Österreich sieht Abkopplung von russischem Gas auf gutem Weg

Österreich kritisiert nationale Alleingänge bei Gaspreisbremse

Der österreichische Energiekonzern OMV sieht Österreich auf gutem Weg, von russischem Gas unabhängig zu werden. Sein Unternehmen habe „neue Pipelinekapazitäten etwa aus Deutschland oder Italien besorgt“, sagte der Vorstandsvorsitzende Alfred Stern der „Welt“. „Damit können wir den Gasausfall aus dem Osten substituieren.“ Bestehende Pipelines nach Deutschland und Italien würden nun genutzt, „um den Gasstrom in die andere Richtung zu leiten, nämlich von Westen nach Osten“, so Stern weiter.

„Die Nachrüstung vieler Pipelines, die diesen sogenannten Reverse-Flow ermöglicht, geschah bereits mit der Liberalisierung des Gasmarktes. Davon profitieren wir nun doppelt.“ Zudem produziere OMV in Norwegen selbst Gas. „Statt dieses Gas wie früher zu verkaufen, nutzen wir es nun selbst. Auch mit Italien haben wir zusätzliche Verträge für Lieferungen nach Österreich abgeschlossen.“ Österreich, so Stern, Österreich verbraucht rund 90 Terawattstunden  pro Jahr. „Die OMV hat davon Lieferverpflichtungen von 40 Terawattstunden. Zumindest die OMV hat ihren Beitrag dazu geleistet, dass wir in Österreich unsere Lieferverpflichtungen zu 100 Prozent aus nicht-russischen Quellen erfüllen können.“ OMV war 1968 das erste westeuropäische Unternehmen, das Gas aus der damaligen Sowjetunion importiert hat.

Österreich kritisiert nationale Alleingänge bei Gaspreisbremse

Angesichts steigender Energiepreise kritisiert Österreichs Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) nationale Alleingänge bei der sogenannten Gaspreisbremse. Die könne „nur europäisch organisiert sein, nationale Alleingänge verbieten sich, auch weil das die Wettbewerbsfähigkeit im Binnenmarkt verzehren kann“, sagte Nehammer der „Welt“ weiter. Zudem bestünde die Gefahr, „dass der Strom, der infolge einer nationalen Gaspreisbremse günstiger zu haben ist, an den Börsen sofort so gehandelt wird, dass er auch in andere Länder abfließt“. Nehammer weiter: „Nein, die EU muss gemeinsam einen bestimmten Preis für Gas, das für die Stromerzeugung verwendet wird, schultern und diesen an die Verbraucher weitergeben. Nur so können endlich die hohen Gaspreise von den Strompreisen entkoppelt werden. Natürlich müssten für das Gas Marktpreise bezahlt werden, sonst erhielte die EU ja kein Gas.“ Die Differenz zwischen dem marktüblichen Kaufpreis und dem Preis für die Verbraucher müssten dabei von der öffentlichen Hand getragen werden. Nehammer forderte die EU-Kommission auf, endlich konkrete Vorschläge für ein Modell einer europäischen Gaspreisbremse vorzulegen: „Wir warten seit Monaten auf Vorschläge aus Brüssel.“ Hintergrund: Eine Expertenkommission der Bundesregierung in Berlin hatte am Montag Vorschläge für eine nationale Gaspreisbremse in Deutschland gemacht, um Verbraucher und Betriebe zu entlasten. Zudem beklagte Nehammer einen massiven Anstieg der Migration in Österreich und kritisierte in diesem Zusammenhang die EU-Kommission in ungewöhnlich scharfer Form. „Ich erwarte, dass die EU-Kommission in die Gänge kommt, denn immer mehr Mitgliedsländer sind unzufrieden. Warum kümmert sich die Kommission als Hüterin der Verträge nicht endlich darum, dass EU-Recht andauernd gebrochen wird, wenn in einem Binnenland wie Österreich so viele irreguläre Migranten ankommen, die zuvor durch mehrere EU-Länder und sichere Drittstaaten gezogen sind, ohne angehalte  n worden zu sein?“ Die EU-Kommission habe „die löcherigen Außengrenzen leider in den vergangenen Jahren außer Acht gelassen“. Nehammer weiter: „Die EU-Grenzschutzagentur Frontex muss ebenso in die Pflicht genommen werden, um endlich die EU-Außengrenze effektiv zu schützen und ein Schutzwall für die Mitgliedstaaten und gegen Schlepperkriminalität zu sein.“ Außerdem müsse die EU-Kommission dafür sorgen, dass die Heimatländer illegale Migranten schnellstmöglich zurücknehmen und diesen Staaten entsprechende Anreize geben. Nach den Worten des Kanzlers verzeichnete Österreich zwischen Anfang Januar und Ende August nahezu 57.000 Asylanträge – ein Plus von 195 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nehammer: „Und die Zahlen werden weiter steigen.“ Hinzu kämen noch etwa 85.000 Ukrainer, denen man Schutz gewähre. „Das Maß ist voll in Österreich“, sagte der Kanzler. +++

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