Polizei geht gegen „Reichsbürger“ in den eigenen Reihen vor

Die meisten Fälle meldet Bayern

Berlin. Knapp zwei Wochen nach den tödlichen Schüssen eines sogenannten „Reichsbürgers“ auf Polizisten im bayerischen Georgensgmünd entdecken Polizeibehörden immer weitere Verdachtsfälle in ihren eigenen Reihen. Die Zahl der Disziplinarverfahren gegen Polizisten, die im Verdacht stehen, ihrerseits der „Reichsbürger“-Szene nahezustehen, hat sich bundesweit in kurzer Zeit vervielfacht: Sie liegt aktuell bei 15, wie eine Umfrage der „Süddeutschen Zeitung“ unter den Landesinnenministerien ergab.

Die meisten Fälle meldet Bayern, wo Ende der vergangenen Woche ein 26 Jahre alter Beamter suspendiert wurde. Er ist bereits der sechste mutmaßliche „Reichsbürger“ in der dortigen Polizei, schreibt das Blatt. Die gesamte Szene besteht nach Schätzungen von Verfassungsschützern bundesweit nur aus wenigen Hundert Menschen. Neben Bayern führt Sachsen-Anhalt derzeit vier Disziplinarverfahren gegen mutmaßliche „Reichsbürger“ in der Polizei, drei von ihnen sind bereits vom Dienst suspendiert, berichtet die Zeitung weiter. Nordrhein-Westfalen prüfe seit dem Ende vergangener Woche zwei neue Verdachtsfälle, womit sich die Zahl der entsprechenden Disziplinarverfahren dort auf vier verdoppeln könnte. In Berlin ist ein Polizist als „Reichsbürger“ suspendiert.

Die Bundespolizei führt derzeit zwei solche Disziplinarverfahren. Nicht nur im Hinblick auf „Reichsbürger“, sondern auch allgemein im Hinblick auf rechtsextremistische Äußerungen ist die Zahl der Disziplinarverfahren innerhalb der Polizei zuletzt angestiegen. Einschließlich der „Reichsbürger“-Fälle sind es mehr als vierzig solche Verfahren bundesweit, berichtet die Zeitung. Vor drei Jahren waren es noch weniger als halb so viele. Die Verdachtsfälle wegen rechtsextremistischer oder fremdenfeindlicher Äußerungen verteilen sich demnach auf acht Bundesländer, vier neue und vier alte. Und auch in dieser Gesamtstatistik führt Bayern: Zu den sechs mutmaßlichen „Reichsbürgern“ kommen derzeit sechs Fälle hinzu, in denen Polizeibeamte beispielsweise volksverhetzende Facebook-Kommentare gepostet haben sollen. Einige der „Reichsbürger“ in der Polizei sind laut Zeitung nur durch Zufall entdeckt worden. +++

Popup-Fenster

1 Kommentar

  1. Angesichts der, jetzt auch von der Kanzlerin als „Überbietungswettbewerb sprachlicher Enthemmung“ kritisierten, aber nie innerhalb der Union unterbundenen, unsäglichen Rhetorik nach der Strategie „was heute noch Skandal, ist morgen normal“ insbesondere der CSU mit Seehofer an vorderster Front – sowie zu vieler CDU-Granden (darunter seit geraumer Zeit auch De Maizière, Schäuble, Spahn) – bis in die jüngste Zeit (vgl. Scheuers „Gleichnis“ vom „fußballspielenden, ministrierenden Senegalesen“ ) muss die Frage erlaubt sein, ob diese Rhetorik nicht im Einzelfall bis zur geistigen Brandstiftung reicht, wenn doch im Gleichschritt ausländerfeindliche, teils extremistische Straftaten exorbitant zunehmen – während deren Verfolgung, auch in Anbetracht des von der Union und ihrer Innenminister viele Jahre betriebenen Abbaus von Polizei-und Justizbehörden, eher lax erscheint. Und jetzt wurde bekannt, dass insbesondere in der bayerischen Polizei eine Vielzahl sog. „Reichsbürger“ bis in jüngste Zeit sein Unwesen treiben durfte. Dies untermauert den nicht überraschenden Eindruck, dass die Polizeibehörden nach Links und nach Rechts mit unterschiedlichem Furor agieren. So ist es z.B. auch nicht verwunderlich, wenn anläßlich der Feierlichkeiten zum 3. Oktober in Dresden den „Demonstranten“ der PEGIDA und anderer Rechtspopulisten „viel Erfolg“ gewünscht wurde, oder wenn in München Demonstranten von Rechts Gesprächsangebote gemacht werden, während die Linken mit aller Härte behandelt werden.
    Was wir brauchen, ist weiterhin eine Willkommenskultur und ein funktionierendes Management der Flüchtlingsbetreuung und -Eingliederung, geführt von fähigen und loyalen Ministern und – last but not least – eine verbale Abrüstung. Nicht nur, weil Flüchtlinge auch Deine Schwiegersöhne/Töchter, Schwäger/innen, Nichten/Neffen, Cousins/Cousinen etc. sein könnten. Ob allerdings die Union das kann, darf bezweifelt werden!
    Sigismund Rüstig hat diese Sichtweise in seinem Song „Ich bin, ich hab, mia san mia“ thematisiert:
    http://youtu.be/2AdoJY-VRkw
    Viel Spaß beim Anhören!

Kommentar hinterlassen,

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*