Scholz: Abwägen zwischen Menschenleben und Wirtschaft unerträglich

Laschet will sofort über Exit-Strategie nachdenken

Um eine Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, unterstützt die SPD eine Verlängerung aller Maßnahmen bis zum 20. April. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte in „Bild am Sonntag“, dass er den Vorstoß aus dem Kanzleramt mitträgt. „Erst mal gilt es abzuwarten, welche Wirkung die Maßnahmen zeigen. Um den 20. April weiß man da hoffentlich mehr. Jetzt geht es darum, dass wir alle uns an die Regeln halten, Abstand bewahren und die Ansteckung verlangsamen.“

Trotz des massiven Konjunktureinbruchs lehnte Scholz eine Lockerung der Regeln aus wirtschaftlichen Gründen kategorisch ab. „Die Einschränkungen sind sehr massiv. Aber es geht um Leben und Tod. Ich wende mich gegen jede dieser zynischen Erwägungen, dass man den Tod von Menschen in Kauf nehmen muss, damit die Wirtschaft läuft. Solche Abwägungen halte ich für unerträglich.“ Ein Abbau der Maßnahmen darf laut Scholz nur nach medizinischen, niemals nach ökonomischen Kriterien erfolgen: „Wann das öffentliche Leben Stück für Stück wieder losgehen kann, wird allein davon abhängen, wie gut es uns gelingt, die Verbreitung des Virus zu verlangsamen, damit unser Gesundheitssystem damit zurechtkommen kann. Ich rate allen dringend davon ab, eine Lockerung an wirtschaftliche Fragen zu knüpfen.“ Die Regierung sei „der Menschheit verpflichtet, alles zu tun, um diese Pandemie zu stoppen“. Das Land bräuchte „ruhige und besonnene Leute, die unser Land führen mit einem klarem moralischen Kompass“. Der Vizekanzler räumte ein, dass die Folgen der Einschränkungen große Folgen für die Bürger haben: „Ich mache mir aber auch Gedanken über jene, die jetzt einsam sind. Über Mütter und Väter, die in dieser schwierigen Zeit ihre Familien zusammenhalten müssen. Über Kinder, die nicht mehr in die Schule können oder auf Spielplätze. Dieses Frühjahr ist für uns alle eine große Prüfung.“

SPD-Chef will schnellstmögliche zurück zur Normalität

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans hat vor schwerwiegenden Folgen anhaltender Ausgangsbeschränkungen gewarnt. „Es geht darum, den Verlauf der Pandemie zeitlich so zu strecken, dass kein Arzt entscheiden muss, wer künstlich beatmet werden kann und wer nicht“, sagte Walter-Borjans den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Wir wissen aber auch um die existentielle und psychische Belastung für die Bürgerinnen und Bürger, die mit jedem weiteren Tag des Stillstands verbunden ist. Vereinsamung, existentielle Not und zunehmende häusliche Gewalt können uns ebenfalls nicht kalt lassen.“ Deshalb ist die schnellstmögliche Rückkehr zur Normalität das Ziel. Gleichwohl schloss sich Walter-Borjans der Mahnung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an, die Spitze der Infektionswelle noch bevorstehe. „Bisher kann noch niemand die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen beurteilen. Selbstverständlich muss die schrittweise Rücknahme der Einschränkungen verantwortungsbewusst geplant werden“, sagte der SPD-Vorsitzende.

Laschet will sofort über Exit-Strategie nachdenken

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet wendet sich in der Debatte über die Beschränkung des öffentlichen Lebens gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Der Satz, es sei zu früh, über eine Exit-Strategie nachzudenken, ist falsch“, schreibt der CDU-Vize in einem Gastbeitrag für die „Welt am Sonntag“. Jetzt sei die Zeit, „Maßstäbe für die Rückkehr ins soziale und öffentliche Leben zu entwickeln, damit auch diese Entscheidung anhand transparenter Kriterien erfolgt“. Man müsse schon jetzt die Zeit in den Blick nehmen, in der die „rigiden Maßnahmen“ erste Wirkung zeigten, so Laschet. Wann und wie „das soziale und öffentliche Leben wieder geöffnet“ werde, darf nach seiner Auffassung „keine Frage politischer Opportunität oder ausschließlich virologischer Erkenntnisse“ sein. „Es braucht einen breiten, gesellschaftlichen Konsens. Der kann nur auf der Grundlage einer intensiven Abwägung aller medizinischen, sozialen, psychologischen, ethischen,  wirtschaftlichen und politischen Implikationen wachsen.“ Dieser Prozess brauche Zeit. „Damit wir in der Osterzeit die Maßstäbe kennen und den Konsens hergestellt haben, müssen wir jetzt beginnen.“ Die Krise habe den Blick „auf das Wesentliche“ geschärft. So habe man zum Beispiel den intensiven Austausch zwischen Politik und wissenschaftlicher Expertise schätzen gelernt. „Nicht um Politik von Entscheidungen zu entlasten, aber um politische Optionen zu eröffnen“, so der CDU-Politiker. +++