Scholz sieht keine „Öffnungsdiskussionsorgien“

Er verlangt Solidarität von EU in Coronakrise

Olaf Scholz (SPD)
Olaf Scholz (SPD)

Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sieht anders als Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Coronakrise keine „Öffnungsdiskussionsorgien“. „Natürlich wird über den richtigen Weg zu einer vorsichtigen Öffnung diskutiert“, sagte Scholz dem Nachrichtenportal T-Online. Die föderale Struktur Deutschlands sei eine Stärke. „Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sind gute Diskussionspartner für die Bundesregierung“, so der SPD-Politiker weiter.

Auf den Widerspruch zur Kanzlerin angesprochen, sagte Scholz: „Wir können doch ganz offen sagen, dass wir in einem Dilemma stecken.“ Oberstes Ziel bleibe es, das Gesundheitssystem nicht zu überfordern. Zugleich müsse das soziale und wirtschaftliche Leben allmählich wieder in Gang gebracht werden. Dafür müssten die Infektionszahlen immer im Blick behalten werden, sagte Scholz. Die Kanzlerin hatte in einer CDU-Präsidiumskonferenz kritisch von „Öffnungsdiskussionsorgien“ in einigen Bundesländern gesprochen. Zur Coronavirus-Lage in Deutschland sagte der Finanzminister: „Wir sind längst nicht über den Berg.“ Alle müssten sich „an ein Leben mit dem Coronavirus für längere Zeit gewöhnen“ und ihren „Alltag darauf ausrichten“. Man habe es „mit einer Naturkatastrophe zu tun, die über die Menschheit gekommen ist“, so der SPD-Politiker weiter. Es sei mit massiven Beschränkungen gelungen, das Infektionsgeschehen zu verlangsamen. „Die Gefahr ist aber noch nicht gebannt und jede Lockerung wird sich auswirken“, sagte Scholz dem Nachrichtenportal T-Online. Er widersprach dem Eindruck, dass dadurch ein Lockerungs-Flickenteppich in den Ländern entstehe: „Die Lockerungen sind gut koordiniert und es gibt keinen Flickenteppich“, so der Vizekanzler.

Scholz verlangt Solidarität von EU in Coronakrise

Der Bundesfinanzminister spricht sich in der Coronakrise dafür aus, die Integration der Europäischen Union voranzutreiben. Wenn man „weiter zusammen solidarisch handeln“ wolle, „dann braucht es auch weitere Integrationsschritte in der EU“, sagte Scholz dem Nachrichtenportal weiter. Zudem forderte er, weiter auf eine Fiskalunion hinzuarbeiten. Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) müsse weiterentwickelt werden, so der Finanzminister weiter. Es brauche die „Europäische Bankenunion“, und man müsse „bei der Kapitalmarktunion vorankommen“. Es gehe aber auch darum, wie sich Europa finanziere. „Die EU braucht dann auch gemeinsame Einnahmen“, sagte Scholz. Dafür sei es hilfreich, wenn sich „viele Staaten an der Besteuerung von Finanztransaktionen beteiligen“ – vielleicht sogar alle. Der SPD-Politiker gab sich weiterhin reserviert beim Thema Corona-Bonds, die etwa von Italien und Spanien gefordert werden: „Diskussionen sollten nicht um Instrumente geführt werden, sondern darüber, ein Problem zu lösen“, so der Vizekanzler. Erst einmal müsse geschaut werden, „wie viel Geld konkret benötigt wird und wofür es eingesetzt werden soll“. Dann müsse die Finanzierung geklärt werden. „Das geschieht am sinnvollsten in der Debatte um den künftigen mehrjährigen Finanzrahmen, den EU-Haushalt“, sagte Scholz dem Nachrichtenportal. +++

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