Scholz wird SPD-Kanzlerkandidat

FDP-Chef nennt SPD-Strategie "rätselhaft"

Olaf Scholz (SPD)
Olaf Scholz (SPD)

Die SPD-Spitze hat sich auf Olaf Scholz als Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl im nächsten Jahr festgelegt. Das teilten die beiden Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken sowie Scholz selbst am Montagvormittag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. Zuvor hatten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe und die „Bild“ übereinstimmend über den Beschluss berichtet. Die Nominierung von Präsidium und Vorstand sei einstimmig erfolgt, schrieb Scholz.

Er freue mich auf einen „tollen, fairen und erfolgreichen Wahlkampf in einem starken Team“. Esken und Walter-Borjans schrieben unterdessen, dass die Entscheidung für einige sicher eine unerwartete Wendung darstelle. „Wir bitten um Vertrauen in unseren Weg. Wir sind entschieden, diesen Weg gemeinsam zu gehen.“ Man habe Scholz als einen „verlässlichen und am Team orientierten Partner“ erlebt, der für sozialdemokratische Politik für Deutschland kämpfen könne und wolle. Zudem teile Scholz ihr  e „Vision einer gerechten Gesellschaft“, so Esken und Walter-Borjans weiter.

SPD-Fraktionschef begrüßt Scholz-Nominierung

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat die Nominierung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten begrüßt. „Olaf Scholz hat mit seinen großen politischen Erfahrungen in Regierung und Parlament sowie als Länderregierungschef bewiesen, dass er unser Land auch in schwierigen Zeiten führen kann“, sagte Mützenich am Montag. Mit „großer Konzentration und Reformwillen“ habe der Vizekanzler die richtigen Schwerpunkte gesetzt, damit Deutschland „sozial gerecht und wirtschaftlich stark“ bleibe. Die SPD-Fraktion werde ihn „mit aller Kraft und Überzeugung unterstützen“, so Mützenich weiter. Der SPD-Fraktionschef war in den vergangenen Wochen auch selbst als potentieller Kanzlerkandidat gehandelt worden. Die SPD-Spitze hatte sich allerdings am Montag auf Scholz festgelegt. Nach Angaben des Finanzministers erfolgte die Nominierung durch Präsidium und Vorstand einstimmig. Er freue sich auf einen „tollen, fairen und erfolgreichen Wahlkampf in einem starken Team“, schrieb Scholz bei Twitter.

FDP-Chef nennt SPD-Strategie „rätselhaft“

FDP-Chef Christian Lindner hat nach der Nominierung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidat Zweifel an den Plänen der Sozialdemokraten geäußert. „Die SPD macht es spannend“, schrieb Lindner am Montag bei Twitter. „Gestern Koalitionsangebot an die Linke und grünes Licht für Kanzler Habeck – heute wird mit Olaf Scholz ein Kanzlerkandidat aus dem eher rechten Spektrum der Partei benannt.“ Auch wenn der Vizekanzler ein „respektabler“ Kandidat sei, erscheine die Strategie der SPD noch „rätselhaft“, so der FDP-Chef. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil antwortete direkt auf den Tweet von Lindner: „Hauptstrategie der Sozialdemokratie ist folgende: Nie weglaufen, nie vor Verantwortung drücken. Immer erst das Land. Dann die Partei.“

Pistorius: SPD muss Scholz geschlossen unterstützen

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat seine Partei aufgefordert, den Kanzlerkandidaten Olaf Scholz geschlossen im Bundestagswahlkampf 2021 zu unterstützen und sich nicht mit einem Platz hinter den Grünen zufrieden zu geben. „Ich begrüße die Nominierung von Olaf Scholz und setze darauf, dass die Partei sich entschlossen hinter den Kandidaten stellt“, sagte Pistorius der „Welt“. „Dabei unterstütze ich ausdrücklich seine Aussage, bei der Bundestagswahl nicht auf Platz zu setzen, sondern auf Sieg.“ Der Partei-Linke Ralf Stegner sagte unterdessen: „Die Nominierung von Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten eröffnet der SPD große Chancen. Der Wahlkampf findet ohne Frau Merkel, aber mit Olaf Scholz statt. Dabei muss es unser Anspruch sein, die nächste Regierung zu führen. Wir spielen auf Sieg, nicht auf Platz.“ Zuvor hatte SPD-Chefin Saskia Esken offen über ein Bündnis mit der Linkspartei unter grüner Kanzlerschaft nachgedacht  . Stegner rief Scholz auf, einen Team-Wahlkampf zu führen: „Der Wahlkampf wird keine Ein-Mann-Veranstaltung. Er muss im Team geführt werden.“ Scholz sehe Koalitionen als Zweckbündnisse auf Zeit. „Rot-Rot-Grün unter seiner Führung ist deshalb denkbar und möglich. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass wir unsere Hausaufgaben machen und unsere Umfrage- und Wahlergebnisse deutlich verbessern.“ Ziel müsse ein „progressives Bündnis diesseits der Union“ sein, forderte Stegner. „Wir schließen nur Bündnisse mit Rechtsradikalen aus, aber wir streben auf keinen Fall eine erneute Koalition mit der Union an.“

Scholz: Wahlkampf beginnt nicht heute

Bundesfinanzminister Olaf Scholz will nach seiner Nominierung zum Kanzlerkandidaten der SPD nicht sofort in einen Wahlkampfmodus übergehen. „Wir regieren und das werden wir auch weiter tun“, sagte Scholz am Montagnachmittag in Berlin. „Der Wahlkampf beginnt nicht heute.“ Dennoch bereite man sich bereits gut auf die Wahlauseinandersetzung des nächsten Jahres vor. Bis dahin habe man aber noch viel zu tun, auch in der gemeinsamen Regierung mit der Union. Dieser Verpflichtung gegenüber den Bürgern stelle man sich, so Scholz. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans zeigte sich erfreut darüber, dass die SPD-Gremien dem Vorschlag gefolgt sind. Die Abstimmung sei „einstimmig und ohne jede Enthaltung“ abgelaufen, sagte er. „Olaf Scholz genießt hohes Ansehen in der Bevölkerung und der Partei“, so Walter-Borjans. Er habe maßgeblich dazu beigetragen, Deutschland gut durch die Coronakrise zu führen. Krisen meistern zu können, sei ein wichtiges Kriterium für einen Kanzler  kandidaten. „Wir sind sicher, dieses Qualitätskriterium erfüllt Olaf Scholz“, sagte der SPD-Chef. Seine Co-Vorsitzende Saskia Esken zeigte unterdessen Verständnis dafür, dass die Entscheidung pro Scholz für viele überraschend komme. Dennoch bitte man um Vertrauen, so Esken.

Röttgen: Scholz ist kein „glaubwürdiger“ SPD-Kanzlerkandidat

CDU-Vorsitzkandidat Norbert Röttgen hat die Kür von Bundesfinanzminister Olaf Scholz zum SPD-Kanzlerkandidaten mit Skepsis aufgenommen. „Die SPD hatte schon einige Kanzlerkandidaten, die nicht zur Partei und ihrer Richtung passten“, sagte Röttgen dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Das macht auch Scholz zu einer taktischen Lösung, die nicht glaubwürdig ist.“ Die Entscheidung für Scholz sei allerdings auch „keine Überraschung“, so der CDU-Außenpolitiker. Über den neuen CDU-Vorsitzenden soll auf einem Parteitag im Dezember abgestimmt werden. Neben Röttgen kandidieren auch der Vize-Präsident des CDU-nahen Wirtschaftsrats, Friedrich Merz, sowie der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet. Der CDU-Vorsitzende gilt als möglicher Anwärter auf die Unions-Kanzlerkandidatur, für die allerdings in der Union auch Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder im Gespräch ist.

Althusmann: Scholz wird an SPD scheitern

CDU-Präsidiumsmitglied Bernd Althusmann geht davon aus, dass die SPD ihren Kanzlerkandidaten Olaf Scholz nicht ausreichend unterstützen wird. „Als Bundesfinanzminister macht Olaf Scholz einen pragmatischen Job, aber an seiner irrlichternden SPD wird er schnell verzweifeln und vermutlich scheitern“, sagte der niedersächsische CDU-Vorsitzende dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Der Ruf nach Geschlossenheit bei der SPD hat ja berüchtigte Tradition und verhallt meist ungehört.“ Die SPD werde zusehends zu einer Partei ohne klare Linie, so Althusmann. „Daran wird die Nominierung von Olaf Scholz wenig ändern können.“ Es sei bezeichnend, dass die beiden SPD-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken gerade noch für ein Regierungsbündnis mit der Linkspartei geworben hätten und nun den eigentlichen Gegner eines solchen Linksbündnisses zum Kanzlerkandidaten ausriefen. Die Strategie, nach links zu Grünen und Linken zu blinken, in der Mitte aber eigentlich ebenso wählbar sein zu wollen, werde nicht aufgehen. Rot-grüne oder rot-rot-grüne Bündnisse seien aus der Zeit gefallen und nicht geeignet, Krisen wie die Coronakrise zu bewältigen, so der CDU-Politiker. Auch nach der Nominierung von Scholz werde die Union ihre Entscheidung über einen Kanzlerkandidaten nicht beschleunigen. „Am Fahrplan der Union ändert sich voraussichtlich nichts“, sagte Althusmann dem RND. Angestrebt wird eine Nominierung des Kanzlerkandidaten der Union Anfang 2021. Im Dezember 2020 soll zunächst auf einem Parteitag der neue CDU-Vorsitzende gewählt werden.

Mattheis kritisiert Kanzlerkandidatur von Scholz

Die SPD-Politikerin Hilde Mattheis hat die Nominierung von Olaf Scholz als Kanzlerkandidat der SPD kritisiert. „Das ist kein Aufbruch in die Zukunft für die SPD, sondern eher die Reset-Taste“, sagte Mattheis dem Nachrichtenportal T-Online. „Personen sollten Inhalten folgen. Und wenn wir Rot-Rot-Grün anstreben, wie jetzt wieder betont wurde, ist Olaf Scholz nicht der erste Kandidat, der mir einfällt.“ Mit Kandidaten vom eher konservativen SPD-Flügel habe es schon bei den vergangenen Wahlen nicht funktioniert. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir mit der immer gleichen Methode diesmal ein besseres Ergebnis erzielen“, sagte Mattheis, die dem Forum Demokratische Linke 21 in der SPD vorsitzt. „Die Partei hat bei der Vorsitzwahl gegen ein Weiter-so gestimmt, und Scholz steht für die alte SPD-Politik“, kritisierte sie. Bei der anstehenden Aufgabe, ein passendes Wahlprogramm für die SPD mit einem Kandidaten Scholz zu erarbeiten, rechnet Mattheis mit Schw  ierigkeiten. „Als linke SPD-Politikerin wünsche ich mir natürlich linke Inhalte für das Wahlprogramm. Aber wir sind jetzt in einer Zwickmühle, weil Scholz bisher für andere Inhalte steht.“

Merz sagt Scholz Scheitern voraus

Der Bewerber um den CDU-Vorsitz und frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ein Scheitern vorausgesagt. „Olaf Scholz wird es so ergehen wie Peer Steinbrück 2013“, sagte Merz der „Rheinischen Post“. „Der Kandidat passt nicht zur Partei.“ Steinbrück war damals mit einem linken Wahlprogramm in den Wahlkampf gezogen, obwohl er eher als wirtschaftsfreundlich galt. Positiv sieht die Entscheidung der SPD-Spitze zur Nominierung von Scholz dagegen SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese. „Olaf Scholz kann Kanzler. Wir spielen mit ihm im nächsten Jahr auf Sieg und nicht auf Platz“, sagte Wiese dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Mit Scholz gebe es eine „klare sozialdemokratische Politik“, die nach vorne blicke und die Zukunft gestalten wolle, fügte Wiese hinzu.

Forsa-Chef zweifelt an dauerhafter Rückendeckung für Scholz

Der Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, hält die Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz für schwer vereinbar mit dem Kurs der SPD-Spitze. „Aus dem Willy-Brandt-Haus kann Scholz nicht mit Unterstützung rechnen. Dort scheint man sich in den vergangenen Monaten noch weiter von der Realität entfernt zu haben als schon bisher“, sagte Güllner dem „Handelsblatt“. Es sei „ein Trauerspiel, dass mittlerweile Leute wie Saskia Esken und Kevin Kühnert die inhaltliche Linie der Partei dominieren“, ergänzte er. „Es ist nur schwer vorstellbar, dass die jetzige SPD-Spitze die Kandidatur von Scholz dauerhaft und glaubwürdig unterstützt.“ Scholz habe aber ein weiteres Problem: „Seine hanseatisch-kühle Art dürfte sich im Wahlkampf als Bürde erweisen. Er hat zwar in Hamburg erfolgreich regiert. Sein Stil ist aber in weiten Teilen Deutschlands nicht populär.“ Nach Güllners Überzeugung hätte Scholz unmittelbar nach dem Rücktritt von A  ndrea Nahles im vergangenen Jahr für den SPD-Vorsitz kandidieren müssen. „Dann wäre ihm und der ganzen Partei das unsägliche Prozedere der Kandidatenkür erspart geblieben, das zu einem völlig inakzeptablen Ergebnis geführt hat“, so Güllner.

Faeser: „Olaf Scholz ist die richtige Wahl“

Die SPD-Landes- und Fraktionsvorsitzende Nancy Faeser hat die einstimmige Nominierung von Olaf Scholz als SPD-Kanzlerkandidaten durch Präsidium und Vorstand wie folgt kommentiert: „Zu allererst möchte ich Olaf Scholz zu der einstimmigen Nominierung als Kanzlerkandidaten herzlich gratulieren und ihm viel Erfolg in dem anstehenden Wahlkampf wünschen. Ich bin sehr froh, dass die Wahl auf ihn gefallen ist und vor allem, dass sie so früh gefallen ist. Ich glaube, Olaf Scholz ist ein starker Kandidat und seine Nominierung kommt genau zum richtigen Zeitpunkt. Gerade in Zeiten von Corona hat er als Finanzminister alles dafür getan, unser Land seriös, geduldig und mit klugen Ideen durch die Krise zu lotsen. Er hat für jeden einzelnen Job gekämpft, ohne dabei auch nur die geringsten Einschnitte in den Sozialstaat zuzulassen und einen beeindruckenden Job gemacht. Nicht nur als Finanzminister, sondern auch in den Jahren zuvor, als Bundesarbeitsminister und Erster Bürgermeister Hamburgs hat Olaf viele Erfahrungen gesammelt, die ihm jetzt von Vorteil sein werden. Er kennt die Sorgen und Probleme vor Ort und er hat bewiesen, dass er unser Land auch in schwierigen Zeiten führen kann. Olaf Scholz bringt die Verlässlichkeit mit, die wir jetzt vielleicht am dringendsten brauchen. Die hessische SPD steht deshalb geschlossen hinter ihm und auch wenn der kommende Wahlkampf unter den Bedingungen von Covid-19 sicherlich anders aussehen wird, als wir das kennen, wird ihn engagiert führen.“ +++

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