Polizei: Grüne für Verschärfung des Disziplinarrechts der Länder

Der Staat muss konsequent verdeutlichen, dass er es nicht duldet

Nach dem Bekanntwerden von 400 rechtsextremistischen oder verschwörungsideologischen Verdachtsfällen in den Polizeien der Länder hat die Parlamentsgeschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, die Bundesländer zur Verschärfung ihres Disziplinarrechts aufgerufen. Es sei „besonders problematisch, wenn Menschen mit verfassungsfeindlichen Einstellungen den Staat repräsentieren und außerdem Zugänge zu Waffen“ oder auch zu Daten von Bürgern haben, sagte die Polizeibeamtin dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Um solche Fälle frühzeitig zu erkennen, habe die Ampel-Koalition gerade Disziplinarrecht des Bundes verschärft, sodass Verfassungsfeinde schneller aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden können, so Mihalic. „Ich setze darauf, dass nach der Veröffentlichung der neuen Zahlen durch Innenminister der Länder auch die Bundesländer diesen Weg beschreiten“, sagte die Grünenpolitikerin. „Der Staat muss konsequent verdeutlichen, dass er es nicht duldet, dass Feinde der Verfassung ihn repräsentieren. Das gilt vor allem für die Sicherheitsbehörden.“

Der „Stern“ hatte berichtet, dass gegen mindestens 400 Polizeibeamte der Länder Disziplinar- oder Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf rechtsextremistische Gesinnung oder Unterstützung einer Verschwörungsideologie geführt werden. Das habe eine Abfrage in den 16 Innenministerien ergeben. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Alexander Throm (CDU), warnte dagegen vor einem Generalverdacht gegen Polizisten. Rechtsextremismus unter Polizisten sei „nicht akzeptabel und jeder Fall ist einer zu viel“, sagte Throm dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Dennoch muss klar sein, dass die nun öffentlich gewordenen 400 Fälle lediglich 0,1 Prozent aller Polizisten in Deutschland ausmachen.“ Man müsse die Lage ernst nehmen, aber dürfen sie nicht dramatisieren „und schon gar keinen Generalverdacht gegen unsere Sicherheitskräfte daraus ableiten“.

Throm kritisierte zudem den Polizeibeauftragten des Bundestags, Uli Grötsch (SPD), für dessen Reaktion auf die Zahlen. „Ich persönlich würde auch vom neuen Polizeibeauftragten des Bundes ein bisschen mehr Sachlichkeit in dieser Angelegenheit und ein besseres Auge für das große Ganze wünschen“, sagte er. Der „absolute Großteil“ der Polizisten arbeite „jeden Tag hart und rechtstreu für unser Land“. Grötsch hatte dem „Stern“ gesagt: „Wir leben in Zeiten, in denen von Rechtsextremen gezielt versucht wird, die Polizeien zu destabilisieren.“ Die Gefahr sei so groß wie nie.

Leutheusser-Schnarrenberger besorgt über Extremisten bei der Polizei

Nachdem bekannt wurde, dass mindestens 400 Polizisten der Länder unter Rechtextremismusverdacht stehen, rät die Antisemitismusbeauftragte des Landes NRW, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), Polizeibeamte nicht lange in einer Tätigkeit einzusetzen. „Oft entwickelt sich eine extremistische Haltung erst im Laufe des Berufslebens“, sagte die frühere Bundesjustizministerin der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Es biete sich für die Extremismusprävention an, Polizisten „regelmäßig in neuen Tätigkeitsfeldern einzusetzen, damit sie nicht zu sehr in einem bestimmten Umfeld verankert sind.“

Schon bei der Einstellung von Menschen in den Polizeidienst müsse sehr genau hingehört und nachgefragt werden, ob rechtsextreme, rassistische oder antisemitische Haltungen vorhanden seien. Es sei auch notwendig, intensiver über das Disziplinarrecht zu reden. „Nur darüber kann man Rechtsextremisten aus der Polizei entfernen“, so Leutheusser-Schnarrenberger weiter. „Wichtig wäre eine Vereinfachung der Disziplinarverfahren, natürlich im rechtsstaatlichen Rahmen.“ Die Liberale warnt ausdrücklich davor, Polizisten unter Generalverdacht zu stellen: „Es ist bekannt, dass es auch in der Polizei Rechtsextremismus gibt. Den darf man aber nie zum Pauschalvorwurf erheben“, so Leutheusser-Schnarrenberger. Die „große Mehrheit“ der Beamten sei davon frei. +++