Ramelow fordert wegen Corona „Perspektive für die nächsten Jahre“

Lehrerverbände mahnen zur Vorsicht bei Schulöffnungen

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke)

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) plädiert für die Einführung eines bundesweiten Stufenplans, um die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen. „Ich finde es schwierig, wenn wir immer nur einzelne Punkte herausgreifen und nicht ein gemeinsames Maßnahme-Paket für ganz Deutschland schnüren“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Es macht keinen Sinn, wenn wir jedes Mal eine Ministerpräsidentenkonferenz einberufen, Akteure vorher anfangen, über einzelne Teile laut zu debattieren – und man am Ende als Ministerpräsident gar nicht mehr weiß: Mach ich jetzt – ne halbe Schule mit einem Viertel Kindergarten, und kann ich das noch kombinieren mit ein bisschen Blumen- oder Baumarkt.“

Nötig sei stattdessen „ein Regelwerk, das für alle Bürger und für alle Wissenschaftler nachvollziehbar ist – und uns als Handelnden einen Rahmen gibt, dass wir nicht jedes Mal neu verhandeln müssen“, so Ramelow. Es müsse „verlässlich sein  im Aufwärts und im Abwärts. Jeder muss wissen, was wann passiert“. Ob sich die Ministerpräsidentenkonferenz dabei auf die thüringischen Grenzwerte oder auf andere Werte einige, sei „am Ende eine gemeinsame Entscheidung“, so Ramelow, der betonte: „Wir müssen davon wegkommen, dass es heißt, die Bundeskanzlerin hat das vorgeschlagen und die Ministerpräsidenten das. Das hilft uns nicht.“ Der Linken-Politiker räumte ein, dass auch ihm die neuen Corona-Mutanten und die anscheinend schwächere Wirksamkeit des Impfstoffs von Astrazeneca Sorge bereite. „Mir ist bange davor, dass das Virus aggressiver wird“, sagte er dem RND. Allerdings mildere zumindest auch Astrazeneca schwere Verläufe bei denen, die sich mit der südafrikanischen Mutante infiziert hätten. Unabhängig davon gelte: „Wir brauchen eine Perspektive für die nächsten Jahre. Denn das Virus geht doch nicht weg.“ Friseure und Kosmetiker könnten in Thüringen laut Stufenplan bei strengen Infektionsschutzauflagen bereits bei einer Sieben-  Tage-Inzidenz zwischen 100 und unter 200 wieder öffnen, große Teile des Einzelhandels sowie Gaststätten bei Werten zwischen 50 und 100.

Lehrerverbände mahnen zur Vorsicht bei Schulöffnungen

Lehrerverbände und Gewerkschaften mahnen vor der Sitzung von Kanzlerin und Ministerpräsidenten zur Corona-Politik zur Vorsicht beim Thema Schulöffnungen. „Gerade angesichts der schwer kalkulierbaren Gefahren durch die Virusmutation müssen wir bei der Öffnung der Schulen vorsichtig vorgehen“, sagte der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Ich empfehle: Lieber noch ein, zwei Wochen warten als zu früh zu viel zu riskieren.“ Für die Schulöffnungen brauche man einen nachvollziehbaren Plan mit festen Kriterien, was bei welcher Inzidenz passieren sollte. „Ich appelliere an die Ministerpräsidenten und die Kanzlerin diesen Plan endlich zu liefern“, so der Lehrerverbands-Präsident. Neben den Abschlussklassen müssten die besonders jungen Schüler als erste zurück in die Schulen. „Wenn möglich, sollten wir Schüler, die zu Hause besonders schlecht gefördert werden können, besonder  s schnell in den Wechselunterricht zurückholen.“ Der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, sagte dem RND: „Wir sehen, dass es eine hohe Priorität hat, die Schulen wieder zu öffnen. Das kann aber nur dort passieren, wo die Inzidenzwerte es zulassen und der Gesundheitsschutz gesichert ist.“ Es sei allen klar, „dass die Schulen nicht ab dem 15. Februar 2021 wieder in den Normalbetrieb gehen können“. Ein großes Fragezeichen bleibe auch, wie die Virusmutationen das Infektionsgeschehen weiter beeinflussen werden. „Eine Situation wie in Großbritannien, wo die Öffnung der Schulen zu einem schlagartigen Anstieg der Neuinfektionszahlen führte und in der Konsequenz erneute Schulschließungen nach sich ziehen würde, gilt es unbedingt zu vermeiden“, warnte er. „Denkbar wären daher nur vorsichtige Öffnungsschritte für erste und zweite Klassen, die eng evaluiert werden und von einer deutlichen Ausweitung der Teststrategie sowie einer verbesserten Impfstrategie für die Lehrkräfte begleitet werden müssen“, sagte Beckmann. Erst dann könne über weitere Schritte nachgedacht werden.

Berliner Kassenärzte fordern Konkretisierung der Impfverordnung

Burkhard Ruppert, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin, fordert eine Konkretisierung der Impfverordnung. Durch die Einbeziehung der niedergelassenen Ärzte könnten bis zu 450.000 Patienten wöchentlich geimpft werden, sagte er „RBB24-Recherche“ und der RBB-Sendung „Praxis“. In Bezug auf chronisch Kranke müsse geklärt werden, wie sie zu ihrer Impfung kommen. Bislang sei nicht geregelt, wer die Verantwortung für die Einladung der Risikopatienten der Gruppe 3 zur Impfung verantworten und organisieren soll. Nach Rupperts Auffassung sind dafür „verschiedene Player zuständig“, dazu gehöre die Senatsgesundheitsverwaltung ebenso wie die Krankenkassen. Die Priorisierung, wer wann geimpft werden soll, könnten die niedergelassenen Ärzten nicht allein übernehmen, da sie dadurch in ihrem „eigentlichen Versorgungsauftrag massiv behindert wären“. Sie könnten nur unterstützend und bei der Klärung von Einzelfällen tätig werden, so Ruppert. Außerdem müssten zeitnah Vorbereitungen getroffen werden, um die niedergelassenen Ärzte zukünftig in den Impfprozess zu integrieren. Wenn genug Impfstoff zur Verfügung steht, könnten nach Berechnungen der KV Berlin bis zu 3.000 Praxen einbezogen und so bis zu 450.000 Patienten pro Woche geimpft werden. Dies erfordere jedoch einen Vorlauf von bis zu vier Wochen, um die logistischen Vorbereitungen und die Materialbestellung zu organisieren. Berlin könnte dann innerhalb kürzester Zeit „durchgeimpft“ werden. +++

Sie können uns jederzeit Leserbriefe zukommen lassen.

Diskutieren kann man auf Twitter oder Facebook

Hier können Sie sich für den fuldainfo Newsletter anmelden. Dieser erscheint täglich und hält Sie über alles Wichtige, was passiert auf dem Laufenden. Sie können den Newsletter jederzeit wieder abbestellen. Auch ist es möglich, nur den Newsletter „Klartext mit Radtke“ zu bestellen.

Newsletter bestellen