Im Rahmen der gestern in Kassel gestarteten Aktionswoche „MS – Meine Spur“ ist bis 21. August eine Kerngruppe der Darmstädter MS-Gruppe Radfahrlust mit ihren Liegedreirädern in Hessen mit Stationen in Fulda, Darmstadt, Wiesbaden und Frankfurt unterwegs. Die Aktionswoche ist ein Gemeinschaftsprojekt der Gruppe „Radfahrlust“ und der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) Landesverband Hessen. Heute legte die Gruppe in Fulda einen Stopp ein, wo die DMSG Hessen mit einer Regionalstelle vertreten ist.
„Wir zeigen Gesicht“: Das war die zentrale Botschaft anlässlich des gemeinsamen Pressegesprächs von Klinikum Fulda, der DMSG Hessen und der Darmstädter „Radfahrlust“. Mit diesen Worten verdeutlichte Klaus Vock, Initiator und Organisator der „Radfahrlust“, die Bedeutung der seit 2008 Jahr für Jahr stattfindenden Sternfahrten für Menschen mit Handicaps. Er selbst hatte bis zu seiner MS-Diagnose vor knapp 20 Jahren „eine Odyssee hinter sich. Ich verstand nicht, was mit mir passierte. Meine Kinder verstanden nicht, warum ich auf einmal so anders war, anders redete und mich bewegte“. Die Diagnose und die fortschreitenden Einschränkungen in seiner Mobilität hatten für den passionierten Pedalisten einen „Radverlust“ zu Folge. Ein Besuch auf der Spezialradmesse „Spezi“ brachte für ihn die persönliche Wende. Dort entdeckte Klaus Vock für sich die Liegedreiräder: Keine Gleichgewichts- und keine Sehprobleme plagten ihn. Seine positiven Erfahrungen mit dem Radfahren auf drei Rädern wollte er teilen und begann, andere Menschen mit MS dafür zu begeistern und gründete in den Reihen der DMSG Hessen in seiner Heimatstadt Darmstadt die „Radfahrlust“. Bis zu 50 Teilnehmer aus dem ganzen Bundesgebiet sind eine Woche auf Spezialrädern zusammen unterwegs, erleben Gemeinschaft, wieder ein riesiges Stück Freiheit und zu welchen Leistungen sie trotz MS in der Lage sind.
Auch in der Corona-Pandemie wollte die DMSG Hessen „die zirka 20.000 Menschen in Hessen mit MS sichtbar machen und ihnen ein Gesicht geben“, ergänzte Dagmar Spill, Vorsitzende der DMSG Hessen. Da die „Radfahrlust“ mobil ist und überwiegend draußen stattfindet, entstand auf Initiative von Benno Rehn, Geschäftsführer der DMSG Hessen, die Idee, mit einer Kerngruppe der Radfahrlust die Aktionswoche „MS – Meine Spur“ zu organisieren: Mit Stopps in den hessischen Städten, wo die DMSG Hessen mit Regionalstellen vertreten ist, und mit Unterstützung örtlicher Neurologie-Kliniken oder –Praxen, um das für Menschen mit MS wichtige Netzwerk von Selbsthilfe, medizinischer Versorgung, sozialrechtlicher und psychosozialer Beratung zu betonen. „Unser Anliegen ist, dass auch Menschen mit MS in Würde leben können. Mit der Aktionswoche folgen wir einer gemeinsamen Spur“, betonte Vorsitzende Dagmar Spill. Daran knüpfte Geschäftsführer Benno Rehn an: „Es kann nicht sein, dass Menschen mit Multiple Sklerose schlechter behandelt werden, von der Gesellschaft behindert werden oder dadurch berufliche Nachteile haben. Daher ist es wichtig, sichtbar zu sein.“
Unterstützung im Alltag bietet die Fuldaer Regionalstelle (Zentrum Vital, Gerloser Weg 20), etwa in sozialrechtlichen Belangen. „Wichtig ist auch die Aufklärung im familiären und im beruflichen Umfeld. Wir führen Gespräche mit Kollegen und Vorgesetzten, wenn sie sich schwer tun, die Erkrankung zu verstehen“, schilderte Sozialberaterin Kerstin Springob von der Fuldaer Regionalstelle. MS wird wegen der Vielfalt an Symptomen und stark unterschiedlichen Verläufen „auch die Krankheit der 1000 Gesichter genannt. Sie ist wie ein Chamäleon“, beschrieb Neurologe Dr. Jörg Berthel (Oberarzt der Klinik für Neurologie, Klinikum Fulda). Mögliche Symptome können zum Beispiel Taubheitsgefühle, Missempfindungen in den Extremitäten, unspezifischer Schwindel, Blasenprobleme, Sehnerv-Entzündungen sein. Zirka 3000 Menschen sind in Osthessen von MS betroffen, so Berthel: „Aufgrund der heute besseren Diagnostik werden Diagnosen früher gestellt.“ Aber dank neuer, individuell abgestimmter medikamentöser Therapien hätten sich die Perspektiven für MS-Patienten deutlich verbessert. Dazu tragen auch Sport und Bewegung bei, betonte Sportwissenschaftlerin Dr. Stephanie Woschek, die bei der DMSG Hessen das von ihr entwickelte „Funktionstraining bei MS“ leitet und in diesem Jahr erstmals bei der „Radfahrlust“ mitfährt: „Daher ist mein Appell an Neurologen, sagt Euren Patienten, ‚Macht Sport. Auch bei MS.‘“ Sportliche Aktivitäten haben positive Auswirkungen auf die Erkrankung MS und die psychische Stabilität. „Sport setzt positive Energie frei“, so Dr. Woschek. Daher bietet die DMSG Hessen seit Ende 2019 das neue „Funktionstraining bei MS“ an, während der Corona-Pandemie auch als Online-Training. Bei diesem Training auf Verordnung zeigen eigens geschulte Trainer, welche Bewegungen und Übungen sich für einen Menschen mit MS eignen. +++ pm
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