Russland setzt Angriff auf Ukraine fort – Explosionen in Kiew

Ex-General und Merkel-Berater sagt schnelles Kriegsende voraus

Russland hat seinen Angriff auf die Ukraine am Freitag fortgesetzt. In der ukrainischen Hauptstadt Kiew waren am Morgen Explosionen zu sehen und zu hören. Laut Berichten der staatlichen ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform beschossen russische Streitkräfte Kiew mit „Marschflugkörpern oder ballistische Raketen“. Den ukrainischen Streitkräften soll es aber auch gelungen sein, ein russisches Flugzeug abzuschießen. Die Maschine sei in ein mehrstöckiges Wohngebäude im Stadtbezirk Darnyzja gestürzt. Über mögliche Tote und Verletzte wurde zunächst nichts bekannt. Bereits am Donnerstag, dem ersten Tag des großangelegten Angriffs auf die Ukraine, soll es über 100 Todesopfer gegeben haben.

Ukraine meldet 800 „Verluste“ auf russischer Seite

Gut 24 Stunden nach Beginn der russischen Militärinvasion in der Ukraine hat Kiew gewisse militärische Erfolge gemeldet, die sich jedoch zunächst nicht unabhängig bestätigen ließen. Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte am frühen Freitagmorgen mit, Russland habe 7 Flugzeuge, 6 Hubschrauber, 30 Panzer und 130 weitere Kampffahrzeuge verloren. „Der Verlust an feindlichem Personal beträgt ungefähr 800 Personen“, hieß es weiter, wobei unklar war, ob es sich dabei um Todesopfer oder um andere nicht kampffähige Soldaten handeln soll. Es seien „Schätzungen“, hieß es weiter. Die staatliche ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform hatte am Morgen auch gemeldet, dass angeblich ein russisches Flugzeug über Kiew abgeschossen worden und in ein Wohnhaus gestürzt sei. In anderen Berichten war die Rede davon, dass es sich tatsächlich um eine ukrainische Maschine gehandelt habe. Tatsächlich scheint die russische Armee weit überlegen und ist auf dem Vormarsch,  wobei die genaue Lage unübersichtlich war. So machten Berichte die Runde, wonach die ukrainische Luftverteidigung bereits komplett zerstört sei und Russland die Lufthoheit über der Ukraine habe. Russische Truppen sollen wenige Kilometer vor der Hauptstadt Kiew stehen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj befindet sich nach eigenen Angaben weiterhin in Kiew und sieht sich als primäres Ziel der russischen Streitkräfte. Er unterzeichnete ein Dekret zur Generalmobilmachung. Alle Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren dürfen das Land demnach nicht mehr verlassen.

Ex-General und Merkel-Berater sagt schnelles Kriegsende voraus

Der ehemalige deutsche Brigadegeneral Erich Vad geht von einem baldigen Ende des Ukraine-Krieges aus. „Putin wird diesen Krieg gewinnen, weil die russischen Streitkräfte modern sind, gut ausgestattet sind, weil sie eine vielfache Überlegenheit auch haben, weil sie eine strategische Ausgangsbasis haben, gegen die man sich einfach nicht verteidigen kann“, sagte der langjährige militärpolitische Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. „Militärisch gesehen ist die Sache gelaufen. Und meine Bewertung ist, dass es nur um ein paar Tage gehen wird und nicht mehr“, sagte der Brigadegeneral a.D weiter. „Es sei denn, Putin macht den Schritt in die Westukraine“, schränkte er ein. „Hier hat er mit massivem Widerstand zu rechnen.“ In diesem Fall könne es einen langwierigen „Guerillakrieg im Stile Afghanistan“ geben. Dies werde der russische Präsident aber vermeiden. „Deshalb glaube ich, dass er nicht  das gesamte Land besetzen wird.“ Eine Aufnahme der Ukraine in die NATO ist Vad zufolge mit Putins Annektion von Teilen der Ukraine endgültig vom Tisch. „Wir werden aus NATO-Sicht kein Land aufnehmen, das einen innerstaatlichen Konflikt hat mit einem Nachbarland.“ Einen Angriff Putins auf osteuropäische NATO-Staaten hält der Militärexperte für unwahrscheinlich: „Ich denke, Putin geht sehr rational vor, nicht hysterisch und auch nicht idiotisch, sondern sehr eiskalt machtpolitisch agierend, lange geplant, das Ganze drehbuchartig geskriptet.“ Und weiter: „Er macht sicherlich nicht den Fehler, das NATO-Gebiet anzutasten, weil er weiß, dann kriegt er die geballte Ladung des Westens ab, und das kann er auch militärisch nicht durchstehen“, konstatierte Vad. Wichtig sei jetzt, dass der Westen Stärke zeige, die Abschreckung hochfahre und Putin aufzeige: „Hier ist die Grenze“. „Das schaffen wir nicht mit Wirtschaftssanktionen, sondern wirklich mit Hard Power, Hardcore-Militärmacht“, betonte V  ad. „Das müssen wir deutlich machen, damit er keinen Appetit bekommt.“ Vad forderte zudem eine Stärkung Europas als Militärmacht. „Wir werden letztlich von Putin nicht Ernst genommen, weil wir diese militärische Schlagkraft als Europäer nicht haben.“

EU konkretisiert Sanktionen gegen Russland – Energiesektor im Blick

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat die EU ihre geplanten Sanktionen konkretisiert. „Wir zielen auf den Energiesektor, einen wichtigen Wirtschaftsbereich, von dem der russische Staat ganz besonders profitiert“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der Nacht auf Freitag. „Unser Exportverbot wird den Ölsektor treffen, indem es Russland unmöglich macht, seine Raffinerien zu modernisieren“, so von der Leyen. Außerdem werde der Verkauf von Flugzeugen und Ausrüstung an russische Fluggesellschaften verboten, sowie Russlands Zugang zu Technologien wie Halbleitern oder modernster Software eingeschränkt. Russische Diplomaten und Geschäftsleute sollen „keinen privilegierten Zugang zur Europäischen Union mehr haben“, sagte von der Leyen. +++

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