Schwarze Null – Ein bisschen Stolz ist angebracht

Berlin. Historisch? Ein bisschen. Die Bundesregierung hat erstmals seit 1969 einen schuldenfreien Haushalt aufgestellt. Die Hartnäckigkeit des Finanzministers spielt dabei ebenso eine Rolle wie die Rückendeckung der Kanzlerin. Den Willen zum Sparen gab es schon oft, doch Merkels Vorgänger Gerhard Schröder war damals seinem Minister Eichel in die Parade gefahren („Lass mal gut sein, Hans.“).

Wolfgang Schäuble hat neben unbestrittenem Können auch Glück gehabt. Die Zinsen sind historisch niedrig, die Wirtschaft floriert, die Steuereinnahmen sind hoch. Trotzdem ist sein Haushalt nicht bar jeder Tricks. Das Schlimmste: Die Kosten der Mütterrente sind nicht sauber aus dem Bundeshaushalt finanziert, sondern bis auf Weiteres in die Sozialkassen verschoben worden, ein Sündenfall. So konnte man leichter die Schwarze Null erreichen. Außerdem fehlt der Mut zu großen strukturellen Änderungen, zur Gestaltung. Für die Zukunft entscheidend wird es sein, die Investitionen zu steigern. Um die zu erhöhen, muss man an anderer Stelle sparen.

„Mission erfüllt“, sagt die Union jetzt vollmundig. Schließlich war der schuldenfreie Haushalt eines ihrer größten Versprechen. Von einer richtigen Zäsur wird man selbst bei einem Gelingen im nächsten Jahr noch nicht sprechen können. Erst wenn über mehrere Jahre keine neuen Schulden mehr gemacht werden, wenn das Verschuldungsverbot auch dann noch eingehalten wird, wenn die Konjunktur wieder schwächelt und die Zinsen steigen, ist das Experiment gelungen.

Trotz aller angebrachten Skepsis ist die schwarze Null aber unbestritten ein starkes Signal, auf das die Bundesregierung ein bisschen stolz sein darf. Traurig, dass ausgerechnet am Tag dieses Beschlusses in Berlin ein schlechtes Signal aus Brüssel kam. Wenn der EU-Kommissionspräsident die nächsten Schritte im Haushaltsüberwachungsverfahren gegen Frankreich, Italien und Belgien verschleppt, könnte auch in Deutschland Disziplin in der nächsten Notlage nur schwer zu erklären sein, heißt es in der Schwäbischen Zeitung. +++ fuldainfo

Sie können uns jederzeit Leserbriefe zukommen lassen. Diskutieren kann man auf X oder Facebook

Popup-Fenster

3 Kommentare

  1. Stolz ist so ziemlich der letzte Begriff, der zu dieser Geschichte passt. Trickserei, Schönrechnerei. Es ist einfach eine dumme Politik, immer nur die Ausgabenseite zu betrachten. Die Staatseinnahmen müssen erhöht werden: Einstellung von mehr Steuerfahndern, Schließung von Steuerschlupflöchern, Trockenlegung von Steueroasen, hohe Steuern auf Finanztransaktionen, allgemeine Steuererhöhungen für große Erbschaften, große Vermögen, für Reiche und Superreiche, um nur einige zu nennen.

  2. Darauf kann man nicht stolz sein. Hier wurde, nur um sich selbst loben zu können, der größte Kürzungshaushalt der Nachkriegszeit betrieben.

  3. Es ist kein Sparhaushalt, denn dann hätte man ja etwas gespart (sprich: zurückgelegt). Es ist ein reiner Kürzungshaushalt mit Folgen für die Zukunft und ein Haushalt der Tricksereien. Allen voran die völlig systemfremde Finanzierung der Mütterrente, die allein fast 6 Milliarden Euro ausmacht und die man den Beitragszahlern in der Rentenversicherung aufgehalst hat; aber auch die Kürzungen bei wichtigen Zukunftsinvestitionen und die Verlagerung unangenehmer Zahlen in Schattenhaushalten. Ob man auf so etwas stolz sein kann, ist dann doch die Frage. Und ob die Rechnung im Haushaltsjahr 2015 wirklich aufgehen wird, ist die nächste Frage. Für einen Nachtragshaushalt gibt es immer wieder schöne Ausreden. Alles in allem: Reine Symbolpolitik vorbei an der Realität.

Kommentar hinterlassen,

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*