. Innenstaatssekretär Günter Krings (CDU) bezeichnete den angekündigten Rückzug des CDU-Bundesabgeordneten Nikolas Löbel in der Masken-Affäre unterdessen als folgerichtig. „Eine solche Verquickung von Mandat und geschäftlichen Interessen ist inakzeptabel“, sagte Krings der „Rheinischen Post“. Das habe in der Union nichts zu suchen. +++